1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Naumburg
  6. >
  7. Problemfall legale Droge Alkohol

Problemfall legale Droge Alkohol

Von roland lüders 01.03.2012, 07:23

Laucha. - Oft schon hat sie Rauschgift-Opfer beerdigt: "Bis auf eine Ausnahme waren sie alle unter 27."

Mit der Pfarrerin und den zahlreichen Gästen - Vertretern von Vereinen, Eltern ebenso wie Schülern - diskutieren auch Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Neufang, Polizeirevier-Chef Mario Schwan sowie Mediziner und Suchtberater die Frage, wie man einen Einstieg von Jugendlichen in die Drogenszene verhindern kann, was Zeichen für eine mögliche Sucht sind und wie ein Ausstieg für Betroffene möglich wird. Patentrezepte kann dabei keiner im Podium anbieten.

So auch zur Frage, wie mit legalen Drogen umzugehen ist. Denn für die Geistliche ist klar: Nicht nur Heroin, Kokain, Cannabis oder so genannten Designer-Drogen wie Crystal gehören zu den Rauschgiften, sondern auch der Alkohol. Was Zustimmung bei den Besuchern findet, die über ihre eigenen Erlebnisse mit trinkenden Jugendlichen berichten. Und da kommt die Rede fast schon unweigerlich auf einen schweren Unfall in Laucha zu sprechen, als junge Leute von einem Fest betrunken zurückfuhren und ein Großteil von ihnen bei einem schrecklichen Verkehrsunfall den Tod in einer Unstrutschleuse fand (Tageblatt / MZ berichtete). Und was sind die Ursachen für Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen bis zum Komasaufen? Da ist die Rede von der negativen Vorbildwirkung von Erwachsenen, von denen so mancher beispielsweise nach einem Weinfest nicht mehr ins Auto steigen sollte. DRK-Suchtberaterin Claudia Steinhübel aus Weißenfels bestätigt, dass Hilfe für Alkoholkranke einen großen Teil ihrer Arbeit ausmacht.

Für Hans-Jürgen Neufang sind Alkohol und auch Nikotin ebenfalls Drogen, die er am liebsten verboten sehe. Allerdings würde man dafür in Deutschland keinen gesellschaftlichen Konsens finden. Wegner wird noch deutlicher, sieht sich manchmal fast genötigt. Sie findet es schlimm, dass man bei den vielen Gelegenheiten, wo mit alkoholischen Getränken angestoßen wird, Ausreden braucht, um nicht mittrinken zu müssen.

Gruppenzwang ist für Jugendliche oft auch der Einstieg in den Drogenkonsum, weiß Mario Schwan. Wer den Joint nicht mitraucht, gehört nicht dazu. Sollte man Cannabis-Produkte nicht legalisieren, um ihren Konsum besser steuern zu können? Diese Frage einer Besucherin wird verneint.

Oberarzt Ingolf Andrees von der Naumburger Klinik für Psychiatrie verweist darauf, dass es entgegen der landläufigen Meinung nicht so ist, dass von Hanfprodukten keine Suchtgefahr ausgehe: "Es ist wie russisches Roulette." Der eine hat Glück, der andere wird abhängig. Hinzu können bei langen Kifferkarrieren schwere Psychosen und Persönlichkeitsveränderungen kommen. Wie er sieht auch Polizeirevierleiter Schwan bei einer Cannabis-Legalisierung die Gefahr einer Zunahme von Kraftfahrern, die unter Drogeneinfluss andere Verkehrsteilnehmer gefährden.

Wie erkenne ich, dass mein Kind Drogen nimmt? Ein Indiz seien sinkende Schulleistungen: Wer trinkt oder kifft, vernachlässigt meist die Hausaufgaben. Neufang verweist darauf, dass ein gutes Vertrauensverhältnis sowohl im Sinne der Prävention als auch der Hilfe im Fall des Falles unverzichtbar ist. Und dass man professionelle Unterstützung suchen sollte, so durch die Experten der Suchtberatung.