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Wissenschaftler aus Merseburg Wissenschaftler aus Merseburg: Abheben mit Hochdecker für die Forschung

Von Robert Briest 24.03.2019, 14:00
Mit dem Ultraleichtflugzeug „Sprint“ führten die Wissenschaftler ihre Testmanöver über Merseburg durch.
Mit dem Ultraleichtflugzeug „Sprint“ führten die Wissenschaftler ihre Testmanöver über Merseburg durch. Mike Montel

Merseburg - Aluminium ist leicht. Deswegen wird es im Flugzeugbau häufig verwendet. Doch das Metall hat auch Nachteile, wie der Merseburger Hochschulprofessor Achim Merklinger erklärt: „Es ist stark ermüdungsgefährdet. Beim Flugzeugbau haben Fluglasten deshalb großen Einfluss auf die Lebensdauer.“ Gerade, wenn bei Turbulenzen oder harten Flugmanövern besonders starke Kräfte auf die Maschinen einwirken, kann dies zu Schäden führen.

Simulationen sollen helfen

Weil die Fluggesellschaften natürlich nicht wollen, dass es hoch in der Luft zu Brüchen im Material kommt, die fatale Folgen haben könnten, müssen ihre Maschinen regelmäßig zu Untersuchungen. Für die Betreiber bedeutet dies jedoch oft lange Standzeiten und damit finanziellen Schaden. Es wäre für sie daher gut zu wissen, ob eine solche Durchsicht wegen möglicher Schäden gerade tatsächlich notwendig ist oder nicht.

Dies lässt sich mit Modellen simulieren. Und an dieser Stelle kommen Merklinger und das Merseburger Aninstitut Forschungs- und Beratungszentrum für Maschinen und Energiesysteme, kurz FSB, ins Spiel. Sie haben in den vergangenen Jahren im Auftrag der Flugzeugbauers Airbus und in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) Hamburg Untersuchungen durchgeführt, um eben solche Modelle zur Lastenkontrolle zu bewerten und zu verbessern.

Abheben für die Forschung

Die Merseburger kümmerten sich dabei vor allem um die Testflüge. „Die sind hier auf dem Flugplatz gemacht worden“, berichtet Merklinger. Zum Einsatz kam dabei seine eigene Maschine, das Ultraleichtflugzeug „Sprint“. Die Wissenschaftler rüsteten den Hochdecker, bei dem also die Flügel oberhalb des Rumpfs liegen, mit zahlreichen Sensoren aus. Ein Luftdatenmast ragte weit über die Maschine hinaus. In Laufe mehrerer Jahre zeichneten die Forscher so diverse Daten zu knapp 850 Flugmanövern auf.

Um deren Auswertung kümmert sich Mike Montel von der TU Hamburg. Ihn interessierte vor allem, welches Lastensimulationsmodell die besten und am wenigsten mit Fehlern behafteten Ergebnisse liefert. Schließlich sollten die weder zu unnötigen Warnmeldungen führen und damit auch zu unnötigen Wartungskosten, noch sollten notwendige Warnungen vor möglichen Schäden ausbleiben. Bereits verwendet wird laut Montel ein auf physikalischen Ableitungen basierendes, mithin also theoretisches Modell. Dieses versuchte er anhand der Merseburger Messdaten zu validieren.

Tests an Kleinflugzeug auch gut für Verkehrsflugzeuge

Aus diesen entwickelte Montel auch ein zweites datenbasiertes Modell der Lastenschätzung. Das ließ sich laut dem Forscher deutlich schneller erstellen als das theoretische. Doch es hatte auch den Nachteil, dass es keine zuverlässigen Aussagen liefern konnte, wie sich das Flugzeugmaterial in Überlastsituationen, wie eben starken Turbulenzen, die bei den Testflügen in Merseburg eben nicht simuliert werden konnten, verhält. „Dieser Bereich interessiert uns jedoch am meisten“, erörtert der Wissenschaftler.

Deshalb testete er auch noch einen dritten „hybriden Ansatz“, der die beiden vorherigen Methoden kombiniert: „Der physikalische Ansatz wird durch die Messdaten korrigiert. Das ist die beste Methode gewesen, um die Strukturlast zu überwachen.“ Und auch wenn die Tests an einem Kleinflugzeug stattgefunden haben, hält er den Ansatz auch für auf große Verkehrsflugzeuge übertragbar. „Die Flugphysik ist ähnlich.“

Bevor diese Methode jedoch zum Einsatz kommen kann, sind laut Merklinger noch weitere Tests notwendig. Geflogen wird dafür in Merseburg jedoch vorerst nicht mehr. Die Messvorrichtungen an der „Sprint“ seien schon wieder abgebaut, berichtet der Professor über seinen Flieger. „Es ist jetzt wieder ein ganz normales Ultraleichtflugzeug. (mz)