Alte Pfarre in Neudorf Alte Pfarre in Neudorf: Altes Brauchtum in der Heimat

Neudorf - Kirsten und Jörg Büchel sind begeistert von altem Handwerk und Traditionen. So werden auf ihrem Kunsthandwerkerhof in der Alten Pfarre in Neudorf verschiedenste Techniken gepflegt und vermittelt: vom Flechten von Korbwaren über das Schmieden bis hin zur Gestaltung von Wänden mit der Musterwalzentechnik. Jetzt beleben sie mit dem „Punsch des armen Mannes“ eine weitere alte Tradition neu und verbinden dafür Handwerkliches mit Kulinarischem.
„Vor drei Jahren waren wir im Heimatmuseum Ballenstedt und haben uns dort die regionalgeschichtliche Sammlung angesehen“, erzählt Jörg Büchel. Zusammengetragen wurde diese durch den ehemaligen Museumsleiter Fritz Klocke. Unter den Exponaten befand sich auch eine kleine Molle aus Holz, aus einem dicken Ast geschnitzt. Früher, erzählt Büchel, wurden im Dorf die Tiere gesammelt und auf die Weide getrieben. Während des Hütens hatten die Hirten Zeit, sich auch kunsthandwerklich zu betätigen. Dabei wurden auch solche Mollen geschnitzt, die ideal waren, um Wasser aus einer Quelle zu trinken.
Immer auf der Suche nach Neuem
„Als Kunsthandwerkerhof sind wir immer auf der Jagd nach neuen Ideen“, sagt der Neudorfer. Er schmiedete sich aus einer alten Axt einen Dechsel, einen „Mollenhauer“, eine Art gebogener Axt. „Damit habe ich kleine Mollen aus Ästen ausgehauen.“ Aus Eiche oder Ulme - „Harthölzer lassen sich viel sauberer bearbeiten“.
Die Mollen zeigte Jörg Büchel den Mitgliedern des Kultur- und Heimatbundes Harzgerode. „Sie waren begeistert“, sagt der Neudorfer, der selbst Vereinsmitglied ist. Ebenso wie Rolf Hohmann, der Jörg Büchel eine kleine Geschichte zu diesen so genannten Märtemollen erzählte: In der Vorweihnachtszeit zog die Kurrende, ein kleiner kirchlicher Chor, durch die Orte, um zu singen. Mal eben einen Tee oder Kaffee zum Aufwärmen zu kochen, war schwierig. So bröselten die Sänger, wenn ihnen zu kalt wurde, Pfefferkuchen in die Mollen, gaben Branntwein darauf und verrührten das Ganze zu einem Brei, der dann mit einem Löffel gegessen wurde. So wieder aufgewärmt, konnten die Sänger weiterziehen. „Das war Brauch im Harz“, sagt Jörg Büchel.
Alter Silvesterbrauch aufgestöbert
In diesem Jahr konnte der Neudorfer zudem ein altes Heimatbuch aufstöbern, in dem die Mischung von Pfefferkuchen und Branntwein als Silvesterbrauch der Mansfelder Bergleute beschrieben wurde. „Nur dass die Bergleute anstatt der Molle eine Schüssel nutzten“, berichtet Jörg Büchel. Ein richtiger Punsch war zu teuer; die einfachen Bergleute konnten sich diesen nicht leisten. So ist die „Branntweinmärte“, wie der Neudorfer es nennt, der Punsch des einfachen, des armen Mannes.
Das Trio aus Märtemolle, dem in der Bäckerei Eschholz hergestellten Lebkuchen und dem Branntwein aus der Likörfabrik Gernrode bieten die Büchels als „Branntweinmärte“ an, so während des „Advents in den Höfen“ in Quedlinburg. „Auf den Märkten erzählen wir dann auch die Geschichte dazu“, sagt Jörg Büchel und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Wer die ,Branntweinmärte’ als Silvesterbrauch anwenden möchte, kann sie natürlich auch in der Alten Pfarre in Neudorf erhalten.“ (mz)

