Gefährlicher Job auf der Autobahn Arbeiten auf der Überholspur: Autobahnmeisterei hat einen gefährlichen Job

Querfurt - Gucken, gucken, gucken! Andreas Waterstrat schaut in den Rückspiegel. Von hinten rauscht ein Lkw heran. Waterstrat wartet. Es ist ein kritischer Moment. Der Mitarbeiter der Autobahnstraßenmeisterei Oberröblingen begleitet mit dem Schilderwagen eine Wanderbaustelle auf der Autobahn 38 zwischen Sangerhausen und dem Dreieck Halle-Süd. „Jeder Fehler kann tödlich sein.
Sicherheit ist das A und O“, sagt er. Dann steigt er aus seinem Fahrzeug, das auf der Überholspur steht und stellt Kegel als Markierung auf. Die Brummis, die an der Baustelle vorbeidonnern, entwickeln einen spürbaren Sog. Auf Tempo 80 wird der Verkehr gedrosselt, damit die Männer auf der Baustelle möglichst gefahrlos ihren Job erledigen können. Dabei sitzt ihnen das Risiko ständig im Nacken. Die Eigensicherung stößt an ihre Grenzen, wenn andere Verkehrsteilnehmer nicht aufpassen.
Am 27. Oktober war auf der A 14 bei Bernburg ein Lkw in eine Baustelleneinrichtung der Autobahnmeisterei Plötzkau gekracht. Ein 34 Jahre alter Mitarbeiter der Straßenmeisterei starb. Das Unglück hat auch bei den Kollegen in Oberröblingen tiefe Betroffenheit ausgelöst.
Die MZ will näher wissen, wie es sich auf einer Autobahn wie der A 38 arbeitet, auf der in 24 Stunden 40.000 Fahrzeuge unterwegs sind, rund 28 Prozent von ihnen als Schwerlastverkehr. Tendenz steigend. Die Autobahnstraßenmeisterei Oberröblingen betreut 112 Kilometer auf der A 38 und der A 71, dazu noch 20 Kilometer Bundes-, 220 Kilometer Landes- und 70 Kilometer Kreisstraßen.
Regelmäßige Sicherheitsunterweisungen
„Wir gehören damit zu den wenigen Autobahnmeistereien in Deutschland, die alle klassifizierten Straßen unterhalten“, sagt Leiter Ralph Burghardt. 50 Mitarbeiter arbeiten am Standort in dem Sangerhäuser Ortsteil. „Unsere Leute sind erfahren. Und trotzdem setzen wir aller drei Monate Sicherheitsunterweisungen an“, erzählt er.
Ob es nach dem tödlichen Unfall bei Bernburg Konsequenzen für die Arbeitsabläufe gibt? Petra Witte, die Chefin der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) in Halle, verweist auf den Untersuchungsbericht der Staatsanwaltschaft. „Wenn er vorliegt, können auch wir in die Auswertung gehen. Aber wir können heute schon sagen, dass die Arbeitsstelle ordnungsgemäß ausgeschildert gewesen ist“, erklärt sie.
Es ist kurz nach 9 Uhr an diesem Mittwoch, als Frank Kolodzik mit einem Trupp aus Oberröblingen an der Anschlussstelle Sangerhausen-Süd auf die A 38 in Richtung Leipzig auffährt. Zu dem Team gehören zwei so genannte Vorwarner mit LED-Tafeln. Sie sollen den Autobahnverkehr auf die mobile Baustelle hinweisen. Etwa einen Kilometer vor dem Schilderwagen steht der erste Lkw, rund 500 Meter später der zweite. Kolodzik will die Leitplanken an den Mittelstreifenüberfahrten überprüfen.
Die Planken sollen im nächsten Jahr gegen ein neues System getauscht werden, um sie künftig noch sicherer zu machen. Für die Analyse muss die Überholspur in Höhe der Baustelle gesperrt werden. „Wir erleben immer wieder haarsträubende Dinge, weil sich einige Fahrzeugführer nicht an die Hinweise durch die Vorwarner halten“, sagt er.
Mit einer Liste steht er in Höhe der Raststätte Rohnetal an einer Überfahrt und notiert die örtlichen Gegebenheiten. Passen die neuen Planken mit ihren Verbindungselementen? Auf den freien Spuren schießen Autos, Busse und Motorräder vorbei. Es ist laut, eine Verständigung mitunter nur schreiend möglich. Tempo 80? Gilt offenbar nicht für jeden. Eine Lkw-Hupe dröhnt durch den diesigen Morgen. Eine Autofahrerin rast auf der linken Spur auf den Schilderwagen zu, schert erst knapp vor dem blauen Schild auf dem rechten Fahrstreifen ein. Ein riskantes Manöver.
Müll oft skrupellos in Landschaft entsorgt
Dem hupenden Brummi und dem Tross der Autobahnmeisterei kommt sie gefährlich nahe. Auch auf der A 38 hat es schon Unfälle mit Verletzten gegeben, weil Lkw oder Autos gegen Schilderwagen gedonnert sind. „Wir stellen schon fest, dass es aggressiver als früher zugeht. Dabei sollten die Menschen nicht vergessen, dass wir zu ihrem Schutz unterwegs sind, weil wir dafür sorgen, dass die Straßen in einem vernünftigen Zustand bleiben“, erzählt Meisterei-Leiter Ralph Burghardt.
Und dieser Aufwand kostet viel Geld. Rund 150.000 Euro fallen alleine im Oberröblinger Zuständigkeitsbereich an, weil Leitplanken bei Unfällen ramponiert werden. Die Beseitigung nur einer „normalen“ Ölspur schlägt mit 3.000 bis 5.000 Euro zu Buche. Hinzu kommen Schäden auf den Rastplätzen (zerfahrene Seitenstreifen und Fußwege durch Lkw etwa), an Schildern und Tonnen an Müll, der oft skrupellos in der Landschaft entsorgt wird. Auf einem Großteil der Kosten bleibt der Staat sitzen, weil Verursacher nicht zweifelsfrei zu ermitteln sind.
Mit Tempo 30 schiebt sich die Baustelle über die A 38. 28 Überfahrten will sich Frank Kolodzik ansehen. Zwischenzeitlich ist nicht sicher, ob das an diesem Tag klappt. Das Wetter zeigt zwei Gesichter. Rund um Querfurt ist es trocken, in Sangerhausen regnet es. Doch die Sicht reicht, der Plan wird geschafft. Am Nachmittag rückt der Trupp ein. Unbeschadet. (mz)

