Ein Museum erzählt die Geschichte des Marienklosters
Quedlinburg/MZ. - Seit sechs Jahren sind Prof. Dr. Siegfried Behrens (65) und die rund 20 Mitglieder des von ihm gegründeten "Museumsvereins Klosterkirche auf dem Münzenberg" dabei, die Reste des Gotteshauses zu restaurieren.
Der Besucher taucht im wahrsten Sinne des Wortes in die Geschichte ein. Da das Kloster samt Kirche im Bauernkrieg teilweise zerstört wurde, erheben sich heute über den Gewölben Wohnhäuser, die auf den Resten im Laufe der Jahrhunderte errichtet worden sind. Die Gewölbe wurden als Keller oder Abstellräume genutzt, bis Siegfried Behrens, Mediziner und Chef einer privaten Reha-Klinik in Bad Salzuflen, den Münzenberg für sich entdeckte. Der Anstoß kam durch eine Fernsehsendung zu gefährdeten Denkmalen, woraufhin ein Besuch in Quedlinburg folgte und wieder etwas später der Erwerb eines Hauses auf dem Münzenberg. Das war vor rund neun Jahren. Die so genannte Schwarze Küche, das Haus Nummer 50 mit der großen Esse wurde saniert und vermietet.
Andere angeregt
"Ich hätte das ganz privat machen können, doch es einem Hotel zur Nutzung zu überlassen und damit öffentlich zu machen,war mir wichtiger", sagt Prof. Behrens. "Dadurch erfahren viele Menschen das Besondere der Häuser auf dem Münzenberg, verlieben sich vielleicht wie ich, in solch ein Haus." Diese Rechnung ist schon aufgegangen, denn der Mediziner gewann Freunde und Bekannte, auf dem Berg ein Haus zu erwerben und zu sanieren.
Vor sechs Jahren stieß Siegfried Behrens auf die Marienkirche und damit auf ein neues Ziel. Der Hobby-Restaurator erwarb Häuser oder überzeugte Eigentümer, ihre "Keller" für das Museum zur Verfügung zu stellen. Inzwischen sind es rund 40 Prozent des Gesamtareals der Klosterkirche, die in das Museum einbezogen werden können. Auf weiteres Entgegenkommen wird vom Verein und Prof. Behrens gehofft. "Es ist die Stiftungskirche zum Angedenken des früh verstorbenen Otto II., also etwas ganz besonderes", hebt er hervor.
Der 65-jährigen Mediziner ist beim Restaurieren kein Neuling. "Ich habe sogar schon Möbel restauriert", bekennt er, lobt zugleich die gute Unterstützung der Fachleute, ob Archäologen oder Historiker. Wenn er im Urlaub und am Wochenende gemeinsam mit anderen viele Stunden auf dem Münzenberg arbeitet, dann bedeutet das "vor allem Spaß an der Sache", ein Stück Geschichte mit eigener Hand der Nachwelt zu erhalten und erlebbar zu machen. Viele interessante Funde traten dabei zutage, ob Gefäße, Scherben, Knochen oder Kapitelle, die in Vitrinen im zukünftigen Museum zu sehen sein werden. Vom Archäologen Dr. Oliver Schlegel ausgegraben wurden vor allem Gräber, in Sandstein mit Kopfnischen gefasst, was darauf schließen lässt, dass hier direkt an der Kirchenmauer oder in der Kirche hochgestellte Persönlichkeiten zur letzten Ruhe gebettet worden sind.
Insgesamt konnten mittlerweile rund 50 Gräber entdeckt werden. Im bereits weitgehend fertig gestellten Empfang des Museums im Münzenberg 16 sind drei Glasflächen in den Boden eingelassen, die den Blick auf das Grab, wahrscheinlich eines Kriegers, freigeben. Der muss von imposanter Gestalt gewesen sein. Das Skelett deutet auf um die 1,85 Meter hin. In seinem Rücken steckte eine Lanzenspitze, die restauriert wurde. An vielen Stellen in den Kirchenresten wird deutlich, dass die Wände durchgehend mit einer rotbraunen Farbe versehen waren. An einigen Stellen lässt sich ablesen, wie über die Jahrhunderte immer wieder neuer Putz und neue Farbe aufgetragen wurden, so dass rund 20 Schichten von etwa zwei Zentimeter Stärke entstanden sind.
Eine im Fußboden gefundene Grabplatte wurde aufgerichtet. Es könnte sich um das Grab einer Äbtissin oder eines Probstes handeln, denn mitten in der Kirche wurden nur höher gestellte Personen bestattet. Wer genau hinschaut, kann das Gesicht auf dem Steinrelief noch erkennen, obwohl wahrscheinlich in den Zeiten immer wieder darüber gelaufen worden ist. Wenn das Museum öffnet, ist das Werk noch lange nicht vollendet. Der Museumsverein hofft, dass irgendwann die gesamte Apsis, der Chorraum der Klosterkirche, einbezogen werden kann. Bisher steht nur ein Drittel zur Verfügung.
Café lädt ein
Damit der Münzenberg mehr Besucher anzieht, wird parallel zum Museum ein Café eröffnet, dass auch die durch den Abriss des Hauses Münzenberg 1 entstandene Terrasse nutzen wird. "Es war mir sehr wichtig, dass diese Fläche nicht wieder bebaut wird, damit der Blick auf die Apsis der Klosterkirche nicht verstellt ist", bekennt Siegfried Behrens, der das Areal deshalb erwarb. So könnten alle Münzenbergbesucher das herrliche Stadtpanorama genießen. Für ihn ist dort, "einer der schönsten Punkte Quedlinburgs, der einen einmalige Blick auf die Stadt gewährt und auf den Schlossberg" - so zu sagen "auf Du und Du mit den Ottonen."