Jugendamt Saalekreis Jugendamt Saalekreis: Zäher Kampf hat ein Ende

Merseburg/Bad Dürrenberg - Es verging in den vergangenen Wochen fast kein Tag, ohne neue Hiobsbotschaft. „Daraus könnte man echt eine Fortsetzungsserie schreiben“, sagt Susanne Stieler und lacht. Galgenhumor. Doch das hat nun ein Ende. Auch dank des Einsatzes der MZ.
Dass die 34-Jährige seit ein paar Wochen Oma ist, war bisher das einzig Positive. „Ja, ich habe selbst früh meine erste Tochter bekommen“, greift sie der aufkommenden Frage vor. 18 Jahre ist ihre älteste Tochter. Und im August brachte diese Amelie-Sophie zur Welt.
Während Jung-Oma Stieler versucht, beim Durchblättern des mit Bescheiden, Protokollen und Gerichtsbeschlüssen zur Frage der Erziehungsberechtigung bereits randvoll gefüllten Aktenordners die Fakten zu sortieren, schläft die kleine Enkelin friedlich. Welchen Kampf sie mit Ehemann Heiko hinter sich hat, das bekam Amelie-Sophie zum Glück nicht mit.
Zur Fremdadoption gedrängt
Stielers älteste Tochter wollte das Kind nicht behalten. Zu Beginn der Schwangerschaft war sie 17 und mitten in einer Ausbildung. Für eine Abtreibung war es bereits zu spät. Also entschlossen sich Susanne und Heiko Stieler, die Pflegschaft für das noch ungeborene Kind zu übernehmen. Obwohl das Verhältnis zur Tochter schwierig ist und der tatsächliche Kindesvater nicht feststand. Mittlerweile ist der Kontakt sogar ganz abgebrochen, die Tochter kurz nach der Geburt am 18. August unbekannt verzogen. Immerhin, mit der Übergabe der Pflegschaft an ihre Eltern war sie einverstanden.
„Wir haben dennoch lange überlegt, ob wir das machen“, blickt Susanne Stieler zurück. Sie selbst zieht noch drei weitere Kinder im Alter von vier, fünf und 14 Jahren groß. „Aber Amelie-Sophie ist unser Enkel und soll in unserer Familie groß werden“, findet sie.
Warum sich die Mitarbeiterin im Pflegekinderdienst quer stellte, lesen Sie auf Seite 2.
Im Juni stellten alle zusammen beim Amtsgericht Merseburg einen Antrag auf Übertragung der Personen- und Vermögenssorge für das noch ungeborene Kind. Doch die zuständige Mitarbeiterin im Pflegekinderdienst im Jugendamt des Saalekreises stellte sich quer. „Eine Pflegeschaft komme für uns nicht in Frage, wurde uns da erklärt“, so Stieler. Zum einen sei die Tochter volljährig und nach Ansicht der zuständigen Mitarbeiterin in keiner Weise in ihrer Erziehungs- und Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Es bestehe keine Notwendigkeit, die Familienpflegeschaft an die Großeltern Stieler zu übertragen.
Die Vollzeitpflege ist eine Form der Hilfen für Eltern, welche die Versorgung und Erziehung ihrer Kinder nicht alleine bewältigen können. Sie bedeutet die zeitweise oder dauerhafte Unterbringung eines Kindes in einer Pflegefamilie oder Erziehungsstelle. Weitere Informationen und Kontakte gibt es im Internet: www.saalekreis.de unter dem Menüpunkt Bildung, Familie und Gesellschaft
„Unsere Tochter wurde gleichzeitig dazu gedrängt, das Kind zur Fremdadoption freizugeben, denn es gebe ja Paare, die keine Kinder bekommen können, während wir ja schon eine Familie sind“, gibt Susanne Stieler die weiteren Ausführung der Mitarbeiterin aus ihrer Sicht wieder. Diese habe zudem angedroht, das Kind der jungen Mutter wegzunehmen. Dabei hatte doch gerade eine andere Abteilung des Jugendamtes, die wirtschaftliche Jugendhilfe, welche sich bereits vorher um die Tochter kümmerte, dazu geraten, die Familienpflegschaft zu beantragen.
Die Stielers schalteten nun ihre Anwältin Uta Reulecke ein. Reulecke bestätigte gegenüber der MZ, dass die Probleme der Stielers kein Einzelfall seien. Selbst nachdem das Familiengericht den Stielers die Familienpflegschaft mit Personen- und Vermögenssorge zusprach, waren die Probleme nicht beseitigt. „Unter anderem wurde uns das Pflegegeld verweigert, die Anträge dazu nicht mal entgegen genommen. Und Sozialhilfe konnten wir auch nicht beantragen, weil wir keine negativen Bescheid zum Pflegegeld vorweisen konnten“, verdeutlicht Susanne Stieler das Dilemma. „Wir waren schon soweit, auf jegliche Gelder zu verzichten, nur um unser Enkelkind bei uns behalten zu können und keinen Ärger mehr zu haben.“
Bewegung nach Anfrage der MZ
Erst auf Anfrage der MZ bei der Pressestelle des Saalekreises kam Bewegung in die Sache. Pressesprecherin Kerstin Küpperbusch teilte schriftlich mit: „Offensichtlich wurden Äußerungen der Sachbearbeiterin als unfreundlich betrachtet. Möglicherweise war das auch so.“ Mit der Sachbearbeiterin wurde die Angelegenheit aber umgehend intern ausgewertet. Die Familie könne sich wegen eventueller Anträge mit dem Jugendamt in Verbindung setzen, „sofern gewünscht auch mit einer anderen Sachbearbeiterin, um eventuelle Befindlichkeiten zu vermeiden“, so Küpperbusch.
Mittlerweile waren die Stielers beim Amtsleiter und kehrten mit einem strahlendem Gesicht nach Hause zurück. Susanne Stieler erzählt voller Freude: „Er hat uns noch einmal alles genau erklärt, seine Hilfe angeboten und sofort beim Sozialamt angerufen, damit dort unser Antrag für die Kleine umgehend bearbeitet wird. Wir sind unendlich froh, dass jetzt endlich alles gut läuft. (mz)