Drei Taler Schmerzensgeld für unfreiwilliges Solebad
BAD DÜRRENBERG/MZ. - Kein Baum, kein Strauch, kein Schatten - und nicht mal ein Wölkchen schiebt sich vor die gleißende Sonne. Bergrat Johann Gottfried Borlach alias Christian Dunzel wird schummrig warm unter der weißen Perücke. Doch ein Rückzug ins Kühle verbietet sich, denn die große Uhr am Borlachturm wird gleich halb elf schlagen und dann kommt sein Auftritt. Hunderte Besucher warten schon darauf.
Mit dem Borlachspiel am letzten Samstagvormittag im Juni wird alljährlich an jenen historischen Moment erinnert, als am 15. September 1763 die Sole in Bad Dürrenberg endlich sprudelte. 20 Jahre lang hat Borlach da schon vergeblich graben lassen, in der festen Überzeug, doch noch auf salzhaltiges Wasser zu stoßen. Es ist verbrieft, wer an jenem entscheidendem Datum unter Tage dabei war: Steiger Anton Mauff und die Knappen Gottlieb Wittig, Gottfried Heisch und Jakob Scheibe.
Diese vier und der Herr Bergrat natürlich erleben seit Ewigkeiten zum Brunnenfest ihre "Wiederauferstehung". So erfahren die Zuschauer von den Zweifeln, dem Spott und der Häme, der Borlach ausgesetzt ist. Nach 20 Jahren will der Kurfürst endlich Ergebnisse, sprich Salz, sehen.
Der Bergrat gerät ins Zweifeln, ob der "dürre Berg" tatsächlich im Innern den gesuchten Schatz verbirgt. Doch Steiger Mauff glaubt fest an ihn. "Wir teufen weiter", ruft er ins Rund und dann vernehmen die Zuhörer auch schon ein Rumpeln und Krachen: das war der Durchbruch der Sole und der Sturz eines der drei Knappen. Jakob Scheibe ist der erste, der - unfreiwillig - unter Tage ein Solebad nimmt, dafür bekommt er ein Schmerzensgeld von drei Talern und eine große Kanne Bier. Der damals schon weit über 60-jährige Johann Gottfried Borlach erlebt noch den Aufbau des Gradierwerkes und die groß angelegte Förderung der Sole in Bad Dürrenberg. Der Salzgehalt des Wassers verspricht reiche Ausbeute.
Weil Borlach es genau wissen will, misst er - und lässt er die Zuschauer teilhaben an der Messung. Ein Krug Sole wird ihm gebracht, den gießt er in die speziell dafür ersonnene Schlöhnbachsche Sole-Waage. Das Gewicht beträgt 14 Grad Réaumur (eine damals gebräuchliche Maßeinheit) und 7,5 Prozent Salz. Umgerechnet bedeutet dies, dass ein Liter Sole exakt 83,11 Gramm Salz enthält.
Und dann gibt es für Borlach-Darsteller Christian Dunzel noch eine Überraschung: Einen großen Blumenstrauß von Bürgermeister Árpád Nemes (CDU) und doppelten Applaus der Zuschauer. Der gebürtige Dürrenberger hat an diesem Tag seinen 30. Auftritt beim Borlach-Spiel des Brunnenfestes. "Mein Gott, schon 30 Jahre - wo ist die Zeit nur hin?", lacht er und denkt an seinen ersten Auftritt als Knappe. Brunnenfest-"Urgestein" Manfred Hesse hat ihn damals gefragt. Seit vier Jahren gibt Dunzel nun den Borlach und hat Sohn Sven (Steiger Mauff) ebenfalls fürs Laienspiel begeistern können.
Nach dem Spiel nimmt das bunte Treiben im Kurpark seinen Lauf. Rund 60 Händler und Gewerbetreibende haben ihre Stände aufgeschlagen und bieten allerlei zum Kaufen, Kosten, Schauen oder Informieren. Natürlich ist auch fürs leibliche Wohl reichlich gesorgt, ebenso wie für Unterhaltung. Auf der großen Bühne am Musikpavillon geht es bis spät in die Nacht. Höhepunkte sind am Samstag der Auftritt von Petra Zieger und Band sowie der Gruppe "Juckreiz".
Nicht vergessen in der Aufzählung darf man das bunte Mitternachtsfeuerwerk am Sonnabend und den großen Festumzug am Sonntag mit über 500 Mitwirkenden, die 50 Bilder darstellen.