Historie Historie: Zerstörung blieb aus

Sagen wir mal so: Von Löbitz zu berichten, da kommt man am Rindvieh nicht vorbei. Die Rede ist vom Fleckvieh Simmental. Die Rinderrasse mit Zweifachnutzung (Milch und Fleisch) kommt zwar ursprünglich aus dem Berner Oberland (Schweiz), hat aber im Wethautal seit 15 Jahren einen züchterischen Standort gefunden. Begonnen hatte das mit der Gründung der Agrargenossenschaft Wethautal. Die hatte 1991 neben Ackerbauflächen aus der Konkursmasse der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) auch 250 Hektar natürliches Weideland übernommen, dazu sanierungsbedürftige Rinderstallanlagen in Löbitz.
Nun sollte eine neue Zuchtrasse aufgebaut werden. Dazu fuhr der damalige Geschäftsführer Erhard Schenk nach Österreich und kaufte 55 hochtragende Jungtiere und Färsen ein, die im Wethautal sofort auf die Weide kamen, wo sie sich pudelwohl fühlten. Gleich zwei Tage nach der Ankunft sprang das erste Kalb über das Löbitzer Grünland. Rückschläge blieben nicht aus, doch seit 2000 ist die Agrargenossenschaft anerkannter und geschätzter Simmentaler Fleckviehzuchtbetrieb und war mehrfach Ausrichter bundesweiter Schauen und Auktionen. „Heute hält unsere Genossenschaft, die zu 90 Prozent Feldbau betreibt, auf zehn Prozent ihrer Fläche das Fleckvieh. Zehn Herden sind das mit 400 Tieren, davon 170 Mutterkühe“, sagt Geschäftsführer Eckhard Kunze (57). „Und die Bullen nicht zu vergessen“, ergänzen Petra Brieger-Schwarz und Holger Schwarz, das Ehepaar, das für die Simmentaler verantwortlich ist.
Reichlich Nachkommen
Die Rinderzüchter setzen auf den Sprung des Bullen in Gottes freier Natur und auf Erbmasse von ausgesuchten Tieren aus ganz Europa. Der dreijährige Jungbulle Silberherz mit tschechischen und dänischen Genen brachte es im ersten Jahr seines Löbitzer Aufenthalts 2014 bereits auf 50 Nachkommen in seiner Herde, und auch Jungbulle Armin, der 40 Kühe und 26 Färsen um sich weiß, ist recht fleißig.
Eine etwas andere Art der Rinderzucht betreibt der Löbitzer Olaf Schmidt. Er hält Milchkühe. 45 Kühe, von denen jede im Jahresschnitt 6000 bis 7000 Liter Milch gibt, dazu stehen noch 20 Jungrinder im Stall. Der 49-Jährige studierte Tierzucht und machte sich 1995 selbstständig. Als moderne Produktionsstätte mit Stallungen und Melkstand hat er den ehemaligen Schafstall der LPG ausgebaut und erweitert. Die Arbeit bewältigt er gemeinsam mit seiner Ehefrau. „Man muss für die Landwirtschaft geboren sein“, meint Schmidt und überlegt, dass er und seine Frau, seitdem sie selbstständig sind, noch nie gemacht haben. Jeder Tag beginnt früh vier Uhr mit dem ersten Melken. Dann kommen die anderen Arbeiten im Stall und auf den 30 Hektar Ackerland, auf denen er überwiegend Mais und Luzerne anbaut. Das Grünland liefert das saftige Naturfutter, auf das der Löbitzer schwört, wie auf die eigene Nachzucht seiner Holsteiner Rasse. Die Milch liefert er an das Weißenfelser Frischli-Werk.
Einen Grünen Hof hat Löbitz auch. Den bewirtschaften Martina und Burkhardt Jäkel im Familiengrundstück, das seinen Ursprung im Jahre 1698 hat und 1887 als Dreiseitenhof aufgebaut wurde.
