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Merseburg Merseburg: Schandfleck weicht, Solarpark kommt

Von Dirk Skrzypczak 05.03.2012, 18:43

Merseburg/MZ. - Es kracht und knackt im "Blauen Wunder". Arbeiter einer Abrissfirma brechen die Fensterrahmen heraus, reißen Deckenverkleidungen herunter. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird aus den Fenstern nach unten geworfen. Dort packt ein Bagger den Sperrmüll mit seiner Schaufel und schüttet die Bruchstücke in Container. Die Hochhausruine, bis Anfang der 1990er Jahre saß hier die Forschungsabteilung der Leuna Werke, wird abgerissen. Endgültig. Schon Mitte März soll der Schandfleck in der Geusaer Straße verschwunden sein. Doch was wird aus dem geplanten Photovoltaik (PV)-park der Firma Arctech aus Sachsen?

"Wir werden die Anlagen bauen. Es gibt unsererseits keinen Rückzieher", sagt Frank Korda, Prokurist im Unternehmen. Damit steuert der Anbieter aus dem Ort Claußnitz, der den Park mit einer Spitzenleistung von zunächst 4,5 Megawatt schlüsselfertig bauen und dann an einen Investor verkaufen will, gegen den allgemeinen Trend. Dass die Bundesregierung die Stromerzeugung aus Solarmodulen drastisch kürzen will, und zwar noch in diesem Frühjahr, hat Mitbewerber von Arctech verschreckt. Die Stadtwerke Merseburg beispielsweise haben von ihren Vorstellungen vorerst Abstand genommen, den Photovoltaikpark in Beuna von 4,5 auf acht Megawatt Einspeiseleistung zu erweitern. Eine Vorsicht, die viele Unternehmen der Branche teilen.

Nicht so die Arctech. "Ich halte es für ausgeschlossen, dass es innerhalb der nächsten Wochen in Berlin zu einer verbindlichen Entscheidung über die Solarförderung kommen wird, die dann auch sofort greift. Das ist Unfug", glaubt Korda und lässt an der Bundesregierung kein gutes Haar. Unausgegoren und inkompetent seien die Pläne, die seit Tagen durch die Öffentlichkeit geistern. "Wenn die Regierung sagt, dass Investoren nur 90 Prozent des eingespeisten Stroms nach dem Erneuerbare Energiengesetz vergütet bekommen und die restlichen zehn Prozent selbst verkaufen sollen, dann kennt man sich in Berlin offenbar nicht mit der Marktsituation aus." So sei das überregionale Vermarktungsrecht für Strom auf wenige Konzerne aufgeteilt. "Wenn man das kippt, wäre es das Ende der großen Versorger", ist Korda überzeugt.

Dennoch treibt die Arctech GmbH ihr acht bis zehn Millionen Euro teures Projekt im Merseburger Westen mit Hochdruck voran. Ist der Park nämlich erst einmal am Netz, bliebe er vom Streichkonzert verschont, so es denn doch in Kürze verabschiedet wird. Nach Aussagen von Korda verhandele man mit zwei potenziellen Kaufinteressenten. In den nächsten zwei Wochen soll die Tinte unter den Vertrag gesetzt werden.

Unterdessen geht der Abriss des "Blauen Wunders" an der Geusaer Straße weiter. Dort, wo der 100 Meter lange Neungeschosser noch steht, soll eine Grünanlage angelegt werden. Derweil wird auch das ehemalige Militärgelände am Hochhaus, der künftige PV-Park, für den Aufbau der Solarmodule vorbereitet. In fünf bis sechs Wochen werden laut Korda die ersten Komponenten angeliefert.