1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Bad Lauchstädts Festspielleiterin wird 85: Edda Moser: „Schuld, dass die deutsche Sprache so verrottet, sind Eltern und Lehrer“

Bad Lauchstädts Festspielleiterin wird 85 Edda Moser: „Schuld, dass die deutsche Sprache so verrottet, sind Eltern und Lehrer“

Edda Moser war gefeierte Opernsängerin. In ihrer Zweitkarriere ist sie Sprachwächterin und hat mit dem Festspiel der Deutschen Sprache dem Goethe-Theater in Bad Lauchstädt zum „silbernen Zeitalter“ verholfen. Jetzt wird sie 85 und erklärt, warum Anglizismen und schlechte Vorbilder die deutsche Sprache bedrohen.

Von Robert Briest 27.10.2023, 11:12
Edda Moser begrüßte vergangene Woche Ministerpräsident Reiner Haseloff beim Festspiel.
Edda Moser begrüßte vergangene Woche Ministerpräsident Reiner Haseloff beim Festspiel. Foto: Katrin Sieler

Bad Lauchstädt/MZ. - Edda Moser hat ein Feindbild: Anglizismen. Denn die bedrohen aus ihrer Sicht das, was die einst auf den Bühnen der Welt gefeierte Opernsängerin erhalten will: ihre Muttersprache. Deutsch. Die Sprache der Dichter und Denker. „Wenn wir keine Sprache mehr haben, sind wir niemand mehr.“ Und die vielen aus dem Englischen übernommenen Wörter seien der Weg dahin. Moser verpasst ihnen sogar das Adjektiv „dämlich“.

Von Altersmilde ist bei der Musikerin keine Spur. Dabei feiert sie am Freitag ihren 85.. Notgedrungen, wie sie durchblicken lässt. „Ich bin nicht stolz darauf, dass ich jetzt so alt werde.“ Als Frau sei sie eitel, versuche, für ihr Alter optimal auszusehen. Außerdem sei ihr Geburtstag nicht ihr Verdienst, sondern der ihrer Eltern. Den Tag verbringt die Rheinländerin dort, wo sich ihr Kampf um den Erhalt der deutschen Sprache im Festspiel manifestiert hat: in Bad Lauchstädt. Erst gibt Moser ein Künstlergespräch vor Publikum, dann folgt ein Fest im kleinen Kreis.

Der Hinweis kam von Hans-Dietrich Genscher

Der Termin leitet zugleich die finalen fünf Tage des diesjährigen Festspiels der Deutschen Sprache ein. Moser hatte es vor 16 Jahren auf Anraten ihres Freundes Hans-Dietrich Genscher an die Laucha gebracht. Die anderthalb Jahrzehnte seither sind eine Erfolgsgeschichte, die Bad Lauchstädt wieder auf die nationale Kulturlandkarte gebracht hat. Geschäftsführer René Schmidt spricht gar vom „silbernen Zeitalter“ des Goethe-Theaters, das Moser eingeläutet habe.

Sie selbst sagt, sie wolle mit dem Festspiel das wieder ins Gedächtnis rufen, was an den Schulen nicht mehr gelehrt werde. Deshalb liege der Schwerpunkt auf älteren Werken: „Ich will die großen deutschen Klassiker erhalten.“ Dabei ist ihr Ansatz, dass keine Regie das ursprüngliche Werk der Dichter verfälschen soll: „Es gilt das Wort.“

Moser: „Wer mich erträgt, der ist für den Beruf geeignet“

Moser bevorzugt das klare Wort. So hat sie neben Anglizismen zwei weitere Schuldige für den Sprach- und Kulturverfall ausgemacht: Eltern und Lehrer. Sie seien oft schlechte Vorbilder. „Kinder sind offen für alles, aber sie müssen geleitet werden.“ Sich selbst beschreibt Moser, die bis heute Meisterklassen in Gesang und Diktion unterrichtet, als strenge Lehrerin: „Wer mich erträgt, der ist für den Beruf geeignet.“ Singen, das sei absolute Disziplin, Fleiß, Demut. „Mein Leben lief einfach. Es gab für mich nur Singen und Schweigen.“ Keine Partys.

Ein Rezept, das sie bis an die Metropolitan Opera in New York brachte. Als sie mit Mitte 50 zurückkehrte, ihre Karriere beendete, sei das ein Schock gewesen. Mehrere Jahre habe sie gebraucht, um sich davon zu erholen: „Ich dachte, du kannst doch nicht mit Mitte 50 deine Beerdigung bezahlen. Ich brauchte etwas Sinnvolles zu tun.“ Das Festspiel entpuppte sich als Antwort. Sie sei glücklich über die Unterstützung, die sie hier erfahre. „Eines Tages werde ich aufhören, dann will ich, dass etwas bleibt.“ Auf der Suche nach einem „Erben“ blickt sie nicht in die Ferne. René Schmidt sei ohnehin schon das Herz des Festspiels, sagt dessen Grande Dame.