Würstchenverkostung mit Kaffee
Das gesamte Grundstück haben die Jäckels vor gut zehn Jahren saniert und erweitert, einen Verkaufsraum und ein Schlachthaus eingerichtet. Die Löbitzer schlachten und erzeugen hausgemachte Fleisch- und Wurstwaren von Wild, Rind, Schwein, Gans und Ente. Dazu halten sie ganzjährig auf der Weide zwischen Pauscha und Löbitz zwanzig schottische Galloway-Rinder und im Gehege 50 Damhirsche. Schweine kommen aus der Osterland-Landwirtschaft in Teuchern. „Einmal in der Woche ist Schlachttag und Donnerstag von 9 bis 18 Uhr und Freitags von 13 bis 18 Uhr wird verkauft“, sagt Martina Jäkel. Der Grüne Hof ist EU-zertifzierter Schlacht- und Zerlegebetrieb für Farmwild. Zur Seite haben die Jäkels mit dem Flemminger Fleischer Dietmar Wilczak einen erfahrenen Hausschlächter. Gemütlich ist es auf dem Hof. Zum Probieren der leckeren Würste kocht die Bäuerin Kaffee und schenkt auch schon mal einen ein. Wer länger verweilen will, kann sich ein Schlachtefest unter der Tenne bestellen.
Schön, dass wir soviel von der Landwirtschaft aus einem Dorf erzählen können. Das ist nicht mehr alltäglich. Nun schauen wir aber noch zu Klaus Maurer. Der 61-Jährige ist seit 24 Jahren Bürgermeister, erst der selbstständigen Gemeinde Löbitz mit Großgestewitz und Pauscha, seit 2010 der Großgemeinde Mertendorf mit 13 Dörfern.
Löbitz ist ein freundliches Dorf, das selbst den eilig Durchreisenden mit sanierten Gehöften, reichlich Grün und zwei Teichen begrüßt. Blickpunkte sind auf der Hauptstraße die sorgsam sanierte Einfahrt zum einstigen Rittergut und die Wandbilder am ehemaligen Trafo-Türmchen. Maurer wohnt neben dem Bauhof, von dem in Mertendorf bis in jüngste Zeit viele Initiativen ausgingen. „14 Wartehallen und fünf Spielplätze haben wir in den Ortsteilen gebaut“, zählt Maurer auf und freut sich auf einen Traktor mit Kehrmaschine, den er demnächst erhalten wird. „Damit die Dörfer auch mit weniger Arbeitskräften sauber gehalten werden können.“
Wo gearbeitet wird, soll auch gefeiert werden. Im Dorf ist es vor allem der Heimat- und Pfingstverein, der „Leben in die Bude bringt“, wie es so schön heißt. Das Heimatfest im August wäre da zu nennen, Sportlerball, Rentner- und Frauentagsfeiern. Nicht umsonst hat die gesamte Verbandsgemeinde Wethautal alljährlich für den 3. Oktober Löbitz als zentralen Ort für den Bauernmarkt auserkoren. Da ist dann rund um die Festhalle allerhand los und zieht Menschen von weither an.
Was es sonst noch gibt? Einen Kindergarten, den heute auch nicht mehr jedes Dorf besitzt. Im „Froschkönig“ werden 23 Kinder vom Säuglingsalter bis zum Schuleintritt von vier Teilzeiterzieherinnen um Stefanie Malisch betreut. Ausgebaut wurde dazu das alte Schulhaus, das 1968 schließen musste. „Obwohl“, meint Bürgermeister Maurer, „das Gebäude auch nicht die allererste Schule beherbergte.“ Und damit sind wir zum Schluss noch bei etwas Dorfgeschichte angekommen, die Maurer in seiner in alter deutscher Schrift geschriebenen Chronik schwarz auf weiß vorweisen kann. Der erste Lehrer, der das ABC und die Zahlen nach Löbitz brachte, hieß Heinrich Ulrich, und er lehrte von 1646 bis 1651.
In frühe Zeiten führen auch die Gedenksteine, die gefunden und in der Flur vom Heimatverein wieder aufgestellt wurden. Wie der Mordstein an der Straße zwischen Löbitz und Pauscha, der an eine Bluttat vor langer Zeit erinnert, oder der Gedenkstein für Peter Hermann Voigt, den Rittergutsbesitzer, der nach durchzechter Nacht vom Pferd stürzte und sich anno 1875 das Genick brach.



