Ärger nach Umbau Ärger nach Umbau: Rollstuhlfahrer beklagt fehlende Barrierefreiheit der Saalesparkasse

Merseburg - Der alte Herr im Rollstuhl ist empört. „Wie soll ich denn jetzt ohne fremde Hilfe in die Sparkasse kommen?“ Hintergrund der Aufregung: Im Rahmen des Umbaus der Filiale in der Merseburger Gotthardstraße sind die Automatiktüren durch Drehflügeltüren ersetzt worden. Öffneten sich die Eingangstüren bis zum Umbau automatisch, wenn man sich ihnen näherte, muss man sie jetzt von Hand nach außen aufziehen. „Das schaffe ich nicht“, sagt der Mann. Und wie ihm dürfte es nicht nur Rollstuhlfahrern, sondern vermutlich auch Leuten mit Rollatoren oder Frauen mit Kinderwagen gehen.
Rollstuhlfahrer beklagt fehlende Barrierefreiheit nach Umbau
Der Rollstuhlfahrer blieb nicht untätig, sondern setzte ein Schreiben an die Saalsparkasse auf, wies auf das Problem hin und bat um Prüfung. Die Antwort, die er bekam, entsetzte ihn. Man habe die Türen verändert, um Mitarbeitern wie Kunden ein verbessertes Raumklima anbieten zu können, so die Antwort.
Durch die ständigen Bewegungsströme von Mitarbeitern und Kunden hätten die Türen nämlich nahezu ständig offen gestanden. Im Winter habe man deshalb zusätzliche Heizgeräte aufstellen müssen. Im Sommer sei es drin zu warm geworden. Man habe alles noch mal abgewogen, werde aber bei allem Verständnis für die Betroffenen „an der vorgenommenen Einbausituation festhalten“, heißt es in dem Antwortschreiben.
Saalesparkasse: „alle baulichen Vorschriften für die notwendige Barrierefreiheit beachtet zu haben"
Auch die Arbeitsgruppe „Inklusives Engagement“ des lokalen Bündnisses Familie des Saalekreises hatte sich an die Sparkasse gewandt, bekam offenbar ein Schreiben, in dem die Sparkasse ebenfalls erklärte, noch mal geprüft zu haben und alles darlegte. „In einem Schreiben vom Demografiebeauftragten des Büros des Landrates wurde uns bestätigt, alle baulichen Vorschriften für die notwendige Barrierefreiheit beachtet zu haben“, erklärte Christian Germer, der Pressesprecher der Saalesparkasse, jetzt auf Anfrage der MZ.
Die Durchgangsbreiten seien angemessen ausgeführt und die Türgriffe in der erforderlichen Höhe angebracht. „Die in dem Schreiben angeregte Verbesserung der Leichtgängigkeit der Türen führen wir selbstverständlich durch“, hieß es gegenüber der MZ.
Barrierefreiheit muss per Gesetz in öffentlich zugängigen Anlagen gewährleistet sein
Seit 2008 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention. In ihrem Artikel 9 Absatz 1 verpflichtet sie ihre Unterzeichnerstaaten, zu denen auch Deutschland gehört, geeignete Maßnahmen zu treffen, um für Menschen mit Behinderungen - neben vielen anderen Dingen - gleichberechtigt mit anderen den „Zugang zur physischen Umwelt“ zu gewährleisten. Dazu würde zum Beispiel auch der barrierefreie Zugang zur Saalesparkasse gehören.
Die Herstellung umfassender Barrierefreiheit bildet im deutschen Bundesrecht das Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes. Auch laut Paragraf 49 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt muss Barrierefreiheit in öffentlich zugängigen Anlagen gewährleistet sein. Es sei denn, dass das wegen ungünstiger vorhandenen Bebauung oder zu großem Aufwand nicht möglich ist. (mz)