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Vor 200 Jahren Vor 200 Jahren: Der Ruhm blieb

Von klaus-dieter fichtner 03.08.2015, 09:19
Die Königslinde mit dem steinernen Kreuz am Ortsrand von Schönburg.
Die Königslinde mit dem steinernen Kreuz am Ortsrand von Schönburg. Privat Lizenz

Die Schönburger Flur ist reich an Bodendenkmalen aus vorgeschichtlicher Zeit und aus der jüngeren Vergangenheit. Zu den bekanntesten zählen das „Burgstädel“ (Burganlage auf der Höhe über der „Neuen Welt“), zwei Hügelgräber im „Kirchholz“, vier im „Mönchholz“ und das Steinkreuz an der „Königslinde“ ausgangs Schönburg in Richtung Possenhain. Bodendenkmale sind Zeugnisse menschlicher Existenz, sie geben Einblick in die Lebenswelt unserer Vorfahren, sie zu erhalten und vor der Zerstörung zu bewahren, ist Aufgabe der Gemeinden und gelingt am besten in enger Zusammenarbeit mit den Natur- und Heimatfreunden.

Heimatforscher gibt Auskunft

Ein gutes Beispiel hierfür lieferte nach der Wende Anfang der 90er-Jahre die Bergung des Steinkreuzes an der „Königslinde“ aus einem Schuttberg und deren Wiederaufrichtung. Die Linde war zusammengebrochen, ein Austrieb blieb erhalten, so wurde das Altholz entfernt und der junge Spross bildet seitdem die neue „alte“ Königslinde. Die kleine Wiesenfläche erhielt eine Sitzgruppe. Seitdem ist diese Stelle ein Wanderstützpunkt, von hier aus haben Spaziergänger eine reizvolle Aussicht auf den schmucken Ort Possenhain mit dem Wahrzeichen des Ortes, die neugotische Kirche. Natur- und Heimatfreunde wandern von dieser Stelle aus in den Mühlgrund und weiter ins Kroppental, nutzen gerne die Wanderwege durch das Kirchholz ins Schönburger Neubaugebiet und in die Wochenendhäuser. Wie kommt nun diese Linde an der Flurgrenze beider Orte, am Standort des Steinkreuzes, zu diesem ehrenvollen Namen, was hat sich da vor 200 Jahren am 3. August 1815 abgespielt?

Auskunft darüber gibt uns der Lehrer und Heimatforscher P. Stürze aus Possenhain, der die dramatischen Ereignisse in beiden Orten vor 200 Jahren analysiert hat. Seinen Bericht darüber hat er im „Landfreund“ (Heimatkalender 1930) veröffentlicht. Titel: „Die Königslinde zwischen Possenhain und Schönburg“. Darin geht er zunächst auf das Jahr 1815, auf die damaligen Ereignisse ein. Sächsisches Gebiet wird preußisch und dessen Bürger preußische Untertanen. Am 1. Juni hatte der preußische König Friedrich Wilhelm III. Besitz ergriffen von diesem „neuerworbenen“ Land. In den Städten und Gemeinden von „Neupreußen“ (in Schriften liest man auch Bezeichnungen wie „Mußpreußen“ oder spöttischer „Beutepreußen“) sollen nun Treuegelöbnisse und Erbhuldigungen für den neuen Landesvater stattfinden.

Wie war das in Possenhain und Schönburg? Dazu Lehrer Stürze: „Mit Anbruch des Tages wurde, wie es auch schon des Abends vorher geschehen war, in beiden Orten mit allerlei Glocken geläutet und die Musikanten zogen mit Trompeten, Klarinetten und Hörnern durch die Gassen und ließen die Melodien einiger Morgenlieder erklingen.“

Pfarrer hält die Huldigungspredigt

Stürze schreibt weiter über die Anfertigung einer neuen Fahne mit preußischen Symbolen und einem Huldigungsspruch für den preußischen König durch Possenhainer Bürger. Mit dieser Fahne hielten sie dann früh um 8 Uhr Einzug in die Schönburger Kirche, wo sich bereits die Schönburger Gemeinde versammelt hatte. Pfarrer Mende (Amtszeit 1814-1831), hielt die Huldigungspredigt für den preußischen König, die neue Fahne wurde vor dem Altar aufgestellt.

Ein weiterer Höhepunkt an diesem Tage war dann das Pflanzen der Linde zu Ehren des Preußenkönigs. Dazu aus dem Beitrag von Stürze: „Mittags 12 Uhr wurde in beiden Orten mit allen Glocken geläutet. Während des Geläutes versammelten sich beide Gemeinden auf ihren Gemeindeplätzen. Mit dem letzten Glockenschlage setzten sich paarweise Männer, Frauen, Jünglinge, Jungfrauen, Schulknaben und Schulmädchen, mit Blumen geschmückt, in Bewegung und zogen einem freien schönen Rasenplatze entgegen, der an der Grenze beider Feldfluren liegt und der von beiden Orten eine Viertelstunde entfernt liegt, so dass beide Gemeinden gleichzeitig ankamen. Jeder Zug hatte seine Musikanten bei sich, der Schönburger aber auch die neue mit Bändern geschmückte Huldigungsfahne. Danach trugen vier junge Schönburger Männer eine junge, schöngewachsene Linde.“

Im weiteren folgt nun der Bericht über die feierliche Zeremonie der Pflanzung. Pfarrer Mende weist in einer kurzen Rede darauf hin, dass „dieser Baum die Königslinde heißen (soll) und beiden Gemeinden und ihren Nachkommen auf immerwährende Zeiten ein unverletzliches Heiligtum (bedeuten soll)“. Die Linde möge festwurzeln, grünen, blühen, ein „Gedächtnisbaum“ sein. Er geht auf die Verdienste Preußens ein, auf die Rolle unseres Königs bei der Befreiung unserer Heimat vom napoleonischen Joch. Es werden auch die Namen sämtlicher Mitglieder des preußischen Königshauses verlesen. Nach jedem Namen gibt es ein „lautes Vivat“, Trommelwirbel und Böllerschüsse. Zum Abschluss der Zeremonie wurde das Lied angestimmt, welches die Gemeinden schon vorher beim Gottesdienst in der Kirche gesungen hatten: „Gott, Deiner Stärke freue sich der Fürst“. Zum Schluss begaben sich beide Gemeinden wieder in ihre Orte. Die Schönburger Kirche war zu dieser Zeit Gotteshaus für beide Dörfer, deshalb wurde die neue Fahne dort wieder aufgestellt.

Freudenfeuer auf den Höhen

Die nachfolgenden Stunden des Tages waren dem Tanz und Kegelspiel vorbehalten. Mit Einbruch der Dunkelheit wurden auf den umliegenden Höhen Freudenfeuer angezündet. Weil auch in den Nachbardörfern und in Naumburg solche brannten, war das für alle ein großartiges Erlebnis, von dem noch lange berichtet wurde.