Willi-Sitte-Stiftung Sorge um Willi-Sitte-Stiftung in Merseburg: Warum Gemälde verkauft und Mitarbeiterin gekündigt wurde

Merseburg - Das vergangene Jahr war für die Willi-Sitte-Stiftung, die das künstlerische Erbe des Künstlers bewahrt, und auch für den Willi-Sitte-Förderverein, der die Willi-Sitte-Galerie in Merseburg betreibt, ein sehr bewegtes.
Der Förderverein trat Ende 2018 mit der Bitte an die Stadt Merseburg heran, den Mietvertrag für die Willi-Sitte-Galerie am Domplatz zu kündigen, weil dieser nicht mehr in der Lage sei, die Miet- und Betriebskosten zu tragen. Die Willi-Sitte-Stiftung wiederum sah sich 2018 gezwungen, drei Gemälde zu verkaufen, um Schulden begleichen zu können. Darüber hinaus musste die Stiftung auch ihrer Mitarbeiterin Sarah Rohrberg, der Tochter Willi Sittes, kündigen.
Johannes Langenhagen - neben Hans-Hubert Werner und Volker Seifert Mitglied des dreiköpfigen Stiftungsvorstandes - erklärt, dass der Verkauf der drei Sitte-Bilder und die Entlassung Rohrbergs in Zusammenhang stehen. Demnach habe man sich entschlossen, Werke, die, gemessen an den Motiven und der Entstehungszeit, so oder so ähnlich in der Sammlung mehrfach vorhanden seien, zu veräußern, um davon die Personalkosten für Rohrberg aufbringen zu können.
Stiftung hat Willi Sittes Tochter gekündigt
Die beliefen sich auf rund 40.000 Euro pro Jahr. Das Gründungskapital der Stiftung betrug 2005 nur 90.000 Euro. Die brachten in früheren Jahren Zinserträge von 5.000 Euro pro Jahr, heute aber nur noch 800 Euro. Auch brachen Sponsorengelder weg. Aufgrund der Diskrepanz zwischen Einnahmen und Personal-Ausgaben sah sich die Stiftung genötigt, die Reißleine zu ziehen und Rohrberg zu entlassen.
Die Kündigung sei also allein der finanziellen Verfasstheit der Stiftung geschuldet, erklärt Johannes Langenhagen. „Wir hatten die Wahl: Entweder die Personalkosten auf Null zu reduzieren oder Insolvenz anzumelden.“ Die Stiftung möchte aber auch weiterhin mit Rohrberg zusammenarbeiten.
Freilich auf der Basis, auf der auch der Stiftungsvorstand tätig ist: ehrenamtlich. Darüber hinaus wolle man sie auch künftig auf Honorarbasis in Projekte einbinden. Rohrberg gab vergangene Woche in der MZ zu bedenken, dass ohne sie, die einzige Mitarbeiterin, die inhaltliche Arbeit der Stiftung zum Erliegen käme. Aber um die satzungsgemäßen Aufgaben leisten zu können, brauche es ohnehin Partner, entgegnet Langenhagen.
Selbstkritisch merkt er an, dass man bereits vor fünf Jahren oder früher das Beschäftigungsverhältnis mit Rohrberg hätte beenden müssen, weil die finanziellen Voraussetzungen schon damals nicht gegeben waren. Dass Sarah Rohrberg neben Willi Sitte und dessen Frau Ingrid sowie ihrem Bruder zu den Stiftern gehört und gleichzeitig bei der Stiftung angestellt wurde, sei auch keine gute Idee gewesen.
Durch diese Überschneidung waren Interessenskollisionen unvermeidlich, so Langenhagen, der selbst seit 2008 zum Stiftungsvorstand gehört: „Frau Rohrbergs Position als Stifterin und damit als stimmberechtigtes Mitglied des Kuratoriums einerseits und Angestellte der Stiftung - damit funktionell und disziplinarisch dem Vorstand unterstellt - andererseits, enthielt von vornherein einen Interessenkonflikt. Umso mehr, da sie als Kuratoriumsmitglied den Vorstand zu kontrollieren und zu sanktionieren hatte“, so Langenhagen, der als Professor für technisches Design an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein einst Sittes Kollege war.
Gazprom Germania hat sich aus Kulturförderung in Deutschland zurückgezogen
Dass man Rohrberg dennoch viele Jahre beschäftigen konnte, lag nicht zuletzt an der finanziellen Unterstützung von Gazprom Germania. Das russische Unternehmen habe sich aber schon vor geraumer Zeit aus der Kulturförderung in Deutschland zurückgezogen. Von da an konnte die Willi-Sitte-Stiftung nur noch auf die finanzielle Unterstützung der Saalesparkasse setzen, so Langenhagen, die aber ihre Zuwendungen reduziert habe. Umso dringlicher sei es jetzt, die Stiftung in sichere Bahnen zu lenken.
Die Willi-Sitte-Stiftung stehe nun mit der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt in Kontakt um zu erreichen, die Sitte-Stiftung als unselbständige Stiftung in die Kulturstiftung des Landes zu übernehmen, sagt Langenhagen. Ein erstes informelles Gespräch habe bereits stattgefunden, bestätigt Christian Philipsen, der Generaldirektor der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt. „In welcher rechtlichen oder vertraglichen Form die Zusammenarbeit erfolgen kann, wurde dabei nicht besprochen und müsste zunächst geprüft werden“, so Philipsen.
Mit dem angedachten Übergang der Willi-Sitte-Stiftung in die Kunststiftung des Landes ist seitens der Sitte-Stiftung der Wunsch verbunden, den künstlerischen Nachlass Sittes, der 240 Gemälde sowie über 1 000 Grafiken und Handzeichnungen umfasst, im Kunstmuseum Moritzburg Halle unterbringen zu können.
„Der Beitrag der Kulturstiftung kann nur in einer musealen Betreuung der Sammlung (im Ganzen oder in Teilen - auch das ist offen) im und durch das Kunstmuseum Moritzburg in Halle bestehen, wobei aber in diesem Zusammenhang zunächst die Depotsituation des Kunstmuseums Moritzburg zu bedenken ist“, erklärt Philipsen.
Willi-Sitte-Stiftung: Große Werkschau 2021 geplant
Moritzburg-Direktor Thomas Bauer-Friedrich steht dem Anliegen offen gegenüber. „Erhalt, Erforschung und Präsentation des Nachlasses von Willi Sitte müssen langfristig gesichert sein. In welcher Form das möglich ist, steht noch nicht fest“, sagt Bauer-Friedrich. Den Verhandlungen zwischen beiden Stiftungen und der Familie des Künstlers wolle er daher nicht vorgreifen. „Konkrete Informationen über die Planungen kann ich zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund laufender Gespräche nicht geben“, so der hallesche Museumschef.
Die Planungen der Willi-Sitte-Stiftung reichen indes schon bis ins Jahr 2021: Dann will man gemeinsam mit der Moritzburg anlässlich des 100. Geburtstages von Willi Sitte eine Werkschau in Halles Kunstmuseum zeigen. Auch bei Vorbereitung dieser Ausstellung wolle die Stiftung von der Kompetenz Rohrbergs profitieren, betont Langenhagen. (mz)