DDR-Technik in Wedderstedt DDR-Technik in Wedderstedt: Ein alter Multicar für die Jugend

Wedderstedt - Bei diesem Verein ist schon der Name Programm: Die „VEB Fahrzeugfreunde“ in Wedderstedt kümmern sich liebevoll um den Erhalt und die Aufarbeitung historischer Fahrzeuge, Landtechnik und Gerätschaften, die im Zeitraum zwischen 1945 und 1989 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR unterwegs oder in der Landwirtschaft im Einsatz waren. „Bei vielen Dingen wäre es schade, wenn sie verschrottet würden“, findet Thomas Zappe, der Vereinsvorsitzende.
Breites Interessengebiet
Deshalb haben die derzeit rund 20 Mitglieder alles zusammengetragen, was sie nicht nur im Harz, sondern in ganz Deutschland auftreiben konnten. Zu ihrem Bestand zählen sie derzeit weit über 100 Fahrzeuge, angefangen von Mopeds der Marke Simson über Zweiräder aus Zschopau und bis hin zu Trabanten. Auch Eigenbaufahrzeuge und Traktoren sowie Elektrokarren und Multicars sind darunter - „und Erzeugnisse aus den Bruderländern“, wie Bernd Zappe betont, Bruder des Chefs und Schriftführer im Verein.
Jeden faszinieren andere Raritäten. „Mich interessieren die Simsonfahrzeuge“, erklärt Bruno Zappe (15), während sich Wolf-Rüdiger Gramm speziell auf die S 50 aus Suhl festgelegt hat.
Für Senior Georg Brandt wiederum sind Trabis das Nonplusultra. „Schon mit 16 begeisterte ich mich dafür.“ Auch Marc-Philipp Bode und Daniela Krug können nicht mehr ohne den oft als „Rennpappe“ bezeichneten Trabant 601 leben.
Einigen früheren Mitgliedern der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) schlagen die Herzen deutlich höher, wenn sie an Schwadmähern, Ladern, Mobilbaggern und Raupen bis hin zu Mähdreschern herumwerkeln können. Den Vereinschef haben es dabei besonders die Produkte des VEB Weimar-Werk angetan, wie die Lader aus der T-Reihe. Sein Bruder Bernd wiederum bevorzugt als Hobby Diesel- und Elektro-Ameisen.
Ein Projekt für die Jugend
Ganz den Vereinszielen geschuldet, wird aus einem Multicar M 22, der von der Auslieferung aus dem VEB Fahrzeugwerk Waltershausen bis 1989 beim „VEB Kombinat Technische Gebäudeausrüstung“ in Halle/Saale lief, kurzerhand ein „Jugendobjekt“ gemacht. Der damalige Fahrer erwarb und verkaufte das Multicar an Bernd Zappe.
„Es ist noch immer im alten Zustand und soll von den Kindern und Jugendlichen des Vereins zu neuem Leben erweckt werden“ erklärt er, „aber ohne eine Hochglanz-Restauration“. Die Gebrauchsspuren sollen erinnern, wie es ihre Väter und Großväter im Arbeitsalltag nutzten.
Einen Verein haben die Interessenten an DDR-Technik, die zu Zeiten des Sozialismus das Leben in den Dörfern prägte, erst 2007 gegründet. „Wichtig für ein funktionierendes Vereinsleben war ein eigenes Gelände für die Fahrzeuge und Aktivitäten“, so Bernd Zappe.
Die Mitglieder stammen nicht nur aus der Region, wie Wedderstedt, Wegeleben oder Nachterstedt, sondern kommen auch aus Aschersleben, Magdeburg sogar Gelnhausen (Hessen).
Den Vorstand des VEB-Fahrzeugfreunde-Vereins, der jedem Gleichgesinnten offen steht, bilden Thomas Zappe (Vorsitzender), Enrico Körner (Stellvertreter), Marc Bode (Kassenwart), Bernd Zappe (Schriftführer) sowie Maik Hinsche (Beisitzer).
Auch ein Spaßmobil mit Simson-Motor wird es für den Nachwuchs geben. „Die Teile eines Oldtimer-Karts, das wir bei einem Auktionshaus erwarben, liegen schon da. Sie müssen nur zusammengebaut werden“, kündigt Bernd Zappe an.
„Wir wollen bei jüngeren Menschen das Interesse am Leben und Arbeiten der Nachkriegsgenerationen wecken und dabei technisches Verständnis und handwerkliche Fähigkeiten fördern“, sieht Thomas Zappe ein Ziel der Vereinsarbeit. „Ein weiteres ist es, den Kindern und Jugendlichen den richtigen Umgang mit Kraftfahrzeugen näher zu bringen und sie somit auf den Straßenverkehr und den Führerscheinerwerb vorzubereiten.“
Die Restauration des Multicars werde zwar unter Anleitung erfahrener Mitglieder erfolgen, soll jedoch überwiegend von den Kindern und Jugendlichen selbst durchgeführt werden.
Geselligkeit und Zusammengehörigkeit
„Dadurch wollen wir erreichen, dass sie die technischen Abläufe, das Zusammenwirken der Baugruppen und die Funktion der einzelnen Teile besser verstehen“, erläutert Ramona Herfurth, welche die Verantwortung über den Nachwuchs, wie Theo, Lotta, Fabian, John, Bruno oder Robert, übernommen hat.
Durch die Einbeziehung des Nachwuchses, fünf sind bereits Mitglied, weitere regelmäßig bei Aktivitäten dabei, liegt der Altersdurchschnitt aller Vereinsmitglieder nur bei 37 Jahren, wohl ähnlich dem des Fahrzeugbestandes. Als Jüngste lässt sich die fünfjährige Lotta Körner aber lieber von Älteren im Umzugsanhänger kutschieren, als selbst Hand anzulegen.
Das machen jedoch die älteren Kollegen, die ihr eigenes Vereinsgelände seit rund vier Jahren fleißig verschönern. „Wir wollen eine attraktive Freizeiteinrichtung schaffen, in der Jung und Alt gemeinsam an ihren Fahrzeugen schrauben, die Freizeit verbringen, und in Geselligkeit ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln können“, sagt Thomas Zappe.
„Erst kürzlich haben wir ausgediente Bürocontainer aufgestellt“, berichtet er stolz und hat noch viele Pläne für das Gelände. Später könnten beispielsweise eine Rundstrecke zum Testen und ein Spielplatz folgen. „Auch Unterstände für die sanierten Fahrzeuge sind nötig“, ergänzt er. Auf „ein Fünftel“ schätzt Zappe den Teil des bereits aufgearbeiteten Fuhrparks. „Es bleibt also noch viel zu tun.“
Weitere Infos gibt auf der Homepage des Vereins. (mz)

