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Ameos-Klinikum Halberstadt Ameos-Klinikum Halberstadt: "Personalpolitik macht Angst"

Von INGO KugenBuch und petra korn 28.10.2015, 08:11
Wie geht es weiter? Die Personalpolitik am Ameos-Klinikum in Halberstadt hat den Betriebsrat veranlasst, sich mit Schreiben an den Regionalgeschäftsführer sowie an die Konzernführung in Zürich zu wenden.
Wie geht es weiter? Die Personalpolitik am Ameos-Klinikum in Halberstadt hat den Betriebsrat veranlasst, sich mit Schreiben an den Regionalgeschäftsführer sowie an die Konzernführung in Zürich zu wenden. Chris Wohlfeld Lizenz

halberstadt - Wenn man dieser Tage mit Kornelia Fellner spricht, dann hört man Furcht und Ratlosigkeit in ihrer Stimme. „Die Personalpolitik macht uns Angst, weil wir kein Ziel erkennen können, worauf das Ganze hinausläuft“, sagt die Betriebsratsvorsitzende im Ameos-Klinikum Halberstadt der MZ.

Vor ein paar Tagen hat der Betriebsrat die Kündigungen für fünf Mitarbeiter aus dem technischen Bereich des Krankenhauses vorgelegt bekommen. Von drei Kolleginnen im Schreibdienst wurden die befristeten Verträge nicht verlängert - und die Frauen sofort freigestellt. „Das ist so beängstigend“, sagt Kornelia Fellner, „dass alle Kollegen in Angst und Schrecken versetzt sind.“

„Extreme Sparmaßnahmen“

Seine Ängste hat der Halberstädter Betriebsrat Ameos-Regionalgeschäftsführer Kai Swoboda bereits am 19. Februar in einem dreiseitigen Schreiben mitgeteilt. Darin heißt es: „Durch extreme Sparmaßnahmen am Personal sind kaum noch vertretbare Dienstplangestaltungen möglich.“ Mitarbeiter würden wegen personeller Engpässe aus der Freizeit oder sogar dem Urlaub zurückgeholt. Das ziehe sich „wie ein roter Faden durch alle Bereiche“. Unter den Ärzten komme es durch den Personalmangel immer wieder zu „groben Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz“.

„Das ganze Haus ist total zersplittert“

„Junges, leistungsstarkes Fachpersonal“ verlasse das Haus, da es über Leiharbeitsfirmen nur befristet und zu schlechten Konditionen eingestellt sei, moniert der Betriebsrat in seinem Brief an Swoboda. Gleichzeitig würden zahlreiche neue Gesellschaften gegründet - etwa für Technik, Einkauf oder Rechnungswesen -, in denen die Mitarbeiter dann neue Verträge mit schlechteren Bedingungen bekämen. „Das ganze Haus ist total zersplittert“, sagt Kornelia Fellner.

Laut der Betriebsratschefin gab es auf den Brandbrief keine Antwort. „Bisher hat keiner den Weg zu uns gefunden.“ Nachdem sich die Gesamtsituation weiter verschlechtert habe, habe der Betriebsrat Anfang Oktober einen weiteren Brief geschrieben - an die Konzernführung in Zürich - ohne Reaktion. „Die Patienten“, betont Kornelia Fellner, „werden aber weiterhin gut versorgt.“

Das Klinikum in Halberstadt ist ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung. „Das bedeutet, dass wir sehr breit aufgestellt sind“, sagt Andreas Schultz, seit 1. Oktober Krankenhausdirektor, am Dienstag in einem Pressegespräch. Wie Patrick Hilbrenner, Generalbevollmächtigter und zuständig für die operative Leitung in der Region Ost, ergänzt, bewegt sich das Krankenhaus dabei in Rahmenbedingungen, die durch die Politik vorgegeben sind. So verweist er auf das Krankenhausstrukturreformgesetz 2015. Er schildert, dass Investitionen zum Beispiel in moderne medizinische Geräte selbst finanziert werden müssen, weil Förderungen dafür ausbleiben. Und er verweist auch darauf, dass zu Beginn eines Jahres mit den Krankenkassen Budgets vereinbart werden; werden letztlich mehr Patienten behandelt, bekommt das Krankenhaus das nur zu 65 Prozent finanziert. Vor dieser Situation stehen alle Krankenhäuser, sagt Patrick Hilbrenner. „Wir müssen sehen, dass wir uns in diesem Korsett so bewegen, dass wir den Herausforderungen richtig begegnen können.“

