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Bild und mehr - «Alles Müller oder was?

Von KERSTIN BEIER 20.01.2010, 17:00

GERNRODE/MZ. - Sie lassen sich von all dem Farbigen an den Wänden gefangen nehmen, das einen reizvollen Kontrast bildet zum Weiß-Grau vor den Fenstern. Dabei musste der Ballenstedter Maler und Grafiker von seiner Frau Christa erst dazu überredet werden, eine kleine Werkschau zu veranstalten. "Aber nun ja, wenn man 70 wird, muss man das wohl mal machen", hatte sich der hoch gewachsene Mann, dem man sein Alter nicht ansieht, schließlich doch einen Ruck gegeben.

Dass er für die Retrospektive ausgerechnet die Galerie von Christoph Kleinhanns und Werner Ceglarski wählte, kommt nicht von ungefähr: "Eigentlich sind wir keine Kaffeetrinkengeher", sagt er in seiner Eröffnungsrede, doch im Fall des Hauses "Sonnenschein" mache er eine Ausnahme. Die warmherzige Atmosphäre, die viel mit den Betreibern zu tun habe, "hat uns sofort für das Haus eingenommen".

Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt aus dem Schaffen des in Aschersleben Geborenen: mit Arbeiten aus der Studienzeit über die "Keramikphase" und einige Gebrauchsgrafiken bis hin zu den neuesten Arbeiten, die als Computergrafiken daher kommen. Natürlich kann die Schau nur einen winzig kleinen Teil davon wiedergeben, was Ludwig Müller über fast 50 Jahre an Kreativem hervorgebracht hat.

Manches erzählen die Werke über den Maler selbst. Da ist zum Beispiel die Trompete auf einer frühen Arbeit, die ihn nicht nur als Musikfreund, sondern auch selbst als Musikanten ausweist. Wie sich der Stil des Künstlers mit den Jahren wandelte und entwickelte, lässt sich an den Werken gut ablesen.

Regelmäßig zu Pinseln und Farben greift Ludwig Müller schon seit Gymnasiastenzeiten. "Dabei sind meine Arbeiten meistens mit einer 3 bewertet worden", erinnert er sich lachend, "und das nur, weil ich nicht so gemalt habe, wie meine Lehrer es wollten".

Den kritischen Geist von damals hat sich Ludwig Müller sein Leben lang bewahrt. So lernte er während seiner Studienzeit - er studierte Pädagogik mit dem Schwerpunkt Kunst und Deutsch - in seiner Freizeit unter anderem bei Werner Tübke. "Ich bewundere ihn, bei ihm habe ich Technik und das Sehen gelernt, aber so malen wie er konnte und wollte ich nicht", berichtet er. Im Schuldienst ist er nicht wirklich glücklich geworden. Dass er 1986 eine Keramikwerkstatt gründete, hatte vor allem mit seiner Unzufriedenheit und mit seiner Abneigung gegen die Schulpolitik zu tun. "Wir wollten uns einfach störfrei machen", erklärt er.

In der Wendezeit gehörte er zu den Mitbegründern des Neuen Forums in Ballenstedt, heute hat er seine politische Heimat bei den Liberalen gefunden. Die Wende riss nicht nur das alte System, sondern auch die Keramikwerkstatt der Müllers mit sich, und nach einer kurzen Rückkehr in den Schuldienst - er arbeitete in Schulen in Straßberg und Güntersberge - stieg er in die Werbefirma seiner Frau ein, die die beiden bis heute betreiben.

Obwohl er dort naturgemäß mehr am Bildschirm zu tun hat als an der Staffelei, ist er der Malerei immer treu geblieben. "Wenn man mal die Schnauze voll hat vom Computer und was Schönes sieht, na, dann muss man es halt malen", hat er festgestellt und darin Ausgleich und Freude gewonnen.

Seine Motive findet er in der Umgebung seiner Ballenstedter Heimat, oft auch in Quedlinburg. Straßenzüge der Welterbestadt finden sich in der Ausstellung genauso wie der markante Münzenberg. Einige Bilder wie die Marktszene in Marrakesch sind von Urlaubsreisen inspiriert, und besonders ins Auge fällt das poetisch-bunt gestaltete Mobiliar. Auf weißen Tischen und Stühlen sprießen Gräser, blühen Blumen, ducken sich Katzen. Stil und Farbgebung erinnern tatsächlich an Friedensreich Hundertwasser, obwohl Ludwig Müller diesen Vergleich nicht mehr hören kann: Erstens wäre Hundertwasser um ein Vielfaches teurer, und zweitens könne er sich überhaupt nicht mit ihm messen. "Die Welt sieht oft so traurig aus, da muss einfach Farbe rein". Deshalb bereite es ihm und seiner Frau so viel Freude, "diese bunten Holzdinge zu machen".

Die Ausstellung "Alles Müller oder was?" ist bis 13. Februar dienstags bis sonnabends von 15 bis 18 Uhr zu sehen.