Durch die Natur spazieren Flauschige Auszeit: Die Alpakawanderung in Zingst im MZ-Selbsttest
In Zingst können Besucher bei geführten Alpakawanderungen mit den Tieren durch die Natur streifen. Anbieterin Stefanie Poweleit setzt dabei auf Entschleunigung und den positiven Effekt tiergestützter Aktivitäten. MZ-Redakteur Sebastian Meyer hat das Angebot ausgetestet. Was er erlebt hat.

Zingst/MZ. - Ein leichter Wind streicht über die Felder, die Blätter der Bäume rascheln leise, und in der Ferne ist ein zwitschernder Vogel zu hören. Es ist ein idyllischer Morgen im Wald nahe Zingst. Doch nicht nur das Naturtreiben ist an diesem Tag zu hören, da sind auch die sanften Schritte und Summlaute unserer flauschigen Begleiter: eine Gruppe von Alpakas. Denn hier in Zingst bietet Stefanie Poweleit bei den „Sonnenschein Alpakas“ verschiedene tiergestützte Aktivitäten an. Eine davon ist die Alpakawanderung, die ich an diesem Tag nun mal selbst austesten wollte.
„Eine Alpakawanderung entspannt und entschleunigt“, erklärte sie mir, bevor es losging. Mit ihrem gemächlichen Tempo und ihrer entspannten Art laden die Wuschelköpfe dazu ein, den Alltag hinter sich zu lassen und einfach mal abzuschalten, erzählte mir Poweleit weiter.

Nach einer kurzen Einführung für die gesamte Gruppe ging es für uns dann hoch zum Stall der Alpakahengste. Die Stuten stehen an einem anderen Ort, sie müssen nicht auf Wanderung gehen. „Die Männer gehen arbeiten, und die Damen dürfen in Ruhe ihre Jungtiere großziehen“, erklärte Poweleit, die eine Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Interventionen mit Lamas und Alpakas absolviert hat.
Auf das Eintreffen von uns reagierten die Alpakas gänzlich unterschiedlich. Manche blieben unbeeindruckt liegen, andere kamen neugierig direkt auf uns zu. „Die wissen jetzt schon, dass es gleich losgeht“, sagte Poweleit.
Leo der Träumer lässt es ruhig angehen
Und so bekam jeder nach und nach sein Alpaka. „Du bekommst Leo, den Träumer“, sagte Stefanie Poweleit zu mir. Woher er seinen Spitznamen hat, sollte ich schneller als erwartet noch erfahren. Poweleit ging nach hinten in den Stall, um Leo zu holen. In aller Seelenruhe trottete das kleine, hellbraune Alpaka neben ihr nach vorne. Ohne sich zu beschweren, ließ er sich das Halfter anlegen.
Dann drückte mir Stefanie Poweleit die Leine in die Hand. Es konnte losgehen. Mit lockeren Schritten und leicht wippendem Kopf machte Leo seine ersten Schritte neben mir. „Der Träumer hat es nicht eilig, wie du siehst“, sagte sie lachend zu mir.

Denn während die anderen Alpakas bereits mehr oder weniger vorne am Tor in Startposition standen, wollte Leo erstmal ein bisschen grasen. Da es bei der Alpakawanderung um Entspannung und Entschleunigung geht, räumte ich ihm diese Zeit ein. Zudem sei es wichtig, dass Mensch und Tier erstmal zueinander finden, fügte unsere Anführerin hinzu. Als Leo dann fürs Erste gesättigt war, konnte sich die Gruppe in Bewegung setzen. Stefanie Poweleit mit Gruppenchef „Hansi“ vorne und ich mit Leo hinten am Ende der Gruppe. Dort läuft er wohl immer, wie Poweleit mir verriet.
Offenbar war seine kleine Futterpause vor unserem Start nicht lang genug für ihn. Immer wieder stoppte er und senkte seinen Kopf, um noch ein paar weitere Grashalme zu ergattern. Als ich nach einer gewissen Zeit dann weiter wollte, da der Rest der Gruppe uns allmählich enteilte, zeigte er mir ziemlich deutlich, was er von der Idee hielt. Plötzlich klappte er seine beiden Vorderbeine ein, ließ sich fallen und legte sich hin. Zufrieden schaute er über die anliegenden Felder, während seine kleine Wuschelmähne leicht im Wind wehte.
Mit Leo an der Seite: Entspannt durch den Wald
„Was mach ich denn nun?“, fragte ich mich. Der Rest der Gruppe war mittlerweile gute 20 Meter voraus. Da das Vertrauen zum Tier wichtig ist, entschied ich, ihn noch einen kurzen Moment entspannen zu lassen, ehe ich nochmal versuchte, ihn zum Weitergehen zu motivieren. Und tatsächlich: Nach einer kurzen Streicheleinheit ist er auf einmal aufgestanden und weiter mit mir gelaufen.
Ein Moment, der uns zusammengeschweißt hat. Denn: Danach lief Leo brav an meiner Leine. Offenbar hatten wir nun zueinander gefunden. Mit dieser gefestigten Einheit zwischen uns konnte ich nun tatsächlich auch die Ausführungen von Stefanie Poweleit über die Entspannung durch eine Alpakawanderung nachvollziehen. Leos lockere und sorglose Art übertrug sich auf mich. Im Wald herrschte diese harmonische Stille – kein klingelndes Handy, kein Verkehrslärm. Da waren nur Leo und ich. Und natürlich auch der Rest der Gruppe, wenn auch in sicherer Distanz. Gestört hat das Leo nicht – und mich auch nicht.

Gut eine halbe Stunde liefen wir durch den Wald, ehe Leo plötzlich fast schon euphorisch anfing, schneller zu laufen. Wir holten tatsächlich den Rest der Gruppe wieder ein. Aber woher dieser Motivationsschub? Stefanie Poweleit hatte die Antwort, während sie vor einer Grünfläche stoppte. „Jetzt ist erstmal Essenspause“, sagte sie. Und alle Alpakas, allen voran Leo, stürzten sich auf das Grün.
Für mich bedeutete das gleichzeitig das Ende meiner Alpakawanderung. Aufgrund anderer Termine musste ich schon früher los. Denn: Eine Alpakawanderung kann mehrere Stunden dauern. „Schließlich haben sie ihr eigenes Tempo.“ Für Leo hatten wir glücklicherweise vorher schon einen netten Mann gefunden, der ihn dann von mir übernommen hat. Mir blieb dann nur noch eine Frage: Ob sich Leo bei ihm wohl auch hingelegt hat?