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Messerangriff in Flüchtlingsheim Messerangriff in Flüchtlingsheim Merseburg: Bluttat wurde auf Video festgehalten

Von Robert Briest 09.01.2018, 13:25
Der Angeklagte (r.) wird in den Gerichtssaal geführt.
Der Angeklagte (r.) wird in den Gerichtssaal geführt. Robert Briest

Merseburg/Halle (Saale) - Absolute Stille im Gerichtssaal, die Blicke sind auf den Bildschirm in der Ecke gerichtet. Dort läuft allerdings kein Spielfilm, sondern eine auf Video gebannte Bluttat, wegen der sich seit Dienstag ein 21-Jähriger vor dem Landgericht Halle wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchtem Totschlags verantworten muss.

Bluttat in Merseburg auf Video: Angeklagter stach mehrfach auf sein Opfer ein 

Die tonlose Aufnahme zeigt den langen Flur einer Asylbewerberunterkunft in Merseburg Ende September 2017. Mehrere Männer pochen aufgeregt gegen eine Tür, sie öffnet sich, zwei Männer kommen heraus. Einer setzt sich an die gegenüberliegende Wand, der andere stürmt mit einem Messer in der Hand den Flur hinab. Das sei er, bestätigte der Angeklagte aus Guinea-Bissau via Französischdolmetscherin vor Gericht.

Auf der Aufzeichnung dreht er sich um, kehrt zum Opfer, einem Malier, zurück, redet offenbar wütend auf ihn ein. Dann ein heftiger Tritt gegen den Kopf. Kurzzeitig läuft er in das Zimmer, dann kehrt er wieder zurück. Weitere Worte, bis er zwei Mal heftig auf den Oberkörper des Opfers einsticht. Erst jetzt gelingt es einem Mitbewohner, den Angeklagten wegzuziehen. Der Malier bleibt auf dem Boden sitzen, neben ihm sind Blutflecken zu erkennen.

Bluttat in Merseburg: Verletzungen des Opfers waren lebensgefährlich

Laut Anklage soll dies der zweite Teil der Tat sein. Der Staatsanwalt wirft dem 21-Jährigen vor, bereits zuvor in dem Zimmer, das  Angeklagter und Opfer seit Juni gemeinsam bewohnt hatten, nach einem Streit die Tür verschlossen und dann mit einem Küchenmesser auf den Malier eingestochen zu haben.

Der musste nach der Tat ins Klinikum gebracht werden, die Stiche hatten ihm den Brustkorb geöffnet und den Bizeps im linken Arm durchtrennt. Aufgrund des hohen Blutverlustes waren die Verletzungen laut Anklage lebensgefährlich.

Messerattacke in Flüchtlingsheim in Merseburg: Angeklagter will sich nicht an genaue Zahl der Stiche erinnern können

Vor der Videovorführung hatte der Anwalt des eher zierlichen Angeklagten in einer Erklärung bestätigt, dass sein Mandant im Streit zum Messer gegriffen habe, allerdings ohne Tötungsabsicht. An die genaue Zahl und Abfolge der Stiche könne er sich nicht mehr erinnern.

Als Grund für die Tat nannte der Anwalt, dass der Guinea-Bissauer von dem Malier immer wieder zu Botengängen gedrängt worden sei, zudem habe dieser von ihm Geld verlangt. Auslöser am Tattag war dann jedoch wohl ein Dauerstreit über ein Fenster, das der Geschädigte jedes Mal geöffnet haben soll, wenn sich der Angeklagte hinlegte. Dieser habe das Verhalten als Missachtung seiner Person empfunden und sich auf diesem Weg Respekt verschaffen wollen.

Messerattacke in Flüchtlingsheim in Merseburg: Neid als Motiv?

Das 26-jährige Opfer, dessen Befragung sich wegen nur mäßiger Französischkenntnisse schwierig gestaltete, bestritt hingegen, vor dem Tattag Zwistigkeiten mit dem Angeklagten gehabt zu haben. Er äußerte einen anderen Verdacht: Der Angeklagte sei vielleicht eifersüchtig auf ihn gewesen, weil er einen Aufenthaltstitel für sechs Monate erhalten und die Erlaubnis bekommen habe, in Halle eine Schule zu besuchen. Der Angeklagte hingegen habe vom Amt nur Lebensmittelgutscheine erhalten.

Dem Angeklagten, der seit Januar nach Italien ausreisepflichtig ist und mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, droht im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von mindestens drei Jahren und zehn Monaten. Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage angesetzt. (mz)