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Altenburger Friedhof in Merseburg Altenburger Friedhof in Merseburg: Unterirdisches Rätsel bleibt

Von Dirk Skrzypczak 29.02.2016, 13:54
Bernd Rüttinger von der Landeskirche, Oberbauleiter Uwe Bärthel und Baugrundgutachter Rüdiger Langguth (v.l.) haben ihre Arbeit auf dem Friedhof beendet. Die Absperrzäune werden bald verschwinden.
Bernd Rüttinger von der Landeskirche, Oberbauleiter Uwe Bärthel und Baugrundgutachter Rüdiger Langguth (v.l.) haben ihre Arbeit auf dem Friedhof beendet. Die Absperrzäune werden bald verschwinden. Peter Wölk

Merseburg - Die ältere Frau greift mit ihren Händen in das Gitter des Absperrzauns. Das Grab ihres 2003 verstorbenen Mannes ist nur knapp zwei Meter entfernt und dennoch unerreichbar. „Am Anfang bin ich zusammengebrochen, weil ich sein Grab nicht mehr pflegen durfte. Und jetzt hoffe ich, dass ich bald wieder zu ihm darf“, sagt sie. Die Hoffnung ist berechtigt, die Gefahr von Erdrutschen gebannt. „Unsere Messungen haben ergeben, dass wir auch im dritten Baufeld die unterirdischen Gänge erfolgreich verfüllt haben. Hier bricht nichts mehr ein“, sagt Bernd Rüttinger, Leiter des Baureferats in der evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM).

Damit endet eine für die EKM bislang einmalige Rettungsaktion. Der Berg unter dem Altenburger Friedhof ist von alten Luftschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg durchzogen. „Zeitzeugen haben uns erzählt, dass in der Bauphase ab 1943 auch Zwangsarbeiter eingesetzt worden sind, um die Stollen zu graben“, sagt Baugrundgutachter Rüdiger Langguth. Nach dem Krieg sind die beiden Eingänge für das unterirdische System am Weinberg und auf der Königsmühle zwar verschlossen worden. Möglicherweise hatten sich die Merseburger zuvor aber noch mit Holz versorgt und Stützbalken aus den Stollen geholt. Und was noch in den Bunkern blieb, verfaulte mit der Zeit. Die Gänge, 15 Meter tief unter der Erde, wurden instabil. So kam es zu insgesamt 15 Erdrutschen in den vergangenen Jahren. Im September 2014 veranlasste das Evangelische Kirchspiel Merseburg nach neuerlichen Erdfällen die Sperrung von großen Teilen des Friedhofs. 281 Gräber waren nicht mehr zu erreichen.

An alten Skizzen orientiert

Bei ihren Sicherungsarbeiten orientierten sich die Experten an alten Handskizzen. Die sind zwar erstaunlich präzise, aber eben nicht immer genau gewesen. Mitunter mussten die Schächte mit Bohrungen gesucht werden. Und der Stollen, der vom Weinberg aus unter den Friedhof führte, war tiefer als zunächst angenommen gegraben worden. „Das alles hat die Arbeit natürlich erschwert“, sagt Langguth. Letztlich waren fast 750 Kubikmeter einer Versatzmasse notwendig, um die Stollen für immer zu verfüllen.

Allerdings ist nicht auszuschließen, dass etwa im Bereich der Kapelle noch weitere Gänge existieren. Zumindest würden Indizien dafür sprechen, meint Bernd Rüttinger von der Landeskirche. So sei die Kapelle nachträglich unterkellert worden - um von hier in die Stollen zu gelangen? Bodenabsenkungen zwischen dem Gebäude und der Ostmauer des Friedhofs legen die Vermutung nahe, dass sich unterhalb Hohlräume befinden. Außerdem könnte eine Schüttung am Fuße des Berges auf der Königsmühle der Eingang zu diesem Stollen gewesen sein. Doch dieses Rätsel wird wohl nie gelöst. „Wir können nicht auf Verdacht überall Löcher in den Friedhof bohren“, sagt Rüttinger. Außerdem sei es eine Frage der Kosten. Man habe zwar einen Gang gefunden, der aus Richtung Kloster zur Kapelle verlaufen sei, der endete aber wenige Meter vor dem Haus, weil er nie vollendet worden ist. (mz)

Gibt es noch einen unterirdischen Gang, der von der Königsmühle zur Kapelle führt? Dieses Rätsel wird wohl nie gelüftet.
Gibt es noch einen unterirdischen Gang, der von der Königsmühle zur Kapelle führt? Dieses Rätsel wird wohl nie gelüftet.
Peter Wölk