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Kulturzentrum Merseburg Kulturzentrum Merseburg: Umstrittener Imam sorgt für Diskussionen

Von Michael Bertram 28.09.2015, 06:29
Beim Opferfest konnten die Gäste auch ein Theaterstück erleben.
Beim Opferfest konnten die Gäste auch ein Theaterstück erleben. P. Wölk Lizenz

Merseburg - Das völlig leer gefegte Buffet verdeutlichte den Ansturm auf das Islamische Kulturzentrum in Merseburg am vergangenen Wochenende wohl am deutlichsten. Unzählige Menschen, Muslime wie Andersgläubige, waren in das Objekt in der Dammstraße gekommen, um gemeinsam das Opferfest zu feiern, übrigens das höchste Fest im Islam.

Geboten wurden jedoch nicht nur allerhand orientalische Delikatessen, sondern auch Theater, Musik und viele Informationen rund um den Islam, seine Bräuche und die Gläubigen. Einen Höhepunkt stellte dabei ganz sicher der Vortrag des umstrittenen Imams Abdul Adhim Kassoum dar. Dieser ist als Salafist verschrien, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Jahrelang predigte er in der Berliner Al-Nur-Moschee, die als Hort der Hassprediger gilt. Bundesweit bekannt wurde der Imam durch einen Auftritt beim TV-Talk von Günther Jauch, bei dem er den Islam als wunderbare und warmherzige Religion dargestellt haben soll - eine Aussage, die im Kontrast zu aktuellen Bildern aus vielen Teilen der muslimischen Welt steht.

Aus Protest schickte die Stadt keinen Vertreter zu der Veranstaltung und auch der Landkreis war nur durch Tatjana Lorenz, die Integrationsbeauftragte, vertreten. „Das ist schade“, klagte Daniel Stahnke, Schirmherr des Bündnisses der Migrantenselbstorganisationen im Saalekreis. „Mit Veranstaltungen wie dieser wollen wir Brücken bauen, und wenn die Leute dann davor stehen bleiben, ist das eine vertane Chance.“

„Ich leiste Aufklärungsarbeit“

Er selbst hatte den umstrittenen Imam eingeladen, der sich bei seinem Vortrag allerdings unerwartet aufgeklärt zeigte. „Ich leiste Aufklärungsarbeit“, kündigte er seinen Zuhörern gleich zu Beginn an. „Das Bild, dass die Menschen vom Islam haben, ist ein falsches, das von den Medien geprägt ist“, übte er gleichzeitig auch Medienkritik. In seinem Vortrag versuchte er zu erklären, wie denn etwa der Terror des Islamischen Staates zum Islam als Religion der Barmherzigkeit und des Friedens passe. „Das was der IS macht, ist die Folge davon, wenn man auf falsche Interpretationen des Koran hört“, deutete er. Menschen könnten irren und andere fehlleiten.

Zudem halte er nichts davon, anderen Menschen einen Glauben aufzuzwingen. „Zum islamischen Glauben muss man sich aus freien Stücken bekennen“, sagte der Imam. Auch sei es die Entscheidung der Frau selbst, ob sie nun ein Kopftuch tragen möchte oder nicht. „Ich trete auch mit ganzem Herzen dafür ein, dass Staat und Religion voneinander zu trennen sind.“ Ähnlich liberal zeigte sich Kassoum auch in einer Diskussion mit dem Publikum, bei der ihm einige unbequeme Fragen gestellt wurden.

„Wir wollten einen Bürgerdialog anbieten, das haben wir geschafft“, zog Stahnke derweil ein positives Fazit. So wolle man auch in Zukunft streitbare Redner einladen, um Diskussionen anzuregen. (mz)