Justiz Patientenbett im Naumburger Klinikum angezündet
Wegen schwerer Brandstiftung in der Klinik für Psychische Erkrankungen im Herbst 2021 steht nun eine 30-Jährige in Halle vor Gericht. Verminderte Schuldfähigkeit wird geprüft.

Halle/Naumburg - Mit dünner, tränenerstickter Stimme meinte die 30-Jährige, nachdem der Staatsanwalt im Landgericht Halle die Anklageschrift verlesen hatte: „Entschuldigung, dass ich das gemacht habe. Ich würde es nicht wieder machen. Es hätte jemand sterben können.“ Es war der 2. Oktober vorigen Jahres, als sie kurz vor 20.30 Uhr in der offenen Station der Klinik für Psychische Erkrankungen des SRH-Klinikum Naumburg ihr Patientenbett in Brand setzte. Laut Anklage verbrannte das Bett und wurde das Zwei-Bett-Zimmer - und wie sich herausstellte auch der Flur der Station - derart von Ruß und Hitze in Mitleidenschaft gezogen, dass ein Schaden von rund 116.000 Euro entstanden ist und Mobiliar im Wert von 12.000 Euro vernichtet worden war.
An jenem Sonnabendabend habe sie auf dem Weg vom Rauchen auf dem Hof zurück in ihr Zimmer in einer Ecke eine Zeitung entdeckt, erzählte die Angeklagte stockend. Im zum Patientenzimmer gehörenden Bad probierte sie aus, ob die Zeitung brennen würde. Kurz darauf zündete sie mit einem Feuerzeug die restliche Zeitung an und legte diese auf ihr Bett. Die Decke fing sofort Feuer, das, wie sie erzählte, schließlich auf den Raum übersprang.
Zwei diensthabende Pfleger entdeckten den Brand und zogen die auf dem Fußboden sitzende Frau aus dem Zimmer. In drei Anläufen versuchten die Männer, das Feuer zu löschen. Nach einem anfänglichen scheinbaren Erfolg flammten vermutlich Glutnester erneut auf. Nach einem dritten erfolglosen Löschversuch schlossen die Pfleger die Tür des Patientenzimmers. Doch dicker schwarzer Qualm war da schon längst aus dem Zimmer getreten und zog in Kopfhöhe durch den gesamten Flur der Station. Die beiden Pfleger konzentrierten sich fortan ausschließlich auf die Evakuierung und überließen der rasch eingetroffenen Feuerwehr, die an diesem Tag glücklicherweise in Reichweite war, die Brandbekämpfung.
Wie die Mitpatientin der Angeklagten, die sich glücklicherweise zur Tatzeit nicht in dem Patientenzimmer aufgehalten hatte, waren die anderen Patienten nicht minder geschockt. „Viele waren erschüttert“, berichtete einer der Pfleger. Das habe einer gesonderten Nachsorge bedurft. Indes sei die vom Brand zerstörte Station noch immer nicht belegbar. Zum einen seien die Schäden zu groß, zum anderen gebe es diverse Engpässe wie derzeit auf anderen Baustellen auch.
Die beiden Pfleger, jener der offenen Station und jener der an diese angrenzende geschlossene Station, berichteten von ihren Problemen mit der Technik. Ihre Diensthandys hätten an jenem Oktoberabend nur zweimal geklingelt. Folglich waren sie sich nicht sicher, ob es sich um einen Feueralarm handelte. Einer der Pfleger sah schließlich auf dem Flur nach, was los sein könnte. „Da zog bereits schwarzer Qualm in Kopfhöhe durch den Flur des offenen Stationsbereichs, so dass ich dachte, ’Mist, ob hier alle rauskommen’“, erzählte einer der Pfleger. Der andere bemerkte, dass man das Technikproblem angesprochen habe, sich aber bis heute nichts geändert hätte. Wo indes die automatische Alarmierung im Klinikum zusammenlaufe, konnte er nicht sagen.
„Das Feuer“, so die Angeklagte, „sollte sich nicht so ausbreiten.“ Ob sie es aus Suizidabsicht gelegt habe, das wisse sie nicht mehr. Allerdings habe sie sich, wie sie kurz zuvor erklärte, am 26. September 2021 aus eigenem Antrieb in der Klinik aufnehmen lassen - wegen ihrer damaligen Suizidgedanken. An dem Tag des Brandes habe sie aber Angst gehabt, alles zu verlieren: ihr Geld, ihre Wohnung und damit auch die Aussicht auf eine Ausbildung zur Krankenpflegerin. Ihr sei damals nicht klar gewesen, dass sie wegen ihrer Psyche diesen Beruf ohnehin nicht ausführen kann. Seit Jahren leidet die seit ihrem 13. Lebensjahr in einer Pflegefamilie aufgewachsene Frau an einer paranoiden Schizophrenie und war bereits vor dem Herbst 2021 öfter Patientin in der Naumburger Psychiatrie. 2019 wurde ihr eine Betreuerin zur Seite gestellt, „da die Gefahr besteht, dass ich verwahrlose, weil ich mich im Alltag verliere, und damit meine Psyche instabil bleibt“, erklärte sie.
Für die Frage, ob die psychisch erkrankte Angeklagte vermindert schuldfähig ist, zog die 6. Große Strafkammer einen Sachverständigen hinzu. Dieser stellt heute sein Gutachten vor. Im Falle einer Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung droht der Frau eine Haftstrafe von über einem Jahr.