Eröffnungskonzert am Samstag Eröffnungskonzert am Samstag: Leise und laute Töne bei den Merseburger Orgeltagen

Merseburg - Spät abends, wenn in den Straßen und auf den Plätzen Merseburgs keine Seele mehr unterwegs ist, da zieht sich auch Michael Schönheit zurück. Der 55-Jährige betritt eines seiner Wohnzimmer, von denen es für ihn schlichtweg viele gibt. Denn überall dort, wo der Musiker eine Orgel vorfindet, fühlt er sich gut aufgehoben, fast wie zu Hause. Da macht es ihm auch nichts aus, dass es bereits 21 Uhr ist, als er in die Tasten des Manuals der prächtigen Ladegastorgel im Merseburger Dom greift und fast schon ein letztes Mal vor dem Start der Orgeltage an diesem Samstag proben kann.
30. Dienstjubiläum im Gewandhaus zu Leipzig
Bis zum 18. September zieht das Musikfestival nicht nur wieder viele Besucher, sondern auch Musiker aus Nah und Fern an. Sie folgen dem Lockruf des Domorganisten, der die Orgeltage seit mehr als 20 Jahren künstlerisch leitet. Ehrenamtlich wohlgemerkt, denn hauptberuflich ist Schönheit Organist des Gewandhauses Leipzig - in diesem Jahr feiert er dort sein sage und schreibe 30. Dienstjubiläum.
„Es kommt heute nicht mehr so oft vor, dass jemand so lange eine Funktion bekleidet“, meint Schönheit mit Blick auf seine Karriere. „Ich bin aber auch ein Mensch, der an den Dingen dranbleibt und sie weiterentwickeln will.“
Festival von Mozart, Bach und Reger bestimmt
Das kann mit Fug und Recht auch für die Merseburger Orgeltage gelten. Die sind über die Jahre gewachsen, erstrecken sich inzwischen auch auf das Umland und gehen regelmäßig neue Wege, so wird in diesem Jahr etwa auch das Publikum zum Akteur, wie Domorganist Schönheit erzählt.
Wenn Schönheit über das diesjährige Programm und seine Protagonisten spricht, hört man aus seiner Stimme die Leidenschaft heraus, mit der er die Orgeltage seit den 90er-Jahren auf die Beine stellt. „Bei manchem Konzert kann das Publikum erkennen, dass es sogenannte Events schon vor 100 Jahren gab und keine neuzeitliche Erfindung sind“, sagt Schönheit.
Thematisch wird das Festival in diesem Jahr von den Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart, Johann Sebastian Bach und Max Reger bestimmt. „Die Frage, wer mir am nächsten steht, ist immer schwer zu beantworten“, sagt Schönheit. Aber als Organist komme man an den Werken Bachs einfach nicht vorbei. „Auch Reger hat ja einst gesagt, dass Bach der Anfang und das Ende aller Musik sei“, zitiert Schönheit den Komponisten. „Auch wenn das pathetisch klingt.“
Vom 10. bis 18. August können sich Orgel- und Klassikfreunde wieder auf die Merseburger Orgeltage freuen. Das Musikfestival hält viele interessante Interpretationen bekannter Kompositionen von Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Max Reger bereit. Die MZ fast an dieser Stelle die wichtigsten Fakten zu der Veranstaltung zusammen
Konzerte gibt es an jedem Tag und fast zu jeder Uhrzeit. Los geht es am 10. September um 19 Uhr mit Choralkantaten und Choralphantasien von Max Reger, die in diesem Jahr die Orgeltage eröffnen. Mitglieder des Gewandhausorchesters und -chores zu Leipzig sorgen für die Musik, begleitet werden sie von Michael Schönheit an der Ladegastorgel. Doch nicht nur pompöse Vorstellungen werden geboten: Dank Klavierkonzerten und kleinen Ensembles werden auch ruhigere Töne angeschlagen. Am Sonntag wird ab 10 Uhr im Dom zudem ein musikalischer Gottesdienst gefeiert.
Die Ladegastorgel im Merseburger Dom zählt zu den bedeutendsten Orgeln Deutschlands. Große Komponisten, wie etwa Franz Liszt, haben für die Königin aller Orgeln beeindruckende Werke geschaffen. Der Weißenfelser Orgelbaumeister Friedrich Ladegast begründete mit diesem Instrument aus dem Jahre 1855 seinen Ruf als genialer Orgelbauer des 19. Jahrhunderts. 5 766 Pfeifen hat die Orgel, und mit ihren 81 Registern ist sie ein Multitalent. Sie kann weich und zerbrechlich klingen, aber auch einen gewaltigen Orkan entfachen.
Dreh- und Angelpunkt der Orgeltage ist natürlich der Merseburger Dom, der eine imposante Kulisse und Akustik bietet. Hier finden die Eröffnungs- und Abschlusskonzerte statt, aber auch der größte Teil der geplanten Aufführungen. Jedoch gibt es auch Gastspiele in kleineren Aufführungsstätten. Am Sonntag, 15 Uhr, steht ein Konzert in der schmucken Barockkirche in Burgliebenau an, auch im Schlossgartensalon und in der Merseburger Kirche St. Viti wird im Laufe der Orgeltage ebenfalls Musik erklingen.
Musikalisch gestaltet werden die Orgeltage von namhaften Künstlern. Die Bandbreite reicht von der Merseburger Hofmusik, über die Lautten Compagney Berlin und den Thomaner-Chor Leipzig bis hin zu deren neu berufenem Kantor Gotthold Schwarz, der auch einen Auftritt feiert. Auch internationale Gäste kommen zu den Orgeltagen: Der Organist Karstein Askeland reist aus Norwegen an, das Abschlusskonzert wird vom Nationalchor der Ukraine mitgestaltet.
Das komplette Programm mit allen Orten, Uhrzeiten und Künstlern auf: www.merseburger-orgeltage.de
Quell der Inspiration
Zu den Höhepunkten für Michael Schönheit zählt natürlich das Eröffnungskonzert am Samstag. Dort trifft er auf gute Bekannte. Denn die Kantaten Max Regers werden vom Gewandhausorchester und -chor interpretiert, dabei wird auch das Publikum aufgefordert, mitzusingen. Besonders freut er sich zudem auf zwei Konzerte, bei denen historische Instrumente zum Einsatz kommen. Einmal am Samstag, 15 Uhr, in Burgliebenau und dann nochmal beim Abschlusskonzert. „Das ist dann natürlich eine ganz andere Akustik, wenn diese Instrumente erklingen“, betont Schönheit.
Auch für das kommende Jahr hat Schönheit sicher schon einen Plan. „Ich hatte nie das Problem, mich fragen zu müssen, was ich denn noch machen könnte“, meint der Domorganist. „Das geht in der Kultur auch gar nicht.“ Kontakte zu anderen Musikern, aber auch die vielen Gastspiele wirkten auf ihn laut eigener Aussage stets beglückend. „All das war für mich stets ein unerschöpflicher Quell der Inspiration“, sagt der Vollblutmusiker. (mz)