Staatsanwaltschaft Staatsanwaltschaft: Diebe stehlen Hubschrauber

Seit altersher winkelt es auf der Finne: Thalwinkel und Bergwinkel, Krawinkel und nun Kahlwinkel - unsere heutige Station. Wenige Kilometer hinter Saubach gruppiert sich das Dorf lang gestreckt rechts und links der Bundesstraße 176 von Laucha über Bad Bibra nach Kölleda.
Doch halt: Neben dem gewohnten gelben Ortseingangsschild taucht da noch ein weiteres, kleineres auf: Bernsdorf steht da in gelber Schrift auf grünem Hintergrund. Das erst vor wenigen Jahren angebrachte Ortshinweisschild bringt ein Dorf wieder in Erinnerung, dessen Namen nur noch Einheimischen ein Begriff ist und auch nicht in den offiziellen Ortsteilverzeichnissen der Burgenlandkreisverwaltung verzeichnet steht. Bereits 1938 wurde das bis dato selbstständige Dorf in das angrenzende an Einwohnerzahlen stärkere Kahlwinkel eingemeindet. „Obwohl wir in Bernsdorf die größten Bauernwirtschaften und die größere Flur hatten“, weiß Heinz Hänert. Von 194 Einwohnern waren 19 Familien Bauern mit 121 Familienmitgliedern (Volkszählung 1925). In der Geburtsurkunde des 78-Jährigen ist noch der Ort Bernsdorf eingetragen. Den stattlichen Hof, auf dem er mit Ehefrau und Sohn und zwei Enkeln lebt, hatte 1811 sein Ururgroßvater Karl Friedrich Beil gegründet.
Landwirtschaft bis heute
Mit 17 Jahren übernahm Hänert das Anwesen vom Großvater und arbeitete dann noch über fünf Jahre als selbstständiger Bauer mit fünf Kühen, Schweinen und Schafen im Stall und 15 Hektar Feld. Dann kam die Zeit der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), in der Hänert viele Jahre Produktionsleiter war. Damals bewirtschaftete die LPG Pflanzenproduktion Kahlwinkel 4200 Hektar und beschäftigte aus den dazugehörenden elf Gemeinden etwa 200 Menschen. Bilder und Urkunde hängen im Wohnzimmer der Hänerts. Nach 50 Jahren im Berufsleben wurde er 2011 als dienstältester Mitarbeiter der Kahlwinkel Agrar KG verabschiedet.
Ganz ohne Landwirtschaft geht es indes auch im Ruhestand nicht: 20 Hühner tummeln sich noch immer auf seinem Grundstück. „Und ein Schwein wird jedes Jahr geschlachtet“, sagt Heinz Hänert. „Allerdings mästen wir das nicht mehr selber.“ Und noch eine Tradition, die einst in vielen Bauernfamilien in den kalten Wintermonaten gepflegt wurde, hat der Landwirt lebendig gehalten: Das Klavierspielen. Da darf gestaunt werden, wenn Hänert sich an das fast 100 Jahre alte Klavier aus der legendären Zeitzer Pianofabrik Hölling und Spangenberg setzt und munter drauf los spielt: Volksmusik, Schlager zumeist, mit denen er mitunter auch private Gesellschaften gut unterhalten kann. Wieder draußen auf der Dorfstraße fallen noch weitere gut erhaltene Höfe mit prächtigen Toreinfahrten auf, allerdings ist auch Verfallenes dazwischen, Grundstücke, deren neue Besitzer nichts mit dem alten Erbgut anzufangen wissen. Was noch an Bernsdorf erinnert: Es hat seine eigene Kirche „St. Stephanus“ und den Friedhof dazu und früher auch noch die eigene Schule. Die gemeindeeigene Kindertagesstätte „Zwergenland“, gleich hinter der Kirche, indes hat keine Bernsdorfer Geschichte. Mit 23 Kindern im Alter von acht Wochen an, die aus Kahlwinkel, aber auch aus Lossa, Billroda, Tauhardt und Steinburg kommen, ist sie gut belegt und braucht sich derzeit um ihren Bestand nicht zu sorgen.
