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Tiger-Angriff im Tierpark Köthen Tiger-Angriff im Tierpark Köthen: 19-jähriger Praktikant beim Füttern von Tiger gepackt

Von Matthias Bartl 12.10.2018, 12:21
Die beiden Tiger sind seit 2017 im Tierpark Köthen untergebracht.
Die beiden Tiger sind seit 2017 im Tierpark Köthen untergebracht. Heiko Rebsch

Köthen - Michael Engelmann ist am Tag darauf nach allem Entsetzen, allen Schrecken und Sorgen zumindest einer Sache wegen doch erleichtert: „Es besteht keine Lebensgefahr mehr“, sagt der Leiter des Köthener Tierparks.

Um 14.30 Uhr am Donnerstag war ein „externer Beschäftigter“ der Einrichtung von einem der beiden im Tierpark untergebrachten Zirkustiger durch die Gitterstäbe gepackt und so schwer verletzt worden, dass er mit dem Rettungshubschrauber in das hallesche Krankenhaus „Bergmannstrost“ geflogen werden musste.

Bei dem Verletzten handelt es sich um einen 19 Jahre alten Mann, der im Auftrag der Beschäftigungsgesellschaft Köbeg im Tierpark tätig ist. „Der Tierpark“, so erläutert Oliver Reinke, Geschäftsführer der Tierpark gGmbH, „stellt der Köbeg einige Praktikumsplätze für ein Programm zur Verfügung, in dem Jugendliche ohne Ausbildung fit für einen möglichen Beruf gemacht werden.“

19-Jähriger wollten den Tieren etwas Gutes tun und ein Stück Leberkäse an sie verfüttern

Im Rahmen dieses Programms „Aktiv zur Ausbildung“ sei auch der 19-Jährige eingesetzt worden. „Er hatte die Aufgabe, Futter zu sortieren.“ Der Tierpark erhält regelmäßig, teils täglich Lieferungen von Supermärkten, die Lebensmittel enthalten, die zwar nicht mehr verkauft werden, aber durchaus noch als Futter für verschiedene Tiere dienen können. Allerdings müssen diese Lieferungen zuvor sortiert werden.

Dabei, so Reinke, habe der Helfer in der Lieferung vom Donnerstag, die kurz zuvor im Tierparkauto auf den Wirtschaftshof gefahren worden war, ein Stück Leberkäse gefunden. „Und dann wollte er dem Tiger etwas Gutes tun und den Leberkäse an den Tiger verfüttern.“

Einer der Tiger griff durch die Stäbe hindurch und packte den 19-Jährigen

Die beiden Tiger, die vor etwa anderthalb Jahren aus gesundheitlichen Gründen dem Zirkus „Karl Althoff“ entzogen und in einem den Besuchern nicht zugänglichen Teil des Tierparks untergebracht wurden, wohnen üblicherweise in ihrem alten Zirkuswagen, dem sich ein speziell geschaffenes kleineres Außengehege anschließt, damit die Tiere etwas mehr Auslauf haben.

An das Gitter dieses Außengeheges trat der junge Mann nun heran, das lässt sich anhand der Spuren nachvollziehen, und muss versucht haben, durch die Metallstäbe hindurch den Leberkäse an die Tiger zu verfüttern. Einer der Tiger hingegen, ob Shir Khan oder Raja ist unbekannt, griff durch die Stäbe hindurch und packte den 19-Jährigen an dessen Jacke und zog ihn an die Stäbe heran.

„Letztlich müssen aber beide Tiger zugepackt haben“, so Tierparkleiter Michael Engelmann. Der Praktikant erlitt schwere Verletzungen sowohl an der Schulter als auch am Kopf und im Rippenbereich. Insgesamt soll er um die anderthalb Liter Blut verloren haben.

„Andere Praktikanten hörten die Schreie und rannten hin“

Immerhin aber konnte er sich vom Griff der Tiger noch selbst befreien. „Andere Praktikanten, die unter Aufsicht eines Hilfstierpflegers auf dem Wirtschaftshof ebenfalls mit Futtersortieren beschäftigt waren, hörten die Schreie und rannten hin.“ Da stand der Verletzte aber schon wieder ein Stück vom Tiergehege entfernt.

Die Rettungsleitstelle wurde alarmiert, gleichzeitig die Tierparkleitung herangeholt. Michael Engelmann übernahm die Erstversorgung, David Schaller-Engelmann beruhigte die Besucher, von denen einige mitbekommen hatten, dass sich im Wirtschaftshof ein Vorfall ereignete. Der Praktikant wurde zunächst in die Helios-Klinik gebracht und von der nach Halle weitergeflogen.

„Die Polizei hat eindeutig festgestellt, dass es sich um einen Unfall aus Eigenverschulden handelte“, stellt Oliver Reinke fest. Mängel beim Arbeitsschutz seien nicht festgestellt worden, „das hat auch die zuständige Gewerbeaufsicht des Landes bestätigt“.

Einschläfern der beiden Tiger ist für den Tierpark Köthen keine Option

Der Praktikant habe zum einen die übliche Arbeitsschutzbelehrungen durch die Köbeg erhalten, dazu noch Informationen zu den speziellen Verhaltensregeln, die im Tierpark gelten. Nichtsdestotrotz werde man den Vorfall entsprechend auswerten. Zwar gebe es bislang keine Hinweise darauf, dass die Unterbringung der Tiere als unsicher bewertet werden könnte, „dennoch haben wir entschieden, die beiden Tiger vorübergehend in dem derzeit leerstehenden Bärengehege unterzubringen“, so Reinke gegenüber der MZ.

Klar machten Reinke und Engelmann auch, dass ein Einschläfern der beiden Tiger, wie von einigen Facebooknutzern befürchtet, nicht zur Debatte stehe. Die Tiere hätten sich weder artuntypisch verhalten noch artfremd gehandelt.

Zootiere werden in drei Gefährlichkeits-Kategorien eingestuft. Kategorie 1 betrifft ungefährliche Tiere wie etwa Kaninchen, Ziegen oder Meerschweinchen, Kategorie 2 Säugetiere wie Luchs oder Rothirsch. Die gefährlichste Kategorie 3 umfasst große Raubtiere: Von denen sind im Köthener Tierpark mit Bären (auch wenn derzeit das Bärengehege leersteht), mit den Polarwölfen und eben auch den Tigern drei Arten zu finden. (mz)