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Flüchtlingshilfe in Mücheln Flüchtlingshilfe in Mücheln: Integration ganz praktisch

Von Diana Dünschel 29.01.2016, 11:42
Auch Pädagoge Christian Grünreich ist einer der Freiwilligen, die sich am Projekt „Deutsch als Zweitsprache“ beteiligen.
Auch Pädagoge Christian Grünreich ist einer der Freiwilligen, die sich am Projekt „Deutsch als Zweitsprache“ beteiligen. Peter Wölk Lizenz

Mücheln - 15 Uhr. Am Eingang des Freien Gymnasiums Geiseltal in Mücheln warten fünf Männer aus Afghanistan. Sie sind Anfang 20 bis Anfang 50, kamen vor fünf Monaten nach Deutschland und leben in der Geiseltalstadt. Ihr größtes Problem ist, dass sie nicht Deutsch sprechen. Am Gymnasium gibt es für sie und alle anderen Flüchtlinge viermal pro Woche für eine Stunde kostenlosen Unterricht. Das Angebot nehmen sie schon zwei Wochen wahr. „Mein Name ist...“ oder „heute ist Mittwoch“ werden diesmal erklärt und geübt. Dazu kommt die Aussprache der Zahlen und Monate. Alle sind konzentriert bei der Sache, lernen mit sichtlich viel Freude.

Den Förderunterricht „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) gibt es am Gymnasium seit Oktober. Er wird komplett ehrenamtlich organisiert. Lehrer, Schüler, aber auch Eltern beteiligen sich. Ursprünglich sei es um praktische Hilfe für die Migrantenkinder gegangen, erzählt die stellvertretende Schulleiterin Beate Siewert. In der Müchelner Grundschule gebe es noch keine Willkommensklasse.

Die kleinen Syrer könnten nur zwei Stunden pro Woche gefördert werden, könnten dem übrigen Unterricht aber ohne Sprachkenntnisse nicht folgen. Da habe man helfen wollen. Das Angebot hat sich herumgesprochen. Es kommen die Kinder, aber auch komplette Familien vom Baby bis zu Großeltern. Und neuerdings eben auch die Afghanen.

Hilfe hat ihre Grenzen

Doch die Hilfe hat ihre Grenzen. Alle Freiwilligen sind hochmotiviert, haben aber keine DaZ-Erfahrung. Schüler und Eltern haben keine pädagogischen Vorkenntnisse. Ihre Lehrmaterialien sind wenig geeignet. Beim Lernen in einem Raum ist der Lärmpegel relativ hoch. Weil die Helfer natürlich aufgrund der Freiwilligkeit wechseln, gibt es auch keinen festen Unterrichtsablauf.

All diesen Problemen haben sich nun Studenten des Herder-Instituts der Universität Leipzig angenommen. Dort gibt es eine ehrenamtliche Flüchtlingsinitiative und ein Forum für Ehrenamtliche und Aktive in Sachen Deutschförderung für Geflüchtete. Die Studenten haben am Müchelner Gymnasium hospitiert, die Situation analysiert und ein Projekt entwickelt. Ziele sind die Bereitstellung geeigneter Lehrmaterialien für Vorschulkinder und die Erstellung übersichtlicher Beschreibungen für die Helfer, wie die Materialien zu benutzen sind.

Doch auch ohne diese Materialien tun alle Helfer am Müchelner Gymnasium ihr Bestes. „Die Schüler sind so aktiv dabei und halten schon so lange durch. Das freut mich unglaublich“, sagt Beate Siewert und lobt die Geduld und Freundlichkeit der jungen Leute. Sie ist sicher, dass einige von ihnen über dieses Engagement entdecken, dass sie selbst gute Lehrer wären. „Insofern ist DaZ auch eine Chance für die Schüler.“ Das Gymnasium sollte sich mit diesem Förderunterricht um den Titel „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ bewerben, so die Pädagogin.

Für die Zwölftklässlerin Natalie Lauckner ist es selbstverständlich, fast jeden Nachmittag beim Förderunterricht anwesend zu sein. „Man muss doch helfen, diese Menschen zu integrieren“, sagt sie. Besonders gern hilft sie den Jüngsten. „Die Kinder sind so offen und aufgeschlossen.“ (mz)