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Themen Themen: Falsche Nutzung der Talsperren bis Spendenanrechnung

29.07.2013, 07:26
Die Ernte hat teils bereits begonnen. Von einem Wintergerstefeld der Agrar GmbH Hassenhausen wird Stroh in die Scheunen gebracht.
Die Ernte hat teils bereits begonnen. Von einem Wintergerstefeld der Agrar GmbH Hassenhausen wird Stroh in die Scheunen gebracht. torsten biel Lizenz

priessnitz - 28 Jahre ist Roland Braune bereits Bauer. Doch an ein Jahr mit solch verrückten Wetterkapriolen kann sich der Geschäftsführer der in Kahlwinkel ansässigen Agrar KG nicht erinnern. „Wir hatten ein extrem spät einsetzendes Frühjahr, dann große Niederschlagsmengen sowie wenig Sonnenschein und nun seit vier Wochen Trockenheit und Hitze.“ Vor allem das Getreide sei dadurch gestresst, aber auch bei anderen Kulturen werde die Ernte wohl eher durchschnittlich ausfallen. Dieses Fazit zog Braune während einer Gesprächsrunde, zu der Landrat Harri Reiche (parteilos) zum Abschluss seiner Sommer-Radtour Bauern aus dem Burgenlandkreis in die Agrargesellschaft Prießnitz eingeladen hatte.

An ihr nahmen auch die Vorsitzenden der beiden Bauernverbände, Bodo Zier (Bauernverband Burgenlandkreis) und Rasmus Reinhardt (Bauernverband Weißenfels), teil. Hauptthema allerdings war zunächst das Hochwasser. Über 1000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, so hatte Burgenlandkreis-Verbandsgeschäftsführer Hans Schulze bereits Anfang Juni eingeschätzt, waren in der Saale-Unstrut-Region vom Hochwasser überflutet oder betroffen.

Allein in der Agrar- und Absatzgenossenschaft Naumburg sind 430 der 740 Hektar geschädigt. „66 Prozent unserer diesjährigen Erlöse sind damit vernichtet“, schilderte Geschäftsführer Helmut Körner die Dramatik der Situation. Für seinen Betrieb, der 17 Mitarbeiter und über 50 Saisonkräfte beschäftigt, sei das ein herber Schlag. „Wir haben viel Solidarität - auch von Berufskollegen - erhalten, aber auch manche Enttäuschung hinnehmen müssen“, so Körner weiter. So habe Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) auf einen brieflichen Hilferuf und Anrufe nicht reagiert.

Wie auch die Milchbäuerin Andrea Bollmann aus Wennungen hoffen Körner und die anderen vom Hochwasser geschädigten Bauern nun auf rasche Unterstützung aus dem Nationalen Hochwasserfonds. „Der Mais von fünf Hektar Fläche ist verloren, er sollte für unsere Tiere als Futter dienen“, so Frau Bollmann. „Was wir in dieser Situation brauchen, ist schnelle und echte Hilfe. Das aber darf nicht mit unsinniger und übertriebener Bürokratie verbunden sein“, forderte die Bäuerin.

„Wenn die Betriebe nach der Soforthilfe von 5000 Euro, die vielen nur für kurze Zeit über die ärgsten Probleme hinweggeholfen hat, nun tatsächlich die avisierten 80 Prozent Schadensersatz erhalten, ist das eine echte Hilfe“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes, Fritz Schumann. Er forderte die Politik auf, jetzt zügig - spätestens Anfang September - mit dem Verteilen des Geldes zu beginnen, denn alle der von der Flut betroffenen Betriebe würden es dringend benötigen, um weiter existieren zu können.

Von den Ämtern für Landwirtschaft verlangte Schumann, die Bauern in der Dokumentation der Schäden zu unterstützen. „Nicht alle der Flutschäden, so bei Maisfeldern, sind durch die angefertigten Luftbilder erkennbar. Hier müssen sich Mitarbeiter des Amtes schnellstens vor Ort begegnen.“ Uwe Hengstmann, Abteilungsleiter Agrarstruktur des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten Sachsen-Anhalt Süd, sicherte für seine Behörde zu, diese Unterstützung zu geben. Zugleich verwies er darauf, dass ein Schadensnachweis vorhanden sein müsse. Jeder Betrieb sei deshalb gut beraten, zunächst selbst für die entsprechende Dokumentation zu sorgen. Bislang, so Hengstmann, seien 55 der in der Region von Bauern insgesamt 69 gestellten Soforthilfeanträge positiv beschieden worden.

Sorge bereitet den Landwirten neben den durch die Bestellung der Felder entstandenen Kosten und den Ertragsausfällen auch die Wiederherstellung der geschädigten Flächen. „Finanziell ist das eine Belastung, die über Jahre zu tragen ist“, sagte Geschäftsführer Schulze. Wie auch andere Teilnehmer der Gesprächsrunde warb er dafür, dass die Landwirte selbst entscheiden sollten, wie der Boden wieder nutzbar gemacht werden kann. Das gleiche gelte für den Umgang mit von der Flut betroffener Kulturen. „Natürlich muss es Rahmenbedingungen geben. Aber das Ergebnis muss zählen, damit geschädigter Acker wieder zu Nutzfläche wird“, unterstrich auch Schumann.

Eine deutliche Abfuhr erteilte Verbandsvorsitzender Reinhardt Plänen von Naturschützern, in Flussnähe liegende landwirtschaftliche Flächen zu enteignen, um sie zu Hochwasser-Poldern umzufunktionieren. „Wir sträuben uns nicht, Polder zur Verfügung zu stellen. Aber das kann nicht über eine Enteignung geschehen“, so Reinhardt.