Leuna Leuna: Balkone und Carports für die Gartenstadt
Leuna/MZ. - Einst ein Synonym für die geschundene Umwelt zeigt sich Leuna heute als grüne Oase und architektonisches Kleinod. Sein Kernstück ist die historische Gartenstadt, die einst nach den Plänen des Architekten Karl Barth in den Jahren 1917 bis 1927 errichtet wurde. Mit seinen knapp 1 00 Hektar ist sie die größte Gartenstadt in ganz Deutschland. Hier wohnen rund 5 000 Menschen mit einem hochmodernen Industriestandort in der Nachbarschaft ruhig und im Grünen.
Wer in der Gartenstadt an seinem Haus An- und Umbauten vornehmen oder es gar komplett sanieren will, muss sich sehr genau informieren und entsprechende Genehmigungen einholen. Denn: Damit das architektonische Kleinod erhalten bleibt, wurde die Siedlung 1997 vom Landesamt für Denkmalschutz als Flächendenkmal - das größte im Saalekreis - eingestuft. "Seitdem müssen sich bei der Sanierung die Ideen Karl Barths widerspiegeln", sagt Fachbereichsleiter Silvio Lämmerhirt.
Das bedeutet beispielsweise, dass knallige Farben für Dach und Fassade sowie weiße Haustüren eigentlich verboten und Sprossenfenster ein Muss sind, insofern die Gebäude früher welche hatten. Diese gestalterischen Vorschriften und noch einige mehr waren bis vor kurzem in den für die Gartenstadt bzw. deren Teile geltenden vier Bebauungsplänen verankert, die die Stadt bis 2004 erarbeitet hatte. Doch nun hat das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2010 seine Bauordnung geändert. "Darin ist festgelegt", so Lämmerhirt, "dass örtliche Bauvorschriften nur noch eine Gültigkeit von fünf Jahren haben."
Um die Gestaltungsvorschriften für die Gartenstadt dennoch zu retten, wurden sie nun in einer Satzung verankert, die der Stadtrat auf seiner jüngsten Sitzung mit einem ganz knappen Stimmergebnis verabschiedet hat. Die Satzung ermögliche, so Lämmerhirt, ein effektiveres Arbeiten, weil sie vom Stadtrat schnell geändert werden könnte, während das bei B-Plänen wesentlich schwieriger und aufwendiger wäre.
Im Zuge der Erarbeitung der Satzung wurden aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre auch einige Änderungen vorgenommen. So ist es jetzt möglich, Wintergärten, Balkone, Garagen oder Carports anzubauen oder öffentliche Stellflächen zu schaffen. Auch die Errichtung von Solaranlagen ist möglich, vorausgesetzt natürlich, dass die Statik stimmt und die erforderliche Baugenehmigung vorliegt.
Die Neuerungen änderten allerdings nichts daran, dass die Satzung vom Stadtrat heftig kritisiert wurde. Nach Meinung einiger Räte würde sie der heutigen Zeit nicht mehr gerecht werden und die Bürger gängeln, hieß es unter anderem. Anderen Stadträten gehen die Bestimmungen nicht weit genug. "Wir wollen die Gartenstadt erhalten, aber nicht als Museum, sondern angepasst", sagte Gerta Bürkner (Die Linke).
Die neue Satzung kann man sich im Rathaus ansehen oder mitnehmen, sie soll auch im Internet veröffentlicht werden. Ansonsten ist der Fachbereich Bau Ansprechpartner für alle Fragen. Lämmerhirt: "Wir erklären den Bürgern, was geht und was nicht und geben Hinweise für die notwendigen Anträge für den Denkmalschutz."