Zeit der «Narrenfreiheit» ist vorbei
KÖTHEN/MZ. - "Nur noch wenige Augenblicke trennen unsere Abiturienten von den wohlverdienten Früchten ihrer langjährigen Arbeit", hob Lehrerin Martina Graaf hervor.
Sie blickte zu den Schülerinnen und Schülern herab, die in den ersten Reihen des Johann-Sebastian-Bach-Saals Platz genommen hatten. In den Gesichtern der Absolventen spiegelten sich verschiedene Emotionen wider. Erleichterung über die bestandenen Abschlussprüfungen ging mit der schmerzlichen Einsicht einher, einige der langjährigen Schulfreunde selten oder gar nicht mehr wieder zu sehen.
"Ich bin froh, es geschafft zu haben", freute sich Sina Keßler über ihr bestandenes Abitur. Die 18-Jährige hofft, den Kontakt zu ihren einstigen Mitschülern noch lange aufrecht halten zu können. Ein Studium im sozialen Bereich schwebt der frisch gebackenen Abiturientin vor. Auch Christoph Keil hat eine genaue Vorstellung davon, wie es demnächst weiter geht. Im Anschluss an ein freiwilliges soziales Jahr will der 18-Jährige Medizin in Magdeburg studieren.
Das Abitur sei, so Schulleiter Hans-Joachim Knebel, eine sehr solide Grundlage für den weiteren Weg. In seiner Festrede sprach er von einer gewissen "Narrenfreiheit", die den Schülern das Leben viele Jahre versüßt hatte. "Sind unsere Abiturienten durch ihre gymnasiale Ausbildung gut auf das Leben vorbereitet?", fragte sich der Schulleiter und ging bei der Beantwortung auf einige Beispiele aus der Berufswelt ein.
Bei Vertretern der Wirtschaftsverbände stoße die schulische Ausbildung an Gymnasien auf Kritik. Veraltete Rahmenrichtlinien seien der Grund. Trotz dieser Gegenstimmen betont Hans-Joachim Knebel immer wieder: "Mit dem Abitur sind Sie gut auf eine berufliche Ausbildung vorbereitet." Neben einer fundierten Bildung würden schließlich auch wichtige Werte vermittelt. "Bewältigen Sie die Anforderungen unserer schnelllebigen Zeit", gab er den Absolventen mit auf den Weg.
Wünsche der heiteren Art sprachen Vertreter der fünften Klassen aus. "Tolle Partys, von denen man am nächsten Tag auch noch alles weiß", war einer davon. Eine musikalische Botschaft gab es vom Chor des Gymnasiums, der unter anderem das Spiritual "Happy and free" sowie ein Abiturienten-Lied mit Rückblick auf die vergangene Schulzeit zum Besten gab. Die Instrumentalgruppe spielte ein Menuett von Händel. Ein Gedicht zum Thema Werte wurde rezitiert.
In kleinen Gruppen wurden die Abiturienten auf die Bühne gebeten, um ihre Zeugnisse in Empfang zu nehmen. Den traumhaften Durchschnitt von 1,0 erreichte keiner der 150 Abiturienten. 13 Schüler schafften die Abschlussnote 1,5 und besser. Der Gesamtdurchschnitt liegt bei 2,44. Mit einer sehr guten Leistung von 1,2 war Kristina Auschner die beste Absolventin. "Ich mache eine Ausbildung als Bankkauffrau in Dessau", erzählte die 19-Jährige. Danach plane sie ein Studium.
Im Rahmen der Zeugnisübergabe wurden die besten Physikschüler ausgezeichnet. Julia Czarnota, Anne Beck, Victoria-Sophie Lingner und Tobias Faber können sich über eine einjährige Mitgliedschaft in der Deutschen Physikalischen Gesellschaft und über das damit verbundene Abonnement der Zeitschrift "Physik Journal" freuen.
"Ich hatte es nicht ganz so schwer", bemerkte Anne Beck. Die Sprachen, so die 18-Jährige, habe sie eigentlich am liebsten gemacht. Am leichtesten seien ihr die Naturwissenschaften gefallen. Anne Beck will den Weg in das Hotelgewerbe einschlagen.
Einen amüsanten Rückblick auf ihre Zeit an der Penne, gaben die Schüler in ihren Reden. Klassenfahrten und Wandertage wurden dabei ebenso angesprochen wie nicht gemachte Hausaufgaben. Der Weg sei nicht immer leicht gewesen. Eltern und auch Lehrern habe man einiges zu verdanken.
Die Tanzgruppe und der Ausmarsch der Abiturienten bildeten den Abschluss der Zeugnisübergabe. Aufgrund der begrenzten Platzkapazitäten fand die Übergabe in zwei Durchgängen statt.