Ana Prozesstechnik Merseburg Ana Prozesstechnik Merseburg: Billig-Öl kostet 44 Jobs

Merseburg - „Ein niedriger Ölpreis ist an der Tankstelle schön - für uns ist das eine Katastrophe“, sagt Sebastian Münch, der Geschäftsführer der Firma Ana Prozesstechnik. Und tatsächlich - nach Ostern musste Münch 44 der insgesamt 61 Mitarbeitern die Kündigung übergeben. „Das ist mir nicht leicht gefallen, und ich hoffe, dass ich so etwas im Leben nur einmal machen muss. Aber wir hatten einen so massiven Auftragseinbruch, dass wir unseren Bereich Fertigung nicht aufrechterhalten können“, so Münch. Das Traditionsunternehmen, das 2008 seinen 100. Geburtstag feierte, muss deshalb im Rahmen einer Umstrukturierung die Teilbereiche Spezialapparatebau und die Produktion thermischer Stofftrenntechnik schließen. Die Fertigung sei einfach nicht mehr wirtschaftlich
„Alle unsere Produkte sind Unikate“, so Münch. Man arbeite zum Beispiel für die Zuckerindustrie und stelle hierfür eine Versuchsanlage für die Zuckereindampfung her. Oder auch das Bauprojekt in Indonesien. Siemens baue dort ein Kraftwerk, und die quasi maßgeschneiderte Dampfstrahlvakuumpumpe dafür komme aus Merseburg. Auch jetzt sei die Firma immer noch international aufgestellt - bis zum letzten Produktionsauftrag, der vermutlich Mitte des Jahres beendet sein wird.
EEG-Gesetz und Russlandembargo
Schuld am Produktionsende ist nicht nur der niedrige Ölpreise, sondern auch das EEG-Gesetz und das Russlandembargo. Alle großen Firmen, die mit am Ölmarkt hängen, hätten ihre Investitionen zurückgefahren, erklärt Münch. „Der Markt ist gerade von absoluter Kaufzurückhaltung geprägt.“ Auch der Kraftwerksbau funktioniere nicht mehr. Und das Embargo sei für die deutsche Wirtschaft katastrophal. Auch für einen Apparatebauer wie die Ana.
Neben der Einstellung der Produktion soll jedoch der Bereich Vakuumtechnik aufrechterhalten werden. „Wir werden also auch künftig Strahlpumpen und Vakuumtechnik vertreiben und konstruieren“, so Münch. Dafür benötige man allerdings nicht mehr das riesige Gelände an der Herrfurthstraße im Merseburger Norden. Hier besitzt Ana zwei große Fertigungshallen, in denen gebaute Apparate mit einem Stückgewicht von maximal 20 Tonnen bewegt werden können.
Produktion, Anlieferung und Abholung fallen weg
Für die künftige Firmenstruktur benötigt man eigentlich nur noch einige Büroräume. Produktion, Anlieferung und Abholung fallen ja weg. „Wir möchten aber in Merseburg bleiben“, erklärt der Geschäftsführer. Dafür müsse man allerdings zunächst das aktuelle Produktions- und Bürogebäude verkaufen. Ziel sei es, am Jahresende neu durchzustarten.
Was die gekündigten Mitarbeiter angeht, hatte die Firma bei der Agentur für Arbeit eine sogenannte Massenentlassungsanzeige gemacht. Die Agentur hatte den Kündigungen zugestimmt , „weil es für die Firma keine andere Möglichkeit gibt“, sagte eine Teamleiterin der Agentur der MZ.
Rechtsanwalt Heiko Posiege aus Merseburg empfiehlt den Gekündigten, sich anwaltlich vertreten zu lassen. „Man sollte auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses klagen. Damit hat man die Möglichkeit, auch noch eine Abfindung zu bekommen.“ Der Arbeitgeber sei nämlich nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen.
Was die Zukunft der gekündigten Mitarbeiter angeht, ist Sebastian Münch optimistisch, dass die meisten von ihnen eine neue Arbeit im Metallbau finden werden - auch die Lehrlinge, die derzeit ausgebildet werden. „Wir haben Fachkräftemangel. Es sollte mich wundern, wenn das nicht funktioniert. Und es gibt bestimmt Firmen, die sich über einen guten Lehrling freuen, der fast schon am Ende seiner Ausbildung ist.“ Es gebe auch Mitarbeiter, die kurz vor der Rente stehen, für die sei es vermutlich nicht so dramatisch. „Es gibt aber auch Fälle, die schwierig sind, das gebe ich zu.“ (mz)