Tödliche Gefahr auf der A38 Tödliche Gefahr auf der A38: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags

Merseburg - Die Polizei fahndet mit Hochdruck nach einem oder mehreren Tätern, die auf der Autobahn 38 bei Merseburg seit Wochen Angst und Schrecken verbreiten. Erst am Sonntag waren ein Reisebus sowie ein Lkw aus Polen von Zuckerrüben, die von einer Brücke herabgeschleudert wurden, getroffen und beschädigt worden. Die 75 Busreisenden kamen ebenso mit dem Schrecken davon wie der Lkw-Fahrer. Seit dem 5. August haben sich nach Polizeiangaben allein auf der A 38 fünf derartige Vorfälle ereignet. Hinzu kommen zwei Attacken auf der B 80 in Höhe Halle-Neustadt. Bislang wurden dabei vier Personen verletzt.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Totschlags. „Steinplatten, Kürbisse oder wie jetzt Zuckerrüben fallen niemandem zufällig aus der Hand. Dahinter steckt Vorsatz“, sagt Staatsanwalt Klaus Wiechmann. Wer von Brücken etwas herabwerfe, nehme schwere Unfälle billigend in Kauf. „Wir können von Glück sagen, dass bisher keine Opfer zu beklagen sind“, so Wiechmann. „Die Angreifer spielen mit den ureigenen Ängsten der Kraftfahrer“, sagt er.
Brennpunkt ist die Bundesstraße 80 bei Halle-Neustadt in Fahrtrichtung Eisleben. Unbekannte werfen gegen 0.24 Uhr einen Betonstein von der Brücke an der Feuerwache. Er trifft einen Lkw am Kühlergrill. Der Schaden beträgt 1 500 Euro.
Gegen 0.10 Uhr fliegt von der Brücke zwischen Großkayna und Spergau ein Stein auf die A 38. Er zerplatzt in größere Stücke. Drei Pkw rollen darüber, die Reifen werden zerstört. Der Schaden beträgt 2 000 Euro, verletzt wird niemand.
Wieder die A 38, dieses Mal wird die Brücke zwischen Großkorbetha und Schkortleben gegen 23.45 Uhr zum Tatort. Unbekannte schleudern einen Stein auf einen Sattelzug. Das Geschoss trifft die Frontscheibe. Der 55 Jahre alte Fahrer wird durch Glassplitter verletzt. Der Schaden liegt bei 5 000 Euro.
Von der Brücke zwischen Geusa und Blösien werden gegen 0.15 Uhr mehrere Kürbisse auf die A 38 geworfen. Die Frontscheiben von zwei Sattelzügen gehen zu Bruch. Zwei Insassen der Lkw erleiden Schnittverletzungen durch Glasscherben. Alleine bei dieser Attacke listet die Polizei einen Sachschaden von 30 000 Euro auf.
30. August: Gleicher Tatort an der B 80, es ist 1.18 Uhr. Plötzlich fliegt ein Eimer mit Essensresten von der Brücke an der Feuerwache. Der Eimer durchschlägt die Frontscheibe eines Lkw. Der Fahrer (47) kann sich in seiner Kabine noch wegdrehen, wird durch Glassplitter aber dennoch leicht verletzt. Die Schadenshöhe ist nicht bekannt.
Wieder rückt die Brücke zwischen Großkayna und Spergau in den Fokus der Ermittler. Es ist 1.32 Uhr, als eine Steinplatte auf die Motorhaube eines Pkw schlägt, der auf der A 38 in Richtung Leipzig unterwegs ist. Die Platte prallt ab und trifft noch das Dach eines weiteren Autos. Dass es keine Verletzten gibt, grenzt angesichts des Geschosses an ein Wunder. Der Schaden soll 6 000 Euro betragen.
Statt Kürbissen fliegen dieses Mal gegen 1.25 Uhr mehrere vier Kilo schwere Zuckerrüben von der Brücke zwischen Geusa und Blösien auf die A 38. Die Rüben schlagen auf die Windschutzscheiben von einem Bus und einem Lkw. Beide Fahrer aus Polen können geistesgegenwärtig Unfälle verhindern. Für die 75 Personen der Reisegruppe geht es erst nach Stunden mit einem Ersatzbus weiter. Die Touristen müssen so lange auf einer Raststätte ausharren. Der Schaden wurde noch nicht beziffert.
Ab 29. September wurde erneut von einer Brücke auf der Autobahn A 38 ein PKW mit einem Gegenstand beworfen und dabei beschädigt. Der Vorfall ereignete sich gegen 22:35 Uhr, zwischen den Anschlussstellen Merseburg Süd und Leuna, in Fahrtrichtung Leipzig. Verletzt wurde bei dem Vorfall niemand.
Dass Polizei und Staatsanwaltschaft bislang geschwiegen haben, begründen sie mit ihren Ermittlungen. „Außerdem wollten wir verhindern, dass Nachahmungstäter zuschlagen“, sagte eine Polizeisprecherin der MZ.
Unterdessen warnt der Automobilclub ADAC vor der tödlichen Gefahr, die von vermeintlich weichen Objekten wie Zuckerrüben ausgehen. „Wenn diese kiloschweren Rüben auf Fahrzeuge treffen, die etwa auf Autobahnen mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs sind, dann zerplatzen sie nicht auf den Windschutzscheiben, sondern schlagen Löcher in das Glas“, sagt Hubert Paulus, Techniker beim ADAC. Steine würden eine Energie wie Gewehrkugeln entwickeln.
Mittlerweile bittet die Polizei die Bevölkerung um Mithilfe bei der Suche nach den Tätern. Denen drohen lange Haftstrafen. Der durch die Attacken angerichtete Sachschaden summiert sich bereits auf mehr als 50 000 Euro. (mz)

