Saalekreis Saalekreis: Mit dem Nachtwächter auf Tour
SCHAFSTÄDT/MZ. - Das Wetter muss mitspielen. Zumindest trocken soll es sein am Freitagabend und nicht bitterkalt. "Dann kommen die Leute", gibt sich Jürgen Hedler zuversichtlich und weiß von zahlreichen Nachfragen zu berichten. Am Freitagabend lädt nämlich der Heimatverein Schafstädt zum ersten Nachtrundgang durch die Stadt ein. Und Petrus ist so ein bisschen der Unsicherheitsfaktor.
Auf alles andere haben sich Nachtwächter Urban - wie er sich selbst nennt - und seine Freunde Roland, Fritz, Michael und Jürgen umsichtig vorbereitet. Hinter dem Manne mit Kutschermantel, Laterne und Hellebarde verbirgt sich Lutz Spieß. Der 44-jährige hat natürlich auch einen moderneren Beruf (Elektromonteur) und ist bereits zum Festumzug zur 450-Jahr-Feier in Schafstädt in diese Rolle geschlüpft. Da reichte eine kurze Nachfrage und er sagte zu.
Der Nachtwächter wird den Rundgang führen, während seine Freunde abwechselnd den Part des Chronisten und Erzählers übernehmen. Ursprünglich sollte es während der Zeitreise durch mehrere Straßen gehen, aber diesen Gedanken haben die Männer nach einem Probe-Lauf verworfen: Viel zu lang!
Nun führt die Strecke vom Kirchplatz durch die Marktstraße zum Markt. Treffpunkt ist am Rathaus, dessen Tür sich Schlag sieben öffnen. . .
An Stoff zum Plaudern mangelt es nicht. "Wir werden über die Geschichte der Häuser, der Bewohner und der Geschäfte erzählen", schauen Jürgen Hedler und Michael Kuhlis voraus. "Allein in der Marktstraße gab es früher mal 17 Geschäfte." Und im Gespräch mit den Gästen würden sich bestimmt noch weitere Aspekte ergeben.
Zu den traditionsreichen Gebäuden gehört auf jeden Fall die frühere "Adler-Apotheke" mit ihrem prächtigen Hauszeichen. Heute ist es ein Wohnhaus in Privathand. Vor 260 Jahren, also 1750, wurde die Apotheke eröffnet - diese Jahreszahl befindet sich auf dem Hauszeichen. Erster Inhaber war Gottfried Fincke. Mit Andreas Georg Gebhardt, einem der späteren Besitzer, soll Goethe gut befreundet gewesen sein und hier verkehrt haben.
Eine weitere Anekdote, die einer der Erzähler zum Besten geben will: Direkt am Markt soll vor zig Jahren ein Mann gewohnt haben, der Haus und Hof in einer der Spielhöllen in Monte Carlo verspielte. Durch eifrige und teilweise mühsame Recherchen haben die Mitglieder des Heimatvereins noch viele andere Geschichten, die das Leben so schrieb, herausgefunden. Aber auch Projekte im Rahmen von Ein-Euro-Jobs wie die Denkmalerfassung halfen beim Recherchieren.
Ob der Nachtwächter-Rundgang eine feste Bank im Vereinsleben wird, wird sich zeigen. "Es ist ein Versuch und wir wollen uns damit präsentieren", bekräftigt Ortschronist Jürgen Hedler. Übrigens, wer mit den Vereinsmitgliedern ins Gespräch kommen will, kann das am Ende des Rundgangs tun. Zum Abschluss gibt's im Saal des früheren "Goldenen Löwen" (der alten Turnhalle) Glühwein zum Aufwärmen.
Rundgang mit dem Nachtwächter am 26. November, Treffpunkt 19 Uhr am Rathaus in der Marktstraße in Schafstädt. Teilnahme ist unentgeltlich.