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neue serie neue serie: Vorhaben und Probleme: Doch was ist daraus geworden?

10.01.2013, 08:37

Naumburg. - Eva Theile war eine davon. 1966 begann dort ihre Ausbildung zur Industriekauffrau. Doch schon in ihrer Kindheit war sie untrennbar mit dem Unternehmen verbunden. Die heute 63-Jährige ist die Tochter des einstigen Inhabers Heinz Matuschke. "Nach dem Schulende wollte ich eigentlich Lehrerin werden. Ich war bereits immatrikuliert, doch mein Vater verweigerte das Stipendium", erzählt die Naumburgerin. Sie sollte in die Firma einsteigen, um später die Nachfolge zu übernehmen. 1947 hatte Matuschke den Betrieb in der heutigen Gaststätte "Thüringer Pforte" gegründet. Nach einem Zwischendomizil in der Nordstraße zog er in die heutige Jakobsstraße (damals Straße der DSF). Stoffhändler Riebel hatte in seinem Hof ein Neubau errichten lassen.

Die junge Eva, die als kleines Mädchen die Kinderbekleidung als Model vorführte und dafür unter anderem mit Eis und Schulfrei belohnt wurde, lernte während ihrer zweieinhalbjährigen Ausbildung jeden Bereich des Unternehmens kennen. Von der Büroorganisation über die Lohnbuchhaltung bis hin zur Produktion. Sie saß auch selbst an den Maschinen, beispielsweise am Knopflochautomaten. "Vor dieser Maschine hatte ich gehörigen Respekt. Einmal falsch angelegt und das Teil war hin", berichtet die Naumburgerin weiter. Das Fotoalbum sofort zur Hand und viele Erinnerungen an die damalige Zeit parat, hat sie heute vor allem einen Wunsch: "Ich möchte, dass die Arbeit der Mitarbeiterinnen gewürdigt wird."

Der halbe freie Tag, um unter Girlanden sowie mit Kartoffelsalat und Pfannkuchen Fasching zu feiern - ein Muss im Unternehmen, da Matuschke ein eifriger Karnevalsfreund war - wurde schnell wieder herausgearbeitet. Nie habe es Planungsrückstände gegeben. Die Produkte waren in der DDR heiß begehrte Waren, allen voran ein Kinderanorak mit Bommel an der Kapuze und eingenähtem Webpelz. In Eva Theiles Abschlussarbeit findet sich dessen Herstellung in einzelnen Etappen wieder. Doch in den 70er Jahren wurde das politische Klima rauer. Der Betrieb wurde enteignet. Matuschke "durfte" als Betriebsleiter einige Zeit bleiben, "bis er nicht mehr konnte und wollte". Zum Schluss sei er als Lagerarbeiter tätig gewesen, als Rentner habe er sich auf den Holzmarkt gesetzt, um mit seinen "Frauen" zu plaudern, berichtet dessen Tochter weiter. Sie selbst zog Anfang der 70er Jahre nach der Heirat nach Zeulenroda. Gut zehn Jahre später kehrte sie indes wieder in die Heimatstadt zurück. Zuvor starb am Rosenmontag im Jahr 1980 ihr Vater. Für die spätere VEB Kinderbekleidung Helbra kam schließlich mit der Wende das Aus. Eva Theiles letzte Arbeitsstationen waren die VEB Holz in Bad Kösen, der Naumburger Ableger der Weißenfelser Schuhfabrik und das Caritas-Kinderheim am Kirschberg. Heute lebt sie als Rentnerin im Michaelisholz gemeinsam mit Mopsdame Fine und genießt das Leben. Die Geschichte der Trikotbina lässt sie bis heute nicht los. Stunden könnte sie über die Historie des Betriebes und ihre Erinnerungen erzählen, die sie im Übrigen auch niederschreibt. All diese Zeugnisse, beispielsweise auch die historischen Fotos, sollen eines Tages dem Stadtmuseum übergeben werden. "Das habe ich schon versprochen. Dort gehören die Materialien auch hin. Sie sind es wert", meint Eva Theile. Eine Verbindung zwischen ihr und dem Stadtmuseum gibt es indes schon. Auf dem Cover der Broschüre zur Ausstellung "Kindheit und Jugend in Naumburg" 2003 ist sie als Kind zu sehen.

Gegen ihren Vater hegt sie keinerlei Groll, dass er ihr Leben in eine andere Bahn gelenkt hatte. Im Gegenteil: "Er war schon streng, aber dafür auch ein humorvoller Menschen gewesen."