1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Naumburg
  6. >
  7. Historie: Historie: Immer mittendrin

Historie Historie: Immer mittendrin

04.01.2015, 13:52
Früh übt sich: Bowlingbahn als Zeitvertreib
Früh übt sich: Bowlingbahn als Zeitvertreib Speck Lizenz

Das Dorf hat es in die Sammlung kurioser Ortsnamen im berühmten Fernwehpark in Hof (Bayern) geschafft. Das Ortseingangsschild steht da in guter Nachbarschaft mit Meinkot, Oberanschissing, Fucking und Strullendorf. Da klingen Ober- und Unterkaka noch recht harmlos. Hierzulande haben viele die Namen oft gelesen - am Wegweiser zur Autobahnabfahrt A9 hinter Pretzsch. Da geht es eben nicht nur nach München und Berlin, sondern auf der Bundesstraße 180 in Richtung Zeitz auch nach Unterkaka. Doch Vorsicht, eigentlich ist das Dorf, das man da schnell durchfährt, Oberkaka. Unterkaka liegt knapp einen Kilometer entfernt, abseits der Straße, gab aber der einstigen Gemeinde den Namen.

Hübsch: Chaca et Chaca

Und der lautete einmal ganz anders, wie Bürgermeister Manfred Kalinka anhand der Chronik nachweist. Da ist 976 in einer Schenkungsurkunde des Kaiser Otto II. an Bischof Hugo von Zeitz von „Chaca et Chaca“ die Rede. Später hießen die Orte mal Kak, mal Kaken und auch Kackau. Wie auch immer, die zusammen gehörenden Orte wurden nach ihrer Lage im Gelände in das obere und untere Dorf geteilt, wobei Unterkaka eben bestimmend für den Namen der Gemeinde wurde.

Die war bis 2009 mit den Orten Zellschen und Schleinitz selbständig. Und blühte in den Jahren nach der politischen Wende so richtig auf. Geschuldet war das der an den überregionalen Verkehrswegen günstig gelegenen Lage. Bürgermeister Manfred Kalinka (70), in Unterkaka zu Hause und seit Juni 1991 Bürgermeister, ist da bester Zeitzeuge. „Das Zauberwort lautete ’Gewerbegebiet’, und fast alle Kommunen hatten sich damals vorgenommen, vom großen Kuchen des vorausgesagten Aufschwungs im Osten Deutschlands ein Stück abschneiden zu können“, erinnert sich Kalinka.

Um Kopf und Kragen

1991 beschloss der Gemeinderat, die Entwicklung eines Gewerbegebietes in eigene Hände zu nehmen und in Eigenregie zu vermarkten. Die Zeit sei ein „Spagat zwischen Ehre und Knast“ gewesen, blickt der Bürgermeister zurück. „Die Gemeinde hat damals viel riskiert, auf die Bürger kam eine Pro-Kopf-Verschulung von 10000 Mark zu. Und das alles bei fehlenden ordentlichen Straßen, ohne ausreichende Dorfbeleuchtung, mit nitratbelastetem Trinkwasser und dem Aus des Konsums. Ein trostloser Zustand.“ Doch Elan, schnelles Handeln und Risikobereitschaft brachten bald erste Erfolge. 1993 gab es erste Gespräche mit der Firma Offergeld, einem Logistik- und Transportunternehmen, zur Ansiedlung einer Spedition. „Der größte Brocken“ – so Kalinka – „wurde im Juni 1994 mit dem Logistikzentrum Lidl & Schwarz, dem Kaufland-Dienstleistungszentrum mit dem Fleischwerk, feierlich eröffnet.“ In den Betrieben, die derzeit auf dem 64 Hektar großen Gewerbegebiet angesiedelt sind, stehen 4000 Beschäftigte in Lohn und Brot, Arbeitslosigkeit ist hier ein Fremdwort.

Die Gemeinde Unterkaka wurde als investorenfreundliche Gemeinde in Sachsen-Anhalt geehrt. Auch die Dörfer profitierten zusehends, das Ortsbild wurde wesentlich in seiner heutigen Gestalt mit vielen gepflegten Eigenheimgrundstücken geprägt. Im August 2000 entstand eine zweibahnige Bowlingbahn, 2008 konnte als Neubau ein Dorfgemeinschaftshaus errichtet werden. Beides ist Magnet weit über das Dorf hinaus. Der Bowlingverein zählt 80 Mitglieder, im Dorfgemeinschaftshaus ist reger Betrieb. Bei unserem Besuch spielten die Kleinhelmsdorfer Blasmusikanten vor zahlreich erschienen Publikum auf. „Der große Saal ist praktisch jedes Wochenende vermietet“, sagt der Bürgermeister, der im Dachgeschoss seine Amtsräume hat. Rege genutzt werden der Versammlungs- und ein Fitnessraum. Eine kleine Küche gehört ebenfalls zum Haus.

Die traditionelle Landwirtschaft des Bauerndorfes ist bei alledem noch erhalten geblieben. Zwei mittelständische Landwirtschaftsbetriebe, die sich auf die Feldwirtschaft orientiert haben, wären da zu nennen: Die Landwirtschaft von Gerhard und Marcus Berger und Wolfgang Krug, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sowie der Landwirtschaftsbetrieb von Thomas und Angelika Riebel. Ihre Sitze haben sie noch in alten, einst Unter-, wie Oberkaka prägenden Gehöften, heute liebevoll saniert.

Im Krugschen Gehöft in Oberkaka hat Kathrin Krug seit dem Jahr 2011 ihren Hofladen in einem ausgebauten 100-jährigen Schuppen eingerichtet. Wer ihn einmal direkt an der Bundesstraße 180 entdeckt hat, kommt gern wieder. Schon das Ambiente ist anheimelnd – ein altes englisches Büfett aus Großmutters guter Wohnstube dient als Verkaufstisch, in den Regalen Honig und Marmelade, Soßen und Gewürzen, Würste im Kühlschrank, Korbwaren und Holzspielzeug in einer oberen Etage, Topfblumen dazu, und im alten Ofen flackert ein Holzfeuer.

Eigene Ernte und aus der Region

Viele Produkte kommen aus eigener Landwirtschaft, wie die Kartoffelsorten „Rote Laura“, „Adetta“ und andere wohlschmeckende Erdäpfel, die der Ehemann auf 40 Hektar Ackerland anbaut. „Dazu im Sommer Obst und Gemüse aus meinem Garten“, zählt die freundliche Hofladenfrau auf. Auch die leckeren Oberkakschen Marmeladen sind Eigenprodukte. Alle Artikel stammen bei alledem frisch von den Erzeugern aus dem Burgenlandkreis und aus Thüringen, vom Bio-Landhof aus Willschütz, aus der Schkölener Welsaufzuchtanlage, aus der Hofschlachtung der Familie Jäckel in Löbitz, Weine von Kloster Pforta und dem Gut Triebe, Säfte aus Janisroda um nur einige Lieferanten der Natur- und Bioprodukte zu nennen. Und freitags gibt es frisches Bio-Brot. Aber das ist immer schnell ausverkauft.

Charakteristisches Gehöft
Charakteristisches Gehöft
Speck Lizenz
Kathrin Krug in ihrem Hofladen.
Kathrin Krug in ihrem Hofladen.
Speck Lizenz
Gewerbegebiet an der Autobahn 9
Gewerbegebiet an der Autobahn 9
Speck Lizenz
Gepflegte Eigenheim-Siedlung.
Gepflegte Eigenheim-Siedlung.
Speck Lizenz