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Merseburg Merseburg: Endstation Weiße Mauer?

Von DIRK SKRZYPCZAK UND MICHAEL TEMPEL 01.06.2011, 18:27

MERSEBURG/MZ. - Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) hat in einem Brief an die Landesregierung angekündigt, aus Sicherheitsgründen die marode Straße vor dem Carl-von-Basedow-Klinikum ab August für den öffentlichen Verkehr sperren zu wollen. Grund ist ein einsturzgefährdeter Abwasserkanal unter der Fahrbahn. Eine Sperrung würde auch die Straßenbahnlinie 5 betreffen. Die Strecke zwischen Halle-Ammendorf und Bad Dürrenberg, mit 30 Kilometern eine der längsten Überlandverbindungen Europas, wäre damit unterbrochen.

Die Stadt verweist auf die aktuelle Stellungnahme eines Leipziger Ingenieurbüros. Die Gutachter schlagen Alarm und sehen in dem 1903 gebauten Kanal eine akute Gefahr. Die Wahrscheinlichkeit, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit eintreten könne, bestehe mehr denn je, heißt es im Fazit. "Wir können die Sicherheit des Verkehrsweges nicht mehr garantieren", erklärt Bühligen. Gleichzeitig zieht er gegenüber der Havag die Daumenschrauben an. Das Unternehmen sei nicht bereit, seinen Eigenanteil an der Sanierung der Gleisanlagen zu übernehmen. "Damit blockiert die Havag Fördermittel des Landes. Diese Situation ist untragbar", kritisiert Bühligen. Auch in seinem Schreiben an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) geht der Oberbürgermeister deshalb mit der Havag hart ins Gericht und bittet Haseloff um Hilfe.

Havag zurückhaltend

Die Havag wollte sich zu Bühligens Brief, der auch das Verkehrsunternehmen als Adressaten ausweist, am Mittwoch nicht äußern. "Der Brief liegt uns noch nicht vor. Also können wir dazu keine Stellung nehmen", sagte Pressesprecherin Antje Prochnow. Ihr zufolge sei man mit der Stadt Merseburg zu dem Straßenbauprojekt seit langem im Gespräch. "Wir sind eingebunden und wenn gebaut wird, werden wir die Gleise und die Oberleitungen auch neu bauen", sagte sie. In welchem Umfang sich die Havag beteiligt und wann das Geld eingeplant ist, ließ Prochnow offen. Ob und wie die Linie bei einer Sperrung aufrechterhalten werde, müsse ebenfalls noch geklärt werden, so Prochnow weiter.

Die Stadt Merseburg veranschlagt für die Sanierung des Straßenzuges (von Weißer Mauer bis einschließlich Dammstraße) und des Kanals rund 9,5 Millionen Euro. 6,2 Millionen Euro soll das Land an Fördermitteln beisteuern, den Rest müssten sich Stadt, Abwasserzweckverband und die Havag teilen. Bühligen beziffert den Anteil des Verkehrsunternehmens auf rund 1,1 Millionen Euro. Allerdings habe der Saalekreis Bereitschaft signalisiert, einen Großteil des Havag-Beitrages zu übernehmen - wenn der Kreistag zustimmt. Die Verkehrs AG müsste dann noch etwa 300 000 Euro selbst berappen. Die Straßenbahnlinie 5 wird zu je einem Drittel aus Zuschüssen der Stadt Halle, des Saalekreises und aus Ticketerlösen finanziert. "In diesem Vertrag ist eine Beteiligung an Investitionen der Havag vorgesehen", sagt Kreissprecherin Kerstin Küpperbusch. Zur angekündigten Sperrung schweigt der Kreis.

Klinik fordert Zugang

Nicht so Lothar Peruth, Geschäftsführer des Carl-von-Basedow-Klinikums. "Bei Gefahr in Verzug muss gehandelt werden. Allerdings muss sichergestellt bleiben, dass der Zugang zur Klinik für Patienten wie Besucher auch bei einer Straßensperrung und späteren Baumaßnahmen garantiert ist." Die Stadt sichert bislang zu, die Zufahrt für Rettungswagen und Krankentransporte gewährleisten zu wollen. Bis Ende Juli soll zudem das Tempolimit von 20 Stundenkilometern vor dem Klinikum Bestand haben. Eingeführt wurde es im Oktober 2010. Für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen ist die Weiße Mauer seitdem tabu.