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Überfall auf Chinesen in Köthen Überfall auf Chinesen in Köthen: Angeklagte streiten bei Prozessauftakt alles ab

Von thomas steinberg 20.02.2013, 16:26
Die Angeklagten geben sich bedeckt.
Die Angeklagten geben sich bedeckt. lutz sebastian Lizenz

Dessau/mz - Der Fall hatte für viel Aufsehen gesorgt: Vier Männer sollen am 18. November 2012 in Köthen (Kreis Anhalt-Bitterfeld) einen chinesischen Studenten vor einem Wohnheim beschimpft und mehrfach geschlagen haben. Der Chinese wollte Müll in einen Container bringen, als die Männer auf ihn losgegangen sein sollen, so der Vorwurf.

Wegen dieser Tat stehen nun seit Mittwoch vier allesamt vorbestrafte Männer zwischen 28 und 42 Jahren vor dem Dessauer Landgericht. Zwei von ihnen ließen über ihre Anwälte erklären, dass sie die Vorwürfe bestreiten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern unter anderem gefährliche Körperverletzung vor.

Normalerweise wäre angesichts dieses Vorwurfs das Amtsgericht in Köthen zuständig gewesen. Dass hätte den Fall auch nicht abgeben können, weil dessen Bedeutung juristisch gesehen zu gering ist. Nur der Umstand, dass einem Angeklagten wegen einer Vielzahl weiterer Vergehen eine hohe Strafe erwartet, machte den Instanzensprung möglich. Zudem wurde von Prozessbeteiligten gemutmaßt, das Köthener Gericht hatte sich angesichts des zu erwartenden öffentlichen Interesses schlicht und einfach überfordert gefühlt.

Am ersten Verhandlungstag wurde nur das Opfer Winjie J. vernommen. Bei der intensiven Befragung des 28-Jährigen, dem im Gerichtssaal ein Dolmetscher zur Seite stand, taten sich dabei aus Sicht der Verteidiger erhebliche Widersprüche zu den Ermittlungsergebnissen auf. „Auf mich ging ein Regen von 60 bis 70 Schlägen nieder“, sagte J. vor Gericht. Diese seien alle sehr heftig ausgeführt worden. Ein Anwalt hingegen verwies auf eine Aussage eines Zeugen, der nur einen einzigen Schlag beobachtet haben will.

„Ich musste mich darauf konzentrieren, nicht zu Boden zu gehen. Wie sollte ich mir merken, wer zugeschlagen hat“, sagte der 28-jährige Chinese. Gleich zu Beginn der Attacke sei ihm zudem seine Brille heruntergefallen. Vor allem aber bezichtigte J. René R. als Haupttäter, bislang war diese Rolle Jens H. zugeschrieben worden.

In der kommenden Woche soll der Prozess fortgesetzt werden. Dann wird möglicherweise auch entschieden, ob die zwei Angeklagten, die noch in U-Haft sitzen, frei kommen.

Während der Attacke war es dem Chinese schließlich gelungen, sich loszureißen und zum Wohnheim zu flüchten. Ein anderer Student, der den Lärm gehört hatte, machte die Tür auf. Das Opfer musste im Krankenhaus ambulant behandelt werden. Die Täter wurden später im Umfeld des Wohnheims von der Polizei gestellt und nach der ersten Vernehmung wieder entlassen. Das stieß nach Bekanntwerden des Falls auf Kritik, doch für die Staatsanwaltschaft bestand zu diesem Zeitpunkt weder Flucht- noch Verdunklungs oder Wiederholungsgefahr.