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Krieg der Sternchen Hochschule Merseburg ringt um geschlechtergerechte Sprache

Von Michael Bertram 15.05.2018, 06:00
In einem offenen Brief wird eine Sprachregelung kritisiert.
In einem offenen Brief wird eine Sprachregelung kritisiert. Michael Bertram

Merseburg - Die Mannschaft wird zum Kollektiv, der Magier zur Zauberkunst ausführenden Person: Zugegeben, ganz so kompliziert wie bei diesen Beispielen ist es für die Beschäftigten der Hochschule Merseburg nicht, wenn es darum geht, eine Sprache zu verwenden, die allen Geschlechtern gerecht wird.

Also Männern genauso wie Frauen und neuerdings auch Intersexuellen. Und doch führt jetzt die schwierige Frage, ob und wie man künftig einheitlich Anschreiben verfasst, auf dem Campus zu einer energisch geführten Debatte.

Von Damen und Herren bis zum Gendersternchen

Schon lange ist es üblich, dass zum Beispiel Politiker - pardon, Menschen in der Politik - bei Reden und Grußworten sowohl die weiblichen als auch männlichen Anwesenden gesondert begrüßen. Das klassische Damen und Herren kennt jeder.

Und auch mit dem Binnen-I, einer optisch gewöhnungsbedürftigen Erscheinung, sind inzwischen die meisten vertraut. Obwohl sie sprachlich keinen Sinn macht, verdeutlich die Majuskel, dass sowohl Männlein wie Weiblein gemeint sind.

Für geschlechtergerechte Sprache gibt es verschiedene Optionen

Um jedoch auch solchen Menschen gerecht zu werden, die sich weder als Mann noch als Frau fühlen, folgten zunächst die Gender-Gap (Geschlechterlücke), die in Form eines Unterstrichs zwischen der männlichen Wortform und der femininen Endung auftritt.

Zuletzt wird der Unterstrich immer öfter durch das sogenannte Gendersternchen ersetzt, gegen das sich an der Hochschule Merseburg nun Widerstand regt.

Hochschule Merseburg will einheitliche Regeln

Ende März hatte die Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule, Kathrin Stritzel, über einen E-Mail-Verteiler für Hochschulmitarbeiter darüber informiert, dass das Rektorat beschlossen hat, das Gendersternchen allen Kollegen als einheitliche Schreibweise zu empfehlen.

„Bislang hat jeder geschrieben, wie er wollte“, erklärt Stritzel auf MZ-Nachfrage den Hintergrund. Als Hochschule müsse man jedoch insbesondere nach außen einheitlich nach auftreten.

Protest gegen Regelungs-Vorschlag des Rektorats

Das sehen jedoch nicht alle so. Gut einen Monat dauerte es, bis Chemie-Professor Thomas Rödel einen Offenen Brief verfasste, der auch der MZ zugespielt wurde.

„Eine neue Schreibweise, mit dem Eingriff in das Persönliche jedes Einzelnen lässt sich meines Erachtens nicht zentral beschließen oder gar als sogenannte ’Empfehlung’ des Rektorats festsetzen“, kritisiert der Professor in dem Offenen Brief. Hierzu bedürfe es einer großen und offenen Diskussion.

Professor empfindet andere Anrede als Gängelung

Zudem legt Rödel weiter nach: „Ich bin ein Mann, wurde als solcher geboren und fühle mich auch so. Ich möchte mich in der Anrede als Mann identifiziert finden.“ In der Empfehlung erkennt Rödel darüber hinaus eine Gängelung.

Der Professor steht mit seiner Kritik an dem Vorstoß der Hochschule indes nicht alleine da: Thomas Noßke von der Hochschulbibliothek verweist auf das nach Rechtschreibung nicht anerkannte Gendersternchen.

Hochschule Merseburg will über geschlechtergerechte Sprache diskutieren

„Der Asterisk ist lediglich ein typografisches Zeichen ohne jegliche Funktion in der deutschen Sprache“, gibt er zu bedenken und plädiert ebenfalls für eine Diskussion.

Angesprochen auf seinen offenen Brief wollte sich Thomas Rödel gegenüber der MZ nicht zu der Debatte äußern. „Das ist ein heißes Eisen“, sagte er.

Immerhin haben die Kritiker aber wohl eines erreicht: Die Hochschule plant tatsächlich eine Diskussion über die Sprachregelung. Ende Mai soll diese stattfinden. (mz)