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Entwicklung in Leuna Entwicklung in Leuna: Aus Schock wird Stolz auf den Industriepark

Von Dirk Skrzypczak 17.09.2014, 10:08
Werner Popp arbeitet seit 1978 am Chemiestandort Leuna.
Werner Popp arbeitet seit 1978 am Chemiestandort Leuna. Peter Wölk Lizenz

Leuna/MZ - „Bau 24“ ist seit 1978 der Arbeitsplatz von Werner Popp. In dem mächtigen Bürogebäude saß seit jeher die Generaldirektion der Leuna Werke, heute arbeitet hier ein Teil der Verwaltung der Standortbetreibergesellschaft Infra Leuna. Aus den oberen Etagen hat man einen guten Ausblick auf den modernen Chemiepark mit seinen 100 Firmen, die 9 000 Menschen Arbeitsplätze bieten. „Es hat sich viel verändert zu früher. Gerade die Arbeitsbedingungen sind nicht mehr vergleichbar“, sagt Werner Popp, 61, der Prokurist der Infra Leuna. Er hat den Wandel miterlebt, den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft, den rasanten Wandel der Industrieregion.

1969 war Popp aus dem Vogtland in die Chemieregion gekommen, aus der grünen Lunge in eine der schmutzigsten Ecken der DDR. Chemiefacharbeiter mit Abitur wollte er werden. „Es war für mich ein Schock. Ich wohnte das erste Jahr in Buna in einer Baracke direkt neben der Karbidfabrik. Es war laut, dreckig und es hat gestunken.“

Doch Popp, der später in Halle Wirtschaftsrecht studierte, blieb der Chemie treu, ab 1978 als Unternehmensjurist der Leuna Werke, mit 28 000 Arbeitern der größte Chemiebetrieb in der DDR. „Ein Großteil der Anlagen war veraltet und sicher nicht mehr konkurrenzfähig. Aber gerade bei der Erdölverarbeitung hatten wir ein vergleichsweise gutes Niveau“, erzählt er. Was nur wenige wissen: Die alte Raffinerie lieferte Kraftstoffe und Heizöl auch nach Westberlin sowie Methanol in die BRD. Dem Arbeiter- und Bauernstaat brachten diese Geschäfte die begehrten Devisen ein.

Das Rad der Zeit

25 Jahre nach dem Mauerfall erinnert sich der Prokurist natürlich noch gut an den Umbruch in Leuna. Dass die Arbeiter damals besonnen reagierten und die Produktion nicht lahmlegten, sei auch rückblickend ein großer Verdienst der Menschen gewesen. Das Rad der Zeit wollte und konnte der Chemiestandort freilich nicht mehr zurückdrehen.

1990 begannen bereits die Verhandlungen mit der Linde AG zur Privatisierung erster Produktionsbereiche. Da war der Volkseigene Betrieb schon in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden, um den Neuanfang überhaupt erst möglich zu machen. „Das waren spannende Monate, in denen man kaum zum Luftholen gekommen ist“, erinnert sich Popp. Es sei das Ziel gewesen, möglichst viele Jobs zu erhalten. Nicht überall ist es gelungen, zumal die Geschäftsleitung seinerzeit erkennen musste, dass die Leuna Werke nicht in Gänze als ein Konzern privatisiert werden konnten. Stattdessen wurden Geschäftsfelder ausgegliedert. 1996 war die Privatisierung abgeschlossen. Sechs Milliarden Euro sind in die Modernisierung und den Neubau der Anlagen geflossen, ein Drittel des Geldes in Umweltprojekte.

Akzeptanz und Vertrauen

Die Infra Leuna GmbH versteht sich heute als Dienstleister, der die Unternehmen mit Strom, Wärme und Wasser versorgt sowie am Standort die Logistik regelt. Mit Linde, Domo, der Infra Leuna Beteiligungsgesellschaft, Leuna Harze und der GSA GmbH hat die Firma starke Gesellschafter im Rücken.

Dass sich der Standort am Sonnabend wieder für Besucher öffnet, findet Infra-Leuna-Geschäftsführer Christof Günther enorm wichtig. „Wir haben in der Region einen hohen Zuspruch. Es gehört zu unserer Unternehmensphilosophie, mit dem Umland eine gute Nachbarschaft zu pflegen.“ Letztlich zeige man mit Veranstaltungen dieser Art jene Transparenz, die die Grundlage für Akzeptanz und Vertrauen sei, betont Günther.

Und so reicht das Programm von 10 bis 16 Uhr von Rund- und Zielfahrten mit Bussen, dem Schülerlabor und einer Druckwerkstatt in der Galerie des Kulturhauses bis hin zum bunten Kreisfamilientag direkt vor den Toren von „Bau 24“. Werner Popp wird übrigens auch Führungen anbieten.