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Merseburg Merseburg: Zwei Leben gerettet, aber Job verloren

Von UNDINE FREYBERG 02.10.2011, 18:16

MERSEBURG/ANSBACH/MZ. - "Ich hab' gesehen, wie es passiert ist und wie sofort eine riesige Stichflamme aus dem Motorraum schoss", erinnert sich Kay Schmidt an den Morgen des 22. August. Er war mit seinem 40-Tonner auf der A 6 bei Ansbach in Bayern unterwegs, als vor ihm ein Kleinwagen auf einen davor fahrenden Lkw auffuhr und darunter stecken blieb. "Ich habe sofort angehalten und die rechte Fahrspur dichtgemacht, habe meinen Feuerlöscher geschnappt und bin losgerannt", erzählt der Merseburger. An sich selbst habe er keine Sekunde gedacht. "Heute weiß ich, ich hätte tot sein können."

Für so viel Mut und dafür, dass er ein Geschwisterpaar vor dem möglichen Flammentod gerettet hat, ist Kay Schmidt jetzt als "Held der Straße" ausgezeichnet worden. Vom Reifenhersteller Goodyear bekam er einen Pokal, die Allianz legte noch ein hochwertiges Handy und einen Jahresvertrag für einen Automobilclub obendrauf. "Ich bin sehr beeindruckt von dem, was Herr Schmidt getan hat", sagte Versicherungsfrau Kerstin Poser. "Die Auszeichnung gibt es seit vielen Jahren, aber ich denke nicht, dass schon mal jemand aus Merseburg-Querfurt ausgezeichnet wurde."

Für Kay Schmidt war der Moment der Ehrung aber alles andere als ein tolles Gefühl. "Da ist alles nochmal hochgekommen, und ich hatte die schrecklichen Bilder von der Autobahn wieder vor Augen."

In dem brennenden Kleinwagen saß eine junge Frau am Steuer, den Kopf auf dem Lenkrad und scheinbar bewusstlos. "Dann wurde sie wach und nachdem ich den Brand gelöscht hatte, haben wir irgendwie gemeinsam die Tür aufgekriegt und sie konnte raus." Dann habe die junge Frau nur gesagt "mein Bruder". "Erst da habe ich gesehen, dass noch jemand auf dem Beifahrersitz saß, bis zum Brustkorb eingeklemmt", erzählt der 43-jährige Merseburger. Er habe ihm jedoch nicht sofort helfen können, da das Auto wieder anfing, zu brennen.

"Also bin ich losgerannt und habe einen zweiten Feuerlöscher geholt, weil der erste leer war. Und als ich losrannte, habe ich etwas Unglaubliches erlebt: Ein Lkw bremste, sah kurz rüber und fuhr weiter." Kay Schmidt schüttelt den Kopf. Auf dem Rückweg zum Auto sei dasselbe nochmal passiert. "Niemand hat angehalten, um zu helfen." Mit dem zweiten Feuerlöscher löschte er den brennenden Motorraum. Schmidt war die ganze Zeit selbst in Lebensgefahr. "Das Ding hätte jederzeit hochgehen können." Dann wandte er sich Tobias, dem Bruder von Kathrin Hoffmann zu. "Wir bekamen die Beifahrertür nicht auf, deshalb musste ich ihn durch den Kofferraum rausholen. Ich sagte ihm, er solle versuchen, Arme, Bein und Becken zu bewegen." Dann zog er den 90-Kilo-Mann aus dem Auto. Schmidt selbst wiegt nur 75 Kilo. "Aber ich habe unheimliche Kräfte entwickelt, alles lief ab wie im Film."

Aufgrund seiner Hilfsbereitschaft kam Schmidt zu spät zu den nächsten Kunden. Obwohl er Gefahr lief, seine Lenkzeit zu überschreiten, forderte ihn sein Arbeitgeber, den er über den Unfall informiert hatte, auf, an anderer Stelle noch Ladung aufzunehmen. Als Schmidt das nicht tat, wurde er fristlos gekündigt. Hat er schon einen neuen Job? Schmidt: "Das nicht, aber ich habe ein Angebot."