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Ein Bestatter über seine Arbeit Bestatter aus Quedlinburg: "So lässt sich der Tod besser begreifen"

Von Susanne Thon 29.11.2016, 13:40
Im Ausstellungsraum des von Nils Meckel geleiteten Bestattungsinstitutes sind verschiedene Särge und Urnen zu sehen.
Im Ausstellungsraum des von Nils Meckel geleiteten Bestattungsinstitutes sind verschiedene Särge und Urnen zu sehen. Chris Wohlfeld

Quedlinburg - Natürlich habe er sich schon über seine eigene Bestattung Gedanken gemacht, sagt Nils Meckel. „Für mich kommt nur der Friedhof in Frage“, erklärt er. Daher wird es wohl eine Gruft auf dem Wipertifriedhof werden. Im Sarg will er die letzte Ruhe finden, eine Einäscherung ist nicht so sein Ding, „das ist mir zu mechanisch“.

Meckel ist 35, in einem Alter, in dem die meisten anderen den Gedanken an die Endlichkeit des Lebens noch weit weg schieben. Auch er selbst sagt: „Man sollte nicht ständig an den Tod denken.“ Dass er es dennoch tut, dürfte eine berufsbegleitende Erscheinung sein; denn er ist Bestatter und seit fünf Jahren auch Inhaber des 1990 gegründeten Quedlinburger Bestattungsinstituts „Werner Schmidt“ im Klopstockweg.

Es ist mit seinen sieben Angestellten - die drei Stundenkräfte nicht mit eingerechnet - und Zweigstellen in Ballenstedt, Gernrode, Thale und Wegeleben eines von rund 4.000 in Deutschland. Nach Angaben des Bundesverbandes deutscher Bestatter sterben jährlich etwa 860.000 Menschen. Der tägliche Umgang mit Toten und trauernden Angehörigen muss einem allerdings liegen, will man in dem Job bestehen.

Das weiß auch Meckel. „Ich habe damals erst mal geguckt, geht’s oder geht’s nicht“, erzählt er von seinen Anfängen in der Branche. Es ging. Der gelernte Heizungs- und Sanitärinstallateur sattelte um, ließ sich berufsbegleitend zum geprüften Bestatter ausbilden und hing an den Lehrgang auch noch die Weiterbildung zum Bestattermeister dran.

Keine Selbstverständlichkeit; Bestatter kann sich theoretisch jeder nennen, die Ausbildung ist nicht Pflicht. Das Interesse am Beruf sei gestiegen, häufiger als früher gingen Praktikumsanfragen und Ausbildungsbewerbungen ein, sagt er.

Mitunter würden allerdings auch Vorstellung und Realität weit auseinanderdriften. Bestatter sein – „das ist körperlich schwere Arbeit und kann auf die Psyche gehen“. Gerade, wenn der Verstorbene schon länger tot ist oder er bei einem Unfall schwer entstellt wurde, „das muss man abkönnen“, erklärt Meckel.

Denn mit der Überführung des Leichnams ist es nicht getan: Tote müssen hygienisch versorgt werden - ein Vorgang, der genauestens geregelt ist und bei dem der Verstorbene unter anderem von medizinischen Utensilien befreit, angekleidet und zurechtgemacht wird. „Mir ist wichtig, dass die Haare ordentlich liegen, Augen und Mund verschlossen sind“, erklärt er, „und ein dezentes Make-up“. Man müsse immer noch sehen, dass es sich um einen Verstorbenen handele. „So lässt sich der Tod besser begreifen.“

Abschiednahmen am offenen Sarg und Trauerfeiern - seit dem vergangenen Jahr können sie auch in der hauseigenen Trauerhalle abgehalten werden. Rund 50 Trauergäste passen in den schlichten, aber stilvollen Neubau direkt gegenüber dem Hauptsitz, der nicht nur im Sterbefall Anlaufpunkt ist. Immer häufiger schlössen die Menschen Vorsorgeverträge. „Bis hin zur Grabpflege kann alles abgesichert werden.“

Angefangen bei der Grabart. Und da geht der Trend laut Meckel wieder weg vom Anonymen, weg von der grünen Wiese, „weil die Friedhöfe inzwischen auch andere nicht so pflegeintensive Alternativen anbieten“, glaubt er. Gefragt seien auch Naturbestattungen, ob im Friedwald oder Ruheforst, mitunter zieht es Verstorbene an einen Bergsee, auf eine Alm und selbst Seebestattungen würden im Harz, wenn auch selten, gewünscht.

„Heutzutage ist fast alles möglich“, sagt Meckel. Nicht alles heißt er gut, aber „jeder muss für sich wissen, was er möchte“. Stichwort: Tree of Life, eine Art Baumbestattung, bei der die Urne in ein Land geschickt wird, in dem es anders als in Deutschland keine Beisetzungspflicht für diese gibt. Dann wird die Asche mit Erde versetzt und darin ein Baum gezogen, den die Angehörigen zurückbekommen. Wenige Gramm Asche reichen indes aus, um sich einen Diamanten anfertigen lassen zu können. Erinnerungsstücke gibt es in vielen Formen – vom kunstvollen Glasobjekt über Aufbewahrungsanhänger bis hin zum Fingerabdruckschmuck.

Und Totenmasken. Abdrücke für die Ewigkeit. Meckel vermag sie abzunehmen, verwendet dazu eine silikonartige Masse, mit der selbst kleinste Details abgebildet werden. In der Vorbereitung „arbeite ich viel mit Fotos“, erklärt der Bestatter.

Die Tradition, Gesichter von Verstorbenen abzubilden, ist Jahrtausende alt, in den vergangenen Jahren jedoch in Vergessenheit geraten. Umso besonderer seien Aufträge, wie er zuletzt einen hatte, als ein junger Mann die Erinnerung an seinen verstorbenen Zwillingsbruder mit einem Abbild aus Bronze aufrechterhalten wollte.

„Berührungsängste“, so Meckel, „hatte ich nie“, wenngleich „einem manches näher geht als anderes“. Etwa dann, wenn es sich bei den Verstorbenen um junge Menschen handele, Kinder, Bekannte; es nicht mehr nur um die Gefühle der Angehörigen gehe, sondern eigene Emotionen die Professionalität durchmischten. Und trotzdem oder gerade deshalb muss getan werden, wofür der Bestatter steht: jedem Verstorbenen einen würdevollen Abschied bereiten. (mz)