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Neustart beim Domstadtkino Neustart beim Domstadtkino: Warum sich der Chef um das Programm als Platzmangel sorgt

Von Robert Briest 27.05.2020, 08:22
Mit Filmstreifen haben Ulrich Jacobi und sein Team die Fugen des Glasschutzes überklebt. Karten sollen nun aber bevorzugt online gekauft werden
Mit Filmstreifen haben Ulrich Jacobi und sein Team die Fugen des Glasschutzes überklebt. Karten sollen nun aber bevorzugt online gekauft werden K. Sieler

Merseburg - Durch das leere Haus zu gehen, gerade abends, wenn dort normalerweise das Leben toben würde, sei schon deprimierend gewesen, sagt Ulrich Jacobi. Er ist deshalb froh, nach zweieinhalb Monaten Zwangspause wieder loslegen zu dürfen, wenn auch mit deutlich mehr Vorschriften als zuvor. Aber der Betreiber des Merseburger Domstadtkinos ist niemand, der sich in Klagen ergeht: „Wir versuchen das Ganze weniger als Krise zu behandeln, sondern fragen, was wir daraus machen können.“ Das Motto des Neustarts lautet „Mit Abstand am besten“. Am 30. Mai sollen die ersten Filme laufen, zwei Tage später als es die Landesverordnung erlauben würde. Die Ankündigung bei Facebook sei riesig aufgenommen worden, berichtet Jacobi: „Die Freude der Leute ist groß.“

Durch die Abstandsregeln reduziert sich die Kapazität auf etwa 35 Prozent

Gäste müssen sich allerdings auf einige Änderungen im Haus einstellen. So gilt etwa Maskenpflicht solange sich der Besucher im Haus bewegt. Am Kinosessel angekommen darf die Geschichtshülle jedoch fallen, denn der nächste Nachbar ist weit. Jede zweite Reihe soll freibleiben. In den anderen Reihen sollen immer zwei Plätze belegt, zwei freigelassen werden. Wenn Familien mit mehreren Mitgliedern kämen, könne man vor Ort gucken, dass sie zusammensitzen, erklärt der Kinochef.

Für den Onlineverkauf lasse sich das aber nicht einrichten. Durch die Abstandsregeln reduziert sich die Kapazität auf etwa 35 Prozent. Wenn die bei jeder Vorstellung voll ausgenutzt würde, wäre das aber eine gute Auslastung, erläutert Jacobi, denn deutschlandweit liege die Auslastung von Kinosälen wegen der häufigen Bespielung in Normalzeiten bei 15 bis 18 Prozent.

Keine großen Neustarts im Programm wegen Corona

Auch außerhalb der Vorführräume sieht der Kinobetreiber kein Problem die Hygieneregeln einzuhalten. Das Foyer sei groß genug. Ein- und Ausgang sollen getrennt, die Filmzeiten so gelegt werden, dass sich Besucher unterschiedlicher Vorstellungen nicht begegnen. Für Tickets bittet Jacobi seine Gäste den Onlinevorverkauf zu nutzen: An Kasse und Snackbar sind Glasscheiben als Spritzschutz angebracht. Die Fugen haben die Mitarbeiter mit Filmstreifen überklebt. „Es wird auch den Verkauf von Popcorn und Nachos geben.“ Das gehöre für 90 Prozent der Gäste zum Kinoerlebnis dazu, sagt Jacobi.

Der steht beim Wiederbeginn noch vor einer anderen Herausforderung: dem Programm. Denn große Neustarts wird es Juli nicht geben. Wegen Corona haben die Verleihe die verschoben, teilweise bis 2021. Jacobi rechnet damit, dass erst Anfang August wieder etwas Schwung hineinkommt. Erst im Oktober werde man filmtechnisch über den Berg sein.

2020 das schlechteste Jahr in der Geschichte des deutschen Kinos

Vorerst stellt sich der Kinochef daher sein Programm, aus Filmen zusammen, die vor dem Shutdown gerade im Kino waren, gern gesehenen Streifen der jüngeren Vergangenheit und – im Sommer – aus Klassikern. In die erste Woche startet Jacobi unter anderem mit Disneys „Onward“, „Die Schöne und das Biest“, „Bohemian Rhapsody“ sowie „Königinnen“, einem skandinavischen Film, der notgedrungen bei Streamingdiensten Premiere feierte. 3D-Filme bleiben vorerst wegen des Hygieneaufwands für die Brillen außen vor.

Trotz seiner positiven Grundhaltung macht sich Jacobi keine wirtschaftlichen Illusionen: „Wir haben seit zweieinhalb Monaten nichts verdient, das wird sich nicht mehr ausgleichen lassen.“ Er rechnet mit dem schlechtesten Jahr in der Geschichte des deutschen Kinos. Die Branche hoffe daher noch auf staatliche Unterstützung, würde sie doch gerade in der Fläche auch einen kulturelle Aufgabe erfüllen. Ohne Hilfe, so prophezeit er, werde es für viele Filmtheater im Land eng. (mz)