Dienstleistungen werden zentralisiert

Dazu gehöre es, Abläufe zu optimieren und Bereiche neu zu strukturieren. „Wir sind eine große Gruppe und können dadurch Effizienz gewinnen, indem wir Dienstleistungen zentralisieren“, sagt der Generalbevollmächtigte und verweist beispielsweise auf den technischen Bereich: „Die technischen Dienstleistungen sind in jedem Krankenhaus gleich, und die Wege zwischen den Krankenhäusern sind nicht so weit.“ Den Mitarbeitern in Halberstadt sind in der neuen Technik-Gesellschaft Arbeitsverträge „zu den gleichen Konditionen“ angeboten worden, „das Arbeitsverhältnis sollte 1:1 weitergehen“. Dass sich einige dagegen entschieden haben, „ist bedauerlich“, so Hilbrenner. Zentralisiert worden sei auch der Schreibdienst. Dabei sei ein „Fehler unterlaufen“: Es seien zu viele Mitarbeiter gewesen, weshalb drei, deren Verträge auslaufen, freigestellt worden seien.

In Neustrukturierungen, den neuen Gesellschaften sieht Hilbrenner die Möglichkeit, „das Unternehmen nach vorn zu bringen. Wir müssen uns dem anpassen, was uns von der Politik vorgegeben wird“. Als Generalbevollmächtigter sieht er seine Aufgabe darin, die „Regionalverwaltung Ost so zu organisieren, dass alle Mitarbeiter zufriedener sind als vorher“.

Zwei Chefärzte haben Klinik verlassen

Zum Thema Ärzte und Krankenschwestern erklärt Patrick Hilbrenner, dass diese „zur Kernkompetenz eines Krankenhauses gehören“ und „immer direkt im Krankenhaus angestellt“ werden. „Wir halten für die Behandlung unserer Patienten ausreichend Personal vor“, betont er. Auch sei die Fluktuation im Halberstädter Krankenhaus nicht anders als in anderen deutschen Kliniken. „Wir werden alles daran setzen, mit der Mannschaft, die wir jetzt haben, dauerhaft zusammenzuarbeiten“, unterstreicht der Generalbevollmächtigte. Er verschweigt nicht, dass zwei Chefärzte - für die Bereiche Urologie und Gynäkologie/Geburtshilfe - gekündigt haben - „das ist ein Verlust“ -, stellt aber in Aussicht, dass die Stellen „zeitnah sehr kompetent“ nachbesetzt werden sollen.

„Werden alle Fragen beantworten“

Wie Generalbevollmächtigter und Krankenhausdirektor sagen, kommt die Geschäftsführung ihrer Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat „zu 100 Prozent“ nach. So gebe es monatliche Treffen mit dem Betriebsrat und auch dazwischen Gespräche. Wie Andreas Schultz ergänzt, habe es in Reaktion auf das Februar-Schreiben des Betriebsrats im März zwischen dem Regionalgeschäftsführer und dem Vorstand Unternehmensentwicklung ein Gespräch gegeben, in dem angesprochene Themen erörtert wurden.

Am 10. November findet in Halberstadt eine Versammlung statt, sagt Patrick Hilbrenner. „Da werden wir auch alle Fragen des Betriebsrates und aller Mitarbeiter beantworten. Wir halten das für sehr wichtig.“ Zudem kündigte er an, dass der Betriebsrat gestern ein Antwortschreiben erhält.

Das letzte monatliche Gespräch zwischen Leitung und Betriebsrat fand am 22. September noch mit der damaligen Krankenhausleiterin statt, sagt Kornelia Fellner. Ein Gespräch mit dem neuen Direktor habe es, trotz Bitten um einen Termin, bislang nicht gegeben. Es soll nun am 29. Oktober stattfinden. Ein Antwortschreiben hat Kornelia Fellner bis gestern Nachmittag nicht erhalten. (mz)