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Licht nach zehn Jahren noch aus

Von JANA KAINZ 22.12.2010, 17:14

ECKARTSBERGA. - Während einige Nebengebäude zu Wohnungen umgebaut und vermietet wurden, gibt es vor allem für das Haupthaus, das einstige Hauptzollamtsgebäude, keine neue Nutzung. "Ich weiß nicht, der wievielte Holländer jetzt der Eigentümer ist", so das Stadtoberhaupt. Was auf der Hand liegt ist, dass er sich nicht kümmert. "Wir haben die Büsche, die das Gebäude zuwucherten, zurückschneiden lassen und werden ihm die Kosten in Rechnung stellen", erzählt Marlis Vogel.

Schwer ums Herz wird beim Gedanken an das Eckartshaus, in dem ein Jugendheim untergebracht war, den ehemaligen Mitarbeitern. Im Advent 2000 erlebten sie dort besonders traurige Momente. Die Einrichtung wurde am 15. Dezember geschlossen, weil der freie Träger, der Evangelische Fürsorgeverein, Insolvenz angemeldet hatte. Kurz vor Weihnachten standen 21 Mitarbeiter auf der Straße ohne Hoffnung auf einen neuen Arbeitsplatz. Nicht nur diese Sorge lastete schwer auf ihren Schultern, denn sie mussten zudem die ihnen anvertrauten 19 Jugendlichen in die Ferne schicken.

Einer, der die Mädchen und Jungen in andere Heime fahren musste, war Karl-Heinz Lindner. Der Ausbildungsleiter des Heimes nahm einen Jugendlichen als Pflegekind auf. "Eine Kollegin nahm ein Mädchen mit nach Hause", erzählt er. Diese beiden Jugendlichen besuchten damals die zehnte Klasse, standen kurz vor den Abschlussprüfungen. "Den Wechsel in ein neues Heim und eine neue Schule hätten sie nicht verkraftet", meint er. Dass seine Entscheidung richtig war, die Gewissheit hat der 63-Jährige spätestens heute. Sein Pflegekind konnte sich mit der Aufnahme in der Familie in Ruhe seinen Prüfungen widmen. Er bestand den Schulabschluss mit Gut. Dann bekam er in Erfurt eine Lehrstelle. "Heute ist er in Tübingen als Computerexperte tätig und uns immer noch dankbar", so Lindner.

Dankbar wären auch die Mitarbeiter gewesen, wenn am Tage der Schließung vom christlichen Fürsorgeverein jemand da gewesen wäre. So mussten die Frauen und Männer die Einrichtung allein zu Grabe tragen. Damit ging eine über 150-jährige Geschichte zu Ende. Nachdem das 1818 als Zollstation errichtete Haus in seiner Funktion überflüssig geworden war, wurde es 1848 dem Vorgänger des Fürsorgevereins übergeben. Im November 1849 zogen die ersten neun Knaben ins als Rettungshaus bezeichnete Gebäude ein. Ende 1949 kamen 117 Zöglinge unter.

Zu DDR-Zeiten beherbergte der Jugendwerkhof 140 Mädchen und Jungen, die zu Maurer-, Gärtner- oder Landwirtschaftshelfer, zu Betonwerker oder Konfektionierer ausgebildet wurden. Der Berufsschulunterricht wurde im Eckartshaus durchgeführt. "Wir waren ein kleines Dorf", so Lindner. Mit diesem ging es bergab, meinen Mitarbeiter, nachdem das Jugendheim 1995 mit dem Fürsorgeverein als neuen Träger auch einen neuen Direktor bekommen hatte.