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Nun zweiter Verteidiger im Mordfall Ryll

Von Roland Lüders 21.02.2007, 15:02

Halle. - Die Überraschung kam am Schluss des vierten Verhandlungstages. Jens Jan Sch., im Schwurgerichtsverfahren vor dem Landgericht Halle des Mordes an seiner Nachbarin Alexandra Ryll aus Neujanisroda angeklagt, bekommt einen zweiten Pflichtverteidiger. Neben Rechtsanwalt Thomas Jauch soll nun auch zusätzlich Prof. Dr. Wolfgang Müller die Rechte des bereits wegen einer Vergewaltigung verurteilten Sexualstraftäters wahrnehmen. Sowohl Oberstaatsanwalt Uwe Damaschke als auch Jauch stimmten diesem Antrag des Angeklagten und damit einem Ausnahmefall in der Gerichtspraxis zu. Sch. hatte zwar zu Beginn des Prozesses durch seinen jetzigen Pflichtverteidiger mitteilen lassen, dass die Anklagevorwürfe im Wesentlichen stimmen, sich aber ansonsten in eisernes Schweigen gehüllt. Das will der mutmaßliche Mörder erst brechen, wenn Müller als Anwalt seines Vertrauens seine Vertretung mit übernimmt. Nach der Strafprozessordnung hat ein Angeklagter ein Mitwirkungsrecht bei der Auswahl der Pflichtverteidiger, und dem wurde jetzt mit der Bestellung des zweiten Anwalts Rechnung getragen.

Ursprünglich sollte Müller als Wahlverteidiger die Interessen von Sch. wahrnehmen, war aber bei keinem der bisherigen Termine erschienen.

Viel Zeit nahm zuvor die Befragung von Karin P. ein, der früheren Lebensgefährtin des Angeklagten. Zum Schutz der 39-jährigen Zeugin wurde die Öffentlichkeit für rund eine halbe Stunde vom Verfahren ausgeschlossen. Doch auch was sonst zur Sprache kam, erschütterte die Zuhörer. Neben zwei bekannten Vergewaltigungen - für letztere sitzt Sch. derzeit eine viereinhalbjährige Haftstrafe ab - berichtete sie von einer von ihr nicht angezeigten weiteren Sexualstraftat.

Durch die gemeinsame Tochter kam es 2003 zu erneuten Kontakten mit ihrem Ex-Lebensgefährten. Der war mit dem 13-jährigen Kind heimlich in Verbindung getreten. Die Mutter schilderte die schwierige Situation, in der sie sich befand. Während sie von der Tochter die Erfüllung von Pflichten fordern musste, so das Erledigen der Hausaufgaben, beeindruckte Sch. sie als launiger Gummibärchen verschenkender Spaßmann. Ansonsten war er überhaupt nicht großzügig: Unterhalt musste die Mutter per Klage einfordern. Insgesamt zeichnete sie vom Angeklagten das Bild eines ausgeprägten Egoisten.