Getreide, Schafe, Alpakas
Reden wir nun wieder vom einheitlichen Kahlwinkel. Da ist das Dorf noch immer Sitz einer leistungsfähigen Landwirtschaft. In den großen Hallen lagert Getreide, stehen landwirtschaftliche Geräte, und hier ist auch die Verwaltung der 1991 gegründeten Kahlwinkel Agrar KG. „2000 Hektar Ackerland“, sagt Geschäftsführer Roland Braune, „werden bewirtschaftet und hauptsächlich Winterweizen, Raps, Winter- und Sommergerste und Zuckerrüben angebaut.“ In Steinburg unterhält der Betrieb eine Putenmastanlage für 100000 Tiere, eine Hähnchenmast in Tauhardt ist im Aufbau.“ Selten geworden sind heutzutage große Schafherden. Kahlwinkel hat sie noch, weniger für die Wolle, die keinen Ertrag mehr bringt, aber für die Landschaftspflege auf Trockenrasenflächen und in den Naturschutzgebieten wird die 1000 Mutterschafe zählende Herde eingesetzt.
Eine Besonderheit hat die Agrargesellschaft auch noch zu bieten: Sie unterhält mit 14 Tieren eine der größten Alpaka-Herden im Umkreis. „Zur Zucht und Wollproduktion“, erklärt dazu Braune.
Ganz in der Nähe indes sind Ruinen nicht zu übersehen. „Hier war einst die ’Zwischenbetriebliche Einrichtung (ZBO) Bauorganisation VI. Parteitag’ ansässig“, klären zwei alte Einwohner auf. Von den Arbeitern dieser Bauorganisation wurden nicht nur Stallungen und Siloanlagen gebaut, sie errichteten auch Wohnblöcke in den Dörfern, auch in Kahlwinkel, und stellten die einst begehrten Hohlblockbausteine her.
Weiter im Dorf die Straße entlang, vorbei an der Kirche mit separatem Glockenturm, der eher einem Kiosk ähnelt, treffen wir vor ihrem Haus Christa Sperling. Wie alles hier, hat auch dieses kleine Haus seine Geschichte. Hier war einst die Schule und das Haus des Kantors. Die Kahlwinkelerin erinnert sich noch, dass in den 1960er Jahren auch ein Arzt hier seine Sprechstunden abhielt.
42 Tier als Keramik-Motive
Nun ist es nicht mehr allzu weit bis zur Töpferei Kröner. Leicht zu finden durch die große Schauvitrine an der Straße, durch den Einkaufsladen, angefüllt mit Geschirr in unterschiedlichsten Sorten und Formen. „Spezialität unserer Töpferei sind Fayencen“, sagt Madleen Kröner, die mit ihrem Mann Konrad seit 1982 den kunsthandwerklich arbeitenden Betrieb betreibt. Markenzeichen der Kröners sind die lustigen Tiere auf den Tellern, Tassen und Schüsseln. Oben in der Werkstatt ist die Keramikmalerin Barbara Kutterer fleißig am Werk. Auf die ungebrannte Glasur malt sie mit geschickter Hand Tausendfüßler, Schnecken, Schmetterlinge, den kleinen Maulwurf und ein Wurmpärchen, das sich eng verschlungen liebevoll in die Augen schaut. Madleen Kröner muss nur kurz nachdenken: 42 Tiere haben wir bisher für die Bemalung kreiert und jedes Jahr kommen neue hinzu.“ Da alles auf der Töpferscheibe gedreht und jedes Stück einzeln handbemalt wird, sind alle Erzeugnisse Unikate.
Das "e" macht den Unterschied
Die Töpferei Kröner könnte denn auch Anlass für einen Besuch in Kahlwinkel sein. „Wir laden zum 9. Tag der offenen Töpferei am 8. und 9. März von 10 bis 18 Uhr ein“, empfehlen die Töpfermeister. Kaffee, Fettbemmchen und Plätzchen soll es dann auch geben. Aber Vorsicht: Kahlwinkel liegt nicht in Finnland, auch wenn es jetzt zur Gemeinde Finneland gehört. Das kleine „e“ macht den Unterschied, von der geografischen Entfernung ganz zu schweigen.

