Merseburger Kulturgespräch Merseburger Kulturgespräch : Fotos aus der neuen Heimat

Merseburg - Wie sehen minderjährige Flüchtlinge, die ohne ihre Eltern nach Deutschland gekommen sind, die Stadt oder die Region, die ihre neue Heimat ist? Das wollten Studenten der Merseburger Hochschule wissen. „Um das herauszufinden, durften wir 18 Jugendliche, die in Merseburg untergebracht sind, über mehrere Wochen begleiten“, erzählt Paula Franke.
„Wir durften sie beim Deutschunterricht erleben, sie haben uns gezeigt, wie sie leben. Sie haben uns erzählt oder gezeigt, was sie in ihrer Freizeit tun. Wir haben mit ihnen zusammen das Fastenbrechen gefeiert.“ Dann hat die 28-jährige Theaterwissenschaftlerin, die jetzt in Merseburg ihren Master in Angewandter Medien- und Kulturwissenschaft macht, den 18 jungen Männern jeweils eine Einwegkamera mit 27 Aufnahmen in die Hand gedrückt.
Projekt nicht zum Selbstzweck
Sie hat sie gebeten, einzufangen, was ihnen in Merseburg wichtig ist. „Die meisten Fotos zeigen die Gruppe in ihrem Alltag, beim Kochen oder mit ihren Sozialarbeitern. Fotos von Merseburg sind allerdings kaum dabei.“ Allerdings haben die Jugendlichen ja auch mit ihren Handys fotografiert. „Mal sehen, was wir dort noch an interessanten Motiven finden.“
Denn das Projekt fand nicht zum Selbstzweck statt. Es ist Teil des diesjährigen 15. Kulturgesprächs, bei dem die zu Wort kommen sollen, über sonst immer geredet wird: die Flüchtlinge. Und auch einige der jungen Flüchtlinge werden dabei sein und ihre Fotos selbst vorstellen.
Veranstaltung der Hochschule
Bei dieser gemeinsamen Veranstaltung der Hochschule mit dem Merseburger Kulturamt geht es um die Frage, wie die Flüchtlinge selbst ihr neues Lebensumfeld sehen. Georg Schütze vom Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt wird zu Wort kommen, Miao-Ling Hasenkamp von der Uni Magdeburg wird über Integrationsmodelle im internationalen Vergleich sprechen. Außerdem sucht man Antworten auf die Frage, wie Kultur im Alltag und in der Bildung zur Integration beitragen kann. Deshalb sind an diesem Tag auch Vertreter des Mehrgenerationenhauses, das Frauencafé des Kirchenkreises oder auch das Netzwerk weltoffener Saalekreis eingeladen.
Doch man wird auch über den Tellerrand schauen, um die Arbeit anderer deutscher Kulturinitiativen kennenzulernen. „Sehr interessant finde ich die Gruppe Schüler für Flüchtlinge aus Bischofswerda, denn wenn sich Schüler von sich aus für Menschen engagieren, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten, ist das schon etwas ganz Besonderes“, sagte Kulturamtsleiter Michael George. Aus Berlin ist übrigens die Initiative „Kultur öffnet Welten“ eingeladen, aus München das Projekt „Kino Asyl“. Mit dabei ist aber auch „Müzik-Stüdyo.74“ aus Leipzig - hier bekommen Jugendliche Bandcoaching, Instrumental- und Gesangsunterricht von Profimusikern.
Dialog anstoßen
Nachdem die bisherigen Kulturgespräche immer von Erstsemestern der Hochschule mitgestaltet wurden, liegt die Organisation erstmals in den Händen erfahrenerer Masterstudenten, die das Seminar „Soziale Integration durch zivilgesellschaftliche Kulturarbeit“ belegt hatten. „Unser Ziel ist es, mit diesem Kulturgespräch einen dauerhaften Dialog anzustoßen und neue Initiativen und Kooperationen anzuregen“, sagt Eszter Dunkl (27).
„Und wenn es am Ende schwer wird, die Leute zum Nachhausegehen zu bewegen, weil sie einfach noch weiter miteinander reden wollen - dann haben wir unsere Sache ganz gut gemacht“, schmunzelt Masterstudent Jan Batzer (27).Freitag, 21. Oktober, 15. Merseburger Kulturgespräch im Ständehaus, ca. 14 bis 18 Uhr.
Programm und Anmeldung unter www.merseburg.de/media/2016/anmeldung.pdf
(mz)