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Gleinas Bürgermeister schreibt offenen Brief an Haseloff „So ein Defizit hat es noch nicht gegeben“

Laufender Haushalt der Gemeinde weist hohen Fehlbetrag aus.

Von Constanze Matthes 19.05.2021, 09:34
Finanziell ist die Gemeinde Gleina angeschlagen. Der aktuelle Haushalt weist einen hohen Fehlbetrag auf.
Finanziell ist die Gemeinde Gleina angeschlagen. Der aktuelle Haushalt weist einen hohen Fehlbetrag auf. (Foto: imago)

Gleina - Gerd Blankenburg hat wieder einen Brief geschrieben. Bereits vor zwei Jahren machte der Bürgermeister von Gleina auf die schlechte finanzielle Situation der Gemeinde auch beispielgebend für die der Kommunen aufmerksam (wir berichteten). Nach diesem offenen Brief richtete er sich nun mit einigen Zeilen direkt an Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). „Die kommunale Selbstverwaltung habe ich als eine große Errungenschaft nach der Wiedervereinigung erfahren. Sie ist ein wichtiger Aspekt bei der Ausgestaltung allen Lebens in der Gemeinde. Nun muss ich aber feststellen, dass die Landesregierung immer mehr Einfluss darauf nimmt, diese einzuschränken“, heißt es in dem Schreiben vom 20. April.

Konkret bezieht sich Blankenburg, seit 1990 im Amt, auf die Doppik. Die doppelte Buchführung hatte vor einigen Jahren in den Finanzverwaltungen der Kommunen Einzug gehalten. Mit ihr sei ein „erheblicher Verwaltungsaufwand“ und eine „undefinierbare Einflussnahme“ auf den Haushalt der Gemeinde Gleina entstanden, schreibt Blankenburg weiter. „Unverständlich ist vor allem, dass das Land Prüfungsorgane verstärkt einsetzt, um diesen unglaublichen bürokratischen Vorwand mit höchster Priorität durchzusetzen.“

Wir werden nicht einmal unsere Pflichtaufgaben erfüllen können.

Gleinas Bürgermeister Gerd Blankenburg

Und mit Sorge sieht Gleinas Bürgermeister auf die finanzielle Lage der Gemeinde - auch aus einem aktuellen Anlass. Der 2021er-Haushalt ist unausgeglichen und weist einen Fehlbetrag in Höhe von 476.900 Euro aus. Eine rote Zahl, die Einfluss haben wird und auch daraus resultiert, dass Schlüsselzuweisungen des Landes sowie Steuereinnahmen geringer ausfallen, die Umlagen an Kreis und Verbandsgemeinde (VG) indes gestiegen sind. „So ein Defizit hat es noch nicht gegeben. Wir werden nicht einmal unsere Pflichtaufgaben erfüllen können. Denn uns erreichte die Hiobsbotschaft, dass das Förderprogramm zum Ausbau ländlicher Straßen abgesetzt wurde. Geplante Maßnahmen über die nächsten Jahre werden wir nicht umsetzen können“, so Blankenburg. Er nennt die Straße der Einheit, die Gartenstraße sowie Gehwege in Baumersroda. Die Sanierung der Straße der Einheit sollte in diesem Jahr geplant, im kommenden Jahr umgesetzt werden. Der Bürgermeister hofft jedoch nach Gesprächen auf die Hilfe von Kreis und Verbandsgemeinde. Kleinere Reparaturen können aus Sicht Blankenburgs realisiert werden, so am Dorfteich in Ebersroda, die Gartenstraße in Gleina, ein Abschnitt des Fußweges in der Schulstraße sowie ein Gehweg in Baumersroda. Froh und dankbar zeigt er sich über den erfolgten Ausbau der L 209. „Das war wie ein Fünfer im Lotto.“

Gerd Blankenburg, Bürgermeister Gleina
Gerd Blankenburg, Bürgermeister Gleina
(Foto: Torsten Biel)

Die freiwilligen Aufgaben will er trotz der schlechten Haushaltslage nicht beschneiden. „Wir können froh sein über das kulturelle und sportliche Leben dank der Vereine“, so Blankenburg. Lieber sieht er da Einsparmöglichkeiten mit einem Austritt aus den Unterhaltungsverbänden. Der Gemeinderat verabschiedete den Haushalt auf seiner jüngsten Sitzung mehrstimmig mit einer Gegenstimme. Ein Konsolidierungskonzept ist aufgrund der aktuellen Corona-Lage nicht notwendig. Auf seine Briefe hat Gerd Blankenburg noch keine Antwort erhalten.

Im Etat der Gemeinde Gleina des laufenden Jahres stehen 933.000 Euro als ordentliche Erträge Aufwendungen in Höhe von 1.409.900 Euro gegenüber. Da zum Minus von 476.900 Euro zudem der vorläufige Jahresfehlbetrag von 2020 hinzukommt, beträgt das bereinigte negative Jahresergebnis insgesamt 720.900 Euro.

An den Burgenlandkreis zahlt die Gemeinde Gleina 517.000 Euro, an die Verbandsgemeinde Unstruttal 724.200 Euro. Hat die Kommune im vergangenen Jahr noch 362.800 Euro an Schlüsselzuweisungen seitens des Landes erhalten, sind es 2021 nur noch 96.700 Euro. Im Gegensatz dazu fallen die Steuereinnahmen von 651.300 Euro auf 634.000 Euro. Die Hebesätze bleiben konstant und betragen für alle Steuerarten 325 von Hundert. Die Gemeinde plant, mit Zuschüssen die Vereine für das Parkfest in Gleina und das Dorffest in Ebersroda zu unterstützen. Zudem erhalten der SV Baumersroda sowie die Weinprinzessin Geld aus dem Topf der Gemeinde.