Stadtratswahl Stadtratswahl: Haben es Einzelbewerber tatsächlich schwerer?

Bad Lauchstädt/Merseburg - Die Wahlzettel für die Stadtratswahl in Bad Lauchstädt werden lang. Insgesamt elf Parteien und Wählervereinigung buhlen um die 20 Plätze im neuen Stadtrat. Sie sind damit jedoch nicht allein. Mit Thomas Schorsch tritt nämlich noch ein Einzelbewerber an. Auch in anderen Gemeinden bemühen sich Solisten um Ratsmandate. Fragt man Jörg Homann, ist so ein Alleingang allerdings eine schlechte Idee.
Stadtratswahl ist eine klassische Verhältniswahl
Der Ortsbürgermeister von Delitz am Berge hat diese Erfahrung bei der Wahl vor fünf Jahren gemacht. Damals wollte er nämlich nicht nur in den Ortschafts-, sondern auch in den Stadtrat. Das Wahlergebnis wirkte auf den ersten Blick auch vielversprechend. 230 Stimmen holte er. Nur zwölf Kandidaten bekamen mehr. Dennoch blieb Homann am Ende ohne Sitz im Stadtrat. Andere Bewerber mit deutlich weniger Stimmen bekamen jedoch einen.
Dies hängt, so erklärt Lauchstädts Wahlleiter Marco Grellert, mit dem Wahlsystem zusammen: „Die Stadtratswahl ist eine klassische Verhältniswahl.“ Nicht die Stimmen, die ein einzelner Kandidat hat, entscheiden, sondern die Gesamtzahl der Kreuze, die der Wahlvorschlag erhält. „Die entscheidet, wie viele Mandate der Wahlvorschlag bekommt.“
Hat ein Wahlvorschlag ein oder zwei Kandidaten, die sehr viele Stimmen ziehen, wie vor fünf Jahren etwa Christian Runkel für die CDU, kommen über diese Liste dann eben auch Bewerber in den Rat, die isoliert betrachtet nicht zu denen mit den 20 meisten Stimmen zählen: „Es ist statistisch belegbar: Je weniger Bewerber auf einem Wahlvorschlag stehen, desto geringer sind die Chancen auf ein Mandat“, sagt Grellert.
Wahlkampf: Einzelbewerber haben es schwerer?
Michael Kolkmann, Politikwissenschaftler an der Uni Halle, tut sich schwer mit der Festlegung, ob es Einzelbewerber tatsächlich schwerer haben. Das liegt auch daran, dass es, so begründet er, zu Kommunalwahlen kaum Studien gibt. Kolkmann sieht aber zumindest einige Erschwernisse für die Solisten. So müssten die etwa Unterschriften sammeln, um überhaupt zur Wahl antreten zu dürfen.
Auch beim Wahlkampf sieht er Vorteile für Parteien und teilweise auch die Wählergemeinschaften: Die hätten entsprechende Ressourcen, um Plakate zu hängen oder Wahlkampfstände in die Fußgängerzone zu stellen. „Da muss man als Einzelbewerber mit eigenem Geld ran oder sich selbst Unterstützer suchen.“ Die Frage sei auch, wie man es als Einzelbewerber schaffe, sich medial darzustellen, problematisiert der Forscher. Wobei: „Man könnte auch argumentieren, dass man heute über Facebook und Co. leichter ohne Gatekeeper wie Journalisten die Zielgruppe erreicht.“
56 Bewerber wollen einen der 20 Sitze im Bad Lauchstädter Stadtrat bekommen. Die MZ gibt hier einen Überblick über die Kandidaten für den Stadtrat sowie die fünf Ortschaftsräte der Goethestadt:
Stadtrat: CDU:
Herbert Reinsdorf, Michael Röder, Angelika Klinz, Klaus Andres, Jürgen Reichelt, Elke Frank, Morten Gehlhar, Danny Wiedmer, Elvira Augsten, Andrea Mirow, Manfred Schmiedt;
AfD: Stev Rühlemann;
Die Linke: Alexander Sorge, Margitta Gatz, Edelgard Sorge, Sascha Wollert, Matthias Krumbügel;
SPD:
Karin Gerste, Hannalotte Albrecht, Reinhard Fuß;
Die Grünen: Steffen Butthoff, Adelheid Konegen, Anne Butthoff;
Freie Wähler Bad Lauchstädt: Andrea Wrankmore, Carsten Grunert, Stefanie Herbarth, Norbert Schindler, Thomas Werner, Carsten Kròl, Jürgen Dorn, Christina Griebenow;
Wählergemeinschaft Milzau: Günter Teichmann, Detlef Straßenburg, Bernd Körber, Frank Illing, Elisabeth Baumbach, Rainer Kretzschmar, Christian Weigelt, Jens Franke, Sven Teichmann, Hannes Oehmichen, Roland Kathe;
LSG Klobikau-Milzau 1899: Steffen Schröder, Dennis Reichenbecher, Hans-Jürgen Helbing, Marcus Murre;
Am Berg, die Delitzer: Dieter Thielmann, Stephan Engler, Frank Schmiedel,
SV Germania Schafstädt: Jörg Walther, Andreas Kelm; Bürgerliste Delitz am Berge: Jörg Homann, Marina Pfeffing, Ute Bachmann, Peggy Rähme,
Einzelbewerber: Thomas Schorsch
Ortschaftsräte: Bad Lauchstädt: CDU:
Michael Röder, Angelika Klinz, Jürgen Reichelt, Morten Gehlhar, Elvira Augsten, Andrea Mirow, Manfred Schmiedt;
Die Linke: Margitta Gatz, Matthias Krumbügel, Sascha Wollert;
Freie Wähler Bad Lauchstädt: Thomas Werner, Stefanie Herbath, Norbert Schindler, Jürgen Dorn, Christina Griebenow;
Einzelbewerber: Thomas Schorsch.
Delitz am Berge:Am Berg, die Delitzer: Dieter Thielmann, Frank Schmiedel, Stephan Engler;
Bürgerliste Delitz am Berge: Jörg Homann, Marina Pfeffing, Ute Bachmann, Peggy Rähme
Klobikau: Die Linke: Alexander Sorge, Edelgard Sorge;
LSG Klobikau-Milzau 1899: Steffen Schröder, Dennis Reichenbecher, Hans-Jürgen Helbing, Jürgen Gerlach, Nico Hergeth, Gerald Lehmann
Milzau: Wählergemeinschaft Milzau: Günter Teichmann, Detlef Straßenburg, Bernd Körber, Frank Illing, Elisabeth Baumbach, Rainer Kretzschmar
Schafstädt: CDU: Herbert Reinsdorf, Klaus Andres, Elke Frank, Danny Wiedmer, Michael Kloss;
SV Germania Schafstädt: Andreas Kelm
Vorteile für Einzelbewerber: Nähe zur Stadt
Ralf Buschendorf ist eher unverdächtig, Werbeausflüge in soziale Netzwerke zu unternehmen. Ohnehin will der Einzelbewerber für den Stadtrat in Merseburg auf einen Wahlkampf verzichten: „Ich habe keine Wahlflyer, keine Kugelschreiber. Ich vertraue auf die Kenntnis, die mancher von mir hat.“
Gegenüber anderen Einzelkandidaten hat der Rentner zumindest den Vorteil, dass er durch seine Arbeit im Mehrgenarationenhaus und seine frühere Stadtratsmitgliedschaft schon einen Namen hat. Dennoch berichtet er von Problemen auf dem Weg zur Einzelkandidatur: „Es war nicht einfach, die 100 Unterschriften zu bekommen. Die Leute sind so verunsichert wegen der Datenschutzgrundverordnung, dass sie nichts mehr unterschreiben. Als Einzelbewerber muss man da schon Klinken putzen.“
„Ohne Listenplatz, als Einzelkämpfer, ist das schwierig.“
Am Ende hat Buschendorf jedoch zumindest diese Hürde übersprungen. Er sei aber illusionsfrei: „Ohne Listenplatz, als Einzelkämpfer, ist das schwierig.“ Warum er es dennoch solo versucht? Die Linksfraktion habe er damals aus persönlichen Gründen verlassen, die SPD habe ihn nicht haben wollen, andere Parteien passten aus politischen Gründen nicht.
Auch Homann tritt nicht für eine Partei an. Dennoch hat er die Lehren aus dem gescheiterten Experiment Einzelkandidatur 2014 gezogen. Damals habe er die Wahlwerbung übrigens aus eigener Tasche bezahlt. „Das mache ich jetzt auch nicht anders“, sagt er über seine erneute Kandidatur. Für die hat er sich diesmal allerdings Mitstreiter gesucht. Oder besser Mitstreiterinnen. Gemeinsam mit drei Frauen kandidiert er als Wählervereinigung. Eine Prognose, ob das zum Erfolg reicht, mag er allerdings nicht abgeben. (mz)