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Studie zu Pandemiefolgen Studie zu Pandemiefolgen: Corona-Maßnahmen treffen Arme und Singles härter

Von Robert Briest 10.02.2021, 08:00
Homeoffice, Kinderbetreuung zu Hause und Kontraktbeschränkungen. Manche Menschen treffen die Corona-Maßnahmen härter als andere. Das hat nun eine Studie aus Merseburg untersucht.
Homeoffice, Kinderbetreuung zu Hause und Kontraktbeschränkungen. Manche Menschen treffen die Corona-Maßnahmen härter als andere. Das hat nun eine Studie aus Merseburg untersucht. www.imago-images.de

Merseburg - Wenn es darum geht, wer unter den Corona-Maßnahmen am stärksten leidet, liegen in der öffentlichen Debatte derzeit Eltern von Schulkindern weit vorn. Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie unter Mitwirkung der Hochschule Merseburg legt jedoch nahe, dass es andere Faktoren als die Elternschaft gibt, die Einfluss darauf haben, wie stark die Coronafolgen Menschen treffen.

Namentlich sind dies vor allem das Alter, der Beziehungsstatus und Maße die ökonomische Lage. Studienleiter Heinz-Jürgen Voß regt daher sogar an die Impfreihenfolge noch mal zu überdenken. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Menschen mit weniger Geld waren stärker von Corona-Maßnahmen betroffen

Die Forscher wollten von den knapp 3.500 bundesweit befragten Erwachsenen etwa wissen, ob und wie sich Partnerschaft, finanzielle Lage oder seelisches Wohlbefinden durch die Corona-Maßnahmen verändert haben. Wie die Befragten ihre Situation einschätzten, hing dabei besonders stark von ihrer allgemeinen Finanzlage. Die sollten die Teilnehmer selbst, ähnlich wie Schulnoten von eins bis sechs, von „sehr gut“ bis „ungenügend“ einordnen.

Von denen, die ihre finanzielle Lage als „ungenügend“ bewerteten, gaben über Dreiviertel an, dass sich ihre seelische Verfassung verschlechtert habe. Bei den besonders Gutsituierten, waren es dagegen weniger als ein Drittel. Ähnlich das Bild auch bei der Entwicklung der beruflichen Sicherheit: Weniger als einer von fünf Befragten mit sehr guter ökonomische Lage gab an, dass sich die verschlechtert habe. Bei den Ärmsten waren es dagegen mehr als vier von fünf Befragten.

Jungen Erwachsenen geht schlechter als vor Corona

Der Merseburger Sexualforscher Voß, der die Datenerhebung leitete, erklärt das etwa damit, dass die Wohlsituierten häufiger verbeamtet seien oder Bürojobs hätten, die sich leichter ins Homeoffice verlagern ließen. „Wer aber etwa in der Gastronomie arbeitet, ist stärker vom Lockdown betroffen. Und wo die finanzielle Situation ohnehin schon prekär ist, da führen selbst 10 oder 20 Prozent weniger Einkommen zu große Problemen.“ Voß hält es daher für angebracht, bei staatlichen Hilfen vor allem Ärmere in den Blick zu nehmen.

Von den 18- bis 24-jährigen Befragten gab lediglich ein Drittel an, dass die Corona-Maßnahmen ihr seelisches Wohlbefinden nicht beeinflusst hat, bei den Über-51-Jährigen waren es dagegen zwei Drittel. Zumeist ging es den jungen Erwachsenen schlechter als vor Corona. Das habe sicherlich etwas mit der Lebenssituation zu tun, erörtert Voß. Bei Befragten im Rentenalter spiele die berufliche Situation kaum mehr eine Rolle. Zudem hätten Ältere schon mehr erlebt, könnte sich so besser auf die neue Situation einstellen.

Paare treffen Pandemie nicht so hart

Zudem seien sie oftmals ohnehin mehr zu Hause. Bei Jüngeren spielten dagegen Partys oder Dating eine größere Rolle. „Das ist jetzt weggebrochen. Das hat offenbar Auswirkungen auf die seelische Gesundheit“, sagt der Wissenschaftler. Man könnte daher nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre Jugendliche und junge Erwachsene vor den mittleren Altersgruppen zu impfen.

Wichtig ist auch der Beziehungsstatus: Die seelische Verfassung von Singles hat sich durch die Corona-Maßnahmen häufiger verschlechtert, als die von Menschen in Partnerschaften. Vor allem unter jenen, die mit ihren Beziehungen zufrieden waren, berichteten weniger von negativen Coronafolgen. Ein Drittel von ihnen gab sogar an, dass sich ihre Beziehung durch Corona verbessert habe. Das sei ein überraschender Effekt, der nicht unbedingt den gesellschaftlichen Erwartungen entspreche, resümierte Voß.

Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen: Singles treffen Corona-Maßnahmen härter

Paare könnten der Situation offenbar auch Gutes abgewinnen, etwa dass sie nun mehr Zeit für einander haben. Allerdings: In Beziehungen, die vorher schon schlecht liefen, zeigte sich keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung. Dafür das Paare besser durch die Krise kommen als Singles hat der Sexualforscher mehrere Hypothesen. So hätten sie mehr soziokulturellen Kontakt. Auch die Sexfrequenz könnte Einfluss haben: Menschen, die häufiger Sex hätten, ginge es tendenziell besser.

Auf der anderen Seite könnte sich während Corona die Einsamkeit von Singles verstärken: „Für sie ist es schwieriger auf Partys, Arbeit oder in der Hochschule jemanden kennenzulernen. Die am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung ist ein Nebenprodukt der „Partner 5 Erwachsenstudie“ unter Voß’ Leitung. Diese hatte den Fokus auf Sexualität und sexuellen Grenzerfahrungen. Ergebnisse dazu sollen Ende Februar folgen. (mz)