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Saalekreis Saalekreis: Ein «Struwwelpeter» für den Neuen

Von ELKE JÄGER 11.08.2010, 17:57

MERSEBURG/MZ. - Es war mehr als eine freundliche Geste. Zum Willkommen am neuen Arbeitsort schenkte der scheidende Chefarzt Wolfgang Scheffler seinem Nachfolger Dr. Gunter Vulturius ein schon älteres Buch: Den allseits bekannten "Struwwelpeter" mit Zeichnungen und Versen von Heinrich Hoffmann (1809 - 1894). Weniger bekannt ist, dass der Verfasser dieses Kinderbuch-Klassikers auch ein Kollege der beiden Männer war.

18 Jahre lang leitete Scheffler in Merseburg die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, die er mit aufgebaut hatte. Gestern wurde der 63-Jährige offiziell in den Ruhestand verabschiedet - und wenige Minuten später ein neuer Chefarzt in sein Amt eingeführt. Vulturius kehrte nach zehn Jahren in der Erwachsenenpsychiatrie damit in sein eigentliches Fachgebiet zurück.

Die Entscheidung für Merseburg sei "ein wohlüberlegter Schritt" gewesen, betont der 48-jährige Mediziner. Ein langes Gespräch mit Wolfgang Scheffler im Vorfeld habe ihn darin bestärkt. Und natürlich habe er die allseitige Unterstützung seiner Familie, vor allem seiner Frau (Neurologin und Psychiaterin). Die drei Söhne sind 27, 24 und 16, im Oktober wird ein Enkelkind erwartet. Zuhause sind Vulturius' in Markkleeberg.

Er stammt aus Schlema im Erzgebirge (und ist heute noch ein Fan des FC Erzgebirge Aue), arbeitete vor dem Studium zweieinhalb Jahre als Hilfspfleger, studierte und promovierte in Leipzig und war zuletzt Oberarzt am Sächsischen Krankenhaus in Altscherbitz. Sein großes Interesse gilt seit jeher der Kinder- und Jugendpsychiatrie. In diesem Fachgebiet könne es keine "schnellen" Behandlungserfolge geben, unterstrich er und wünscht sich eine stärkere Lobby für die jungen Patienten. Der Einzugsbereich der Ambulanz zum Beispiel sei sehr groß, im südlichen Sachsen-Anhalt fehle es an niedergelassenen Fachärzten.

Wo Neues beginnt, heißt es zuvor immer auch Abschied nehmen. In bewegenden Worten schilderten Klinikums-Geschäftsführer Lothar Peruth und Landrat Frank Bannert (CDU) persönliche Begegnungen mit dem langjährigen Chefarzt Scheffler und drückten ihre hohe Wertschätzung aus. So beschrieben sie einen Mann, der höchst ungern im Mittelpunkt steht, Ruhe ausstrahlt, Ideen entwickelt und sie verwirklicht. Die Klinik, die nach seinen Vorstellungen anthroposophisch ausgerichtet sei, habe einen guten Ruf im Land und gute Behandlungserfolge.

Der Chefarzt a.D. selbst wünscht seinem bisherigen Team und seinem Nachfolger vor allem Zeit - so viel Zeit wie nötig um die Behandlungen erfolgreich durchzuführen. Seine Tage sind weiter ausgefüllt: Öfter als bisher können er und seine Frau sich den erwachsenen Kindern (31,34,37) und den sechs Enkeln widmen, der wissenschaftlichen Arbeit und dem Reisen. Eine lange Liste mit Zielen haben ihm seine Mitarbeiter zum Abschied geschenkt.