Garagenpacht in Merseburg Garagenpacht in Merseburg: Ärger über Steigerung um 100 Prozent

Merseburg - Die Meinungen gehen wahrscheinlich auseinander. Die einen sagen - okay, dann bezahlen wir das eben. Manche werden sagen: Eine Erhöhung um 100 Prozent - unmöglich!
Wolfgang Claus gehört zu letzterer Gruppe. 1973 wurde die sogenannte Leuna-Glocke für seine Garage hinter dem Heizwerk in West gesetzt. 2006 wurde das Nutzungsentgelt für den Grund und Boden von 30,68 auf 92 Euro erhöht. Statt 92 Euro pro Jahr soll Claus nun ab 1. Januar 180 Euro Pacht für das Grundstück, auf dem seine Garage steht, bezahlen. Er sagt: Eine solche Erhöhung gehe nicht so einfach. Da würden durch die Stadt Merseburg geltende Gesetze missachtet.
„Verordnung über eine angemessene Gestaltung von Nutzungsentgelten“
Er spielt auf die bundeseinheitliche „Verordnung über eine angemessene Gestaltung von Nutzungsentgelten“, die sogenannte Nutzungsentgeltverordnung, an. An die müssen sich Kommunen halten, wenn sie die Pacht für Garagengrundstücke anheben wollen. „Ich verlange außerdem eine Begründung für die Erhöhung, und ich frage mich, was die Anpassung an marktübliche Preise bedeuten soll“, so Claus. Um das zu erfragen, war er auch bei Bürgermeister Bellay Gatzlaff vorstellig geworden, doch mit den Antworten war er nicht zufrieden. „Die Kosten für die Stadt sind doch nicht gestiegen, oder?!“
„Im Rahmen der Diskussion um die Haushaltskonsolidierung hatte die Stadtverwaltung im Jahr 2017 vorgeschlagen, die Miete für Garagengrundstücke von 7,67 Euro pro Monat auf 10 Euro anzuheben“, sagte Gatzlaff auf MZ-Anfrage. In der Diskussion mit den Stadträten habe man sich allerdings auf 15 Euro monatlich geeinigt, wie es dann auch vom Stadtrat beschlossen wurde.
Gatzlaff: Unsere Recherchen ergaben in Merseburg Preise zwischen 30 und 60 Euro
An geltende Gesetze halte man sich, und was die Anpassung an marktübliche Preise angehe, habe man sich die Frage gestellt, was jemand bezahlen müsste, wenn er sich einen Stellplatz mieten würde - ohne dabei die Garage zu betrachten. „Unsere Recherchen ergaben in Merseburg Preise zwischen 30 und 60 Euro, und daran haben wir uns orientiert.“ Da seien 15 Euro monatlich doch gar nicht so schlecht, meinte Gatzlaff.
In Merseburg gibt es 1.663 Garagen auf städtischen Grundstücken. 164 davon sind leerstehend. 773 sind Eigentumsgaragen, wie die von Wolfgang Claus. 751 sind in städtischem Besitz. Rund 1 200 Garagennutzer sind von der Erhöhung betroffen und haben in diesen Tagen Post von der Stadtverwaltung bekommen.
Garagen-Nutzer haben keinen Anspruch auf eine schick asphaltierte Straße
Wolfgang Claus moniert, dass die Stadt sich nicht mal darum kümmere, dass die Zufahrtswege zu den Garagen in Ordnung sind. „Im Gegenteil. Es verschlimmert sich immer mehr“, sagte der 79-Jährige. MZ konfrontierte den Bürgermeister mit dem Vorwurf. „Wenn da ein Wassergraben wäre, und die Leute nicht zu ihren Garagen kämen, müssten wir etwas tun.“ Aber die Nutzer hätten keinen Anspruch auf eine schick asphaltierte Straße. „Wenn sie das möchten, können wir das machen. Allerdings müssten wir die Kosten dann auf die Pacht umlegen, die damit weiter steigen würde“, erklärte Gatzlaff.
Er könne den Unmut der Bürger verstehen. „Das eingenommene Geld tun wir uns allerdings nicht in die eigenen Taschen. Das Geld kommt den Leistungen zugute, die von den Bürgern in Anspruch genommen werden. Wer das nicht möchte, muss kündigen oder sagen, welche Leistungen der Stadt wegfallen sollen.“
Pikant: Im Mietvertrag zwischen Stadt und Pächtern steht unter Paragraph 6, Punkt 4, dass die Vertragsparteien das Recht haben, aller zwei Jahre über eine Neufestsetzung des Mietzinses zu verhandeln. MZ wollte vom Bürgermeister wissen, warum mit den Garagennutzern nicht über die geplante Erhöhung gesprochen wurde? Zum einen habe man einen Stadtratsbeschluss, an den die Verwaltung gebunden sei. Und wenn die Stadt so wie jetzt ein Erhöhungsverlangen verschicke, sei das als Verhandlungsangebot zu sehen. „Das kann man annehmen, oder nicht.“ (mz)