Übersehene Trauer Übersehene Trauer: Auf dem Köthener Friedhof werden Sternenkinder bestattet

Köthen - Ein Halbrund mit Kieselsteinen, dahinter Blumen und eine flache Hecke. In der Mitte schraubt sich eine gewundene Skulptur empor. Steinmetz Uwe Schöne hat sie mit kleinen, goldenen Sternchen überzogen. Seit Ende 2015 gibt es die Gedenkstätte auf dem Köthener Friedhof.
Sie ist ein Ort für Verstorbene, die ohne diese oft kein Grab bekommen würden. Am Freitag haben die Helios-Klinik und der Friedhof hier rund 30 sogenannte Sternenkinder bestattet. „Das sind diejenigen, die nicht bestattungspflichtig werden und als Fehlgeburten gelten“, erklärt Daniela Kreft, Ärztin in der Helios-Frauenheilkunde und dort für die Sternenkinder verantwortlich.
Zwei Mal jährlich werden die Sternenkinder gesammelt bestattet
Heranwachsende Embryos also, die in einer frühen Phase der Schwangerschaft sterben - ab der sechsten Woche. Bis zu einem Gewicht von 500 Gramm müssen die Föten rein rechtlich nicht beigesetzt werden. Teils werden sie schlicht entsorgt und landen im Krankenhausmüll. Mit dem Projekt um die Grabstelle haben Klinik, Friedhof und Stadt das in Köthen vor rund vier Jahren geändert.
Zwei Mal jährlich werden die Sternenkinder seitdem gesammelt bestattet, rund 70 bis 80 sind es im Jahr. Die Gedenkfeier ist bewusst nicht konfessionell gebunden, wenngleich ein evangelischer Pastor sie leitet. „Wir laden alle Frauen ein, die eine sehr frühe Fehlgeburt hatten“, sagt Kreft.
Die Eltern sollen an der Grabstätte eine Möglichkeit bekommen, innezuhalten und den Verlust zu verarbeiten. „Sie wissen, dass ihr Baby dort liegt und sie dort einen Ort haben, wo sie traurig sein dürfen“, sagt die Ärztin. Denn für Trauer gebe es bei Fehlgeburten in der ersten Schwangerschaftszeit aus dem Umfeld oft wenig Verständnis.
In Bitterfeld-Wolfen etwa kümmert sich ein Sternenkinder-Verein um die Bestattungen
„Gerade wenn es so ganz früh ist, wird das noch nicht zugestanden“, weiß Kreft. Hier soll der Anlaufpunkt auf dem Köthener Friedhof helfen.
Als Inspiration dienten seinerzeit ähnliche Projekte. Die gibt es auch in der Region. In Bitterfeld-Wolfen etwa kümmert sich ein Sternenkinder-Verein um die Bestattungen. Die Köthener Klinik wiederum kann sich über die Unterstützung der Stadt freuen. Sie stellte seinerzeit das Grabfeld zur Verfügung und beteiligt sich auch an den Kosten der Trauerfeiern.
Ehrenamtliche fertigen zudem Einschlagtücher für die Kleinen. Mittlerweile hat sich der Abschied von den Sternenkindern etabliert, die Bestattungen werden laut Kreft gut angenommen. In der Regel kämen etwa ein Viertel der betroffenen Familien zu den Trauerfeiern. Einige Eltern besuchten die Grabstelle auch erst später. „Ich denke, das ist wichtig, um Abschied zu nehmen“, meint Kreft. „Das Kind ist jetzt geborgen.“
In diesem Wissen soll dann wieder nach vorne geschaut werden können. Deshalb enden die Trauerfeiern mit einer positiven Note. „Wir machen zum Abschied schöne Musik an und lassen für jedes Kind einen Luftballon in die Luft steigen“, sagt Kreft. (mz)