Gerhardt-Orgel der Merseburger Stadtkirche: Gerhardt-Orgel der Merseburger Stadtkirche: Kein Tüv mehr für die alte Dame

MERSEBURG - Viele Töne klingen schief. Manche sogar regelrecht kraftlos. Am Sonntag ab 17 Uhr heißt es Abschied nehmen. Denn anlässlich des Jubiläumskonzerts „15 Jahre Kammerorchester Halle“ erklingt die Orgel der Stadtkirche St. Maximi zum vorerst letzten Mal innerhalb eines Konzerts. Der Grund: Die Königin der Instrumente gleicht eher einer in die Jahre gekommenen alten Dame, die unendlich viele Zipperlein hat. „Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo nichts mehr geht“, sagt Kantor Stefan Mücksch. „Wenn die Orgel ein Auto wäre - wir würden sie nicht mehr durch den Tüv kriegen“, versucht Organist Denny Wilke, der das Konzert am Sonntag spielen wird, die dramatische Situation zu erklären. Die 1876 vom Merseburger Orgelbauer Friedrich Gerhardt (1826-1922) als große dreimanualige Orgel mit 47 Registern erbaute Orgel muss nämlich dringend restauriert werden. Die immer wieder durchgeführten Reparaturen haben das Instrument immer weiter verändert. Ziel der Restaurierung ist, den Urzustand wieder herzustellen. Und dafür sind 270.000 Euro nötig.

Für das Konzert am 19. April hat MZ unter Ausschluss des Rechtsweges 2x2 Freikarten verlost. Die Gewinner sind Gerhard Königer aus Merseburg und Carmen Geißler aus Bad Lauchstädt. Die Karten liegen gegen Vorlage des Personalausweises an der Tageskasse, wo auch noch Karten erhältlich sind (14 Euro).

„Zum Beispiel wurden die Orgelpfeifen im Ersten und Zweiten Weltkrieg ausgebaut, und für die Rüstungsindustrie verwandt“, erzählt Wilke. Man könne das ja auch sehen. Die Prospektpfeifen (die großen sichtbaren Pfeifen) seien zum Beispiel heute aus Zink. „Normal ist das eine Zinnlegierung.“

In den vergangenen Monaten und auch jetzt vor dem Konzert hatte Orgelbauer Christian Scheffler (hat auch die Ladegast-Orgel im Dom mitrestauriert) Not-OPs durchgeführt, um die Spielbarkeit der Orgel zu erhalten. In der Woche vor dem Konzert muss Denny Wilke trotzdem viermal an der Orgel in der Stadtkirche üben, um zu wissen, welche Klippen er umschiffen muss. Zum Auftakt des rund einstündigen Konzerts erklingt übrigens das wohl bekannteste Werk für Orgel: die Toccata und Fuge in d-Moll von Johann Sebastian Bach.

„Wir werden am Sonntag zum ersten Mal zu Spenden für die Orgel aufrufen und hoffen auf ein großes Echo“, sagt Stefan Mücksch, der das Konzert mit dem Kammerorchester leiten wird. (mz